Saubere Helden
von Gerhard Klas
Jeder Krieg braucht seine Helden. Auch beim Angriffskrieg der russischen Armee auf die Ukraine bemühen beide Seiten das Ideal des männlichen Soldaten in kämpferischer Pose, gekleidet in Tarnanzug mit einer Maschinenpistole in der Hand. Soldaten, die bereit sind, für die nationale Sache ihr Leben zu geben.
Dabei sollten die heroischen Kämpfer eine reine Weste haben, denn sonst taugen sie nicht als Helden. Deshalb stellte die russische Regierung das Massaker von Butscha als Inszenierung der Gegenseite dar. Und die Ukraine und ihre Unterstützer im Westen haben nun ein Problem mit dem 2014 gegründeten, rechtsextremen Asow-Regiment, das als Teil der Nationalgarde dem ukrainischen Innenministerium unterstellt ist und das Kommando der Kämpfer im Asow-Stahlwerk von Mariupol stellte. Ukrainische Medien haben die politische Haltung des Asow-Regiments so gut wie nie problematisiert, bezeichnen das völlig zerstörte Mariupol als «Heldenstadt» und feiern die Asow-Kämpfer für ihre «Opferbereitschaft».
Seit einigen Wochen wird auch in Deutschland versucht, das Asow-Regiment reinzuwaschen. Besonders vehement zeigt sich dabei das den Grünen nahestehende «Zentrum liberale Moderne». Auf seiner Seite «Ukraine verstehen» gesteht der ukrainisch-israelische Historiker Vyacheslav Lykhachov, dass zwar «einige Gründer» einen rechtsextremen Hintergrund hätten, das spiegele sich aber «in keiner Weise in den Aktivitäten» wieder. Es sei ausschließlich die russische Propaganda, die «das Bild eines kriminellen neonazistischen nationalen Bataillons“ verbreite, dem die westlichen Medien auf den Leim gingen. Fakt sei: «In den letzten Jahren gibt es keinerlei Anhaltspunkte für den Vorwurf, dass Neonazis im Asow-Regiment dienen.»
Dieser Ansicht widersprechen viele Experten, u.a. Nicholas Potter von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus forscht. Zwar sei nicht jedes Mitglied des Asow-Regiments rechtsextrem, sagte er gegenüber dem WDR, und «Putin bauscht diese Darstellung definitiv auf». Dennoch gebe es hinreichend Belege dafür, dass es bei Asow bis heute eine große Nähe zur rechtsextremen Szene gebe. So sei der aktuelle Kommandeur, Denys Prokopenko, ehemals Hooligan des Fussballclubs Dynamo Kiew, bereits seit 2014 beim Regiment. Und in den sozialen Medien posierten Mitglieder noch immer mit Neonazisymbolen – u.a. der «Wolfsangel».
Michael Colborne vom internationalen Recherchekollektiv Bellingcat hat gerade ein Buch über die Asow-Bewegung veröffenlicht, der das gleichnamige Regiment als eine Art «bewaffneter Arm» gilt. Er beschreibt Asow als «heterogene rechtsextreme Bewegung», die ausdrücklich gegen eine liberale Demokratie sei und in direkter Verbindung mit der rechtsextremen Partei «Nationales Corps» stehe. Deren Chef Andriy Bilezkyj gehört zu den Gründern des Regiments und war dessen erster Kommandeur. Bis 2019 sei Asow «sehr aktiv» gewesen in der Vernetzung mit rechtsextremen Bewegungen in anderen Ländern – in Deutschland z.B. mit dem «III.Weg», so Colborne.
Bilezkyj tritt regelmäßig in Fernsehtalkshows auf, und seine Rolle als Chef der Asow-Bewegung gilt als unangefochten. Die Bewegung mobilisiert gegen LGBTQ und Antifa-Demonstrationen. Zwar konnten die extrem rechten Parteien in der Ukraine bei den letzten Wahlen nur 2,1 Prozent der Stimmen erzielen, aber vor allem unter jungen Leuten wachse der Zuspruch für die Bewegung.
Wer wegen der Ereignisse in Mariupol nun die Kämpfer des Asow-Regiments als Helden abfeiern will, sollte wissen, wen er da aufs Podest stellt.
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