Fast die Hälfte wählt nicht mit
von Helmut Born
Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 15.Mai haben zwei eindeutige Gewinner: die CDU ist wiederum stärkste Partei geworden, die Grünen haben ihre Stimmenanteile verdreifacht. Damit haben sich die beiden Parteien durchgesetzt, die am deutlichsten die Aufrüstungspolitik in Deutschland unterstützen und sich am massivsten für Waffenlieferungen an die Ukraine einsetzen.
Bei den Grünen kommt sicherlich hinzu, dass sie in der Bevölkerung mit der größten Kompetenz in Klimafragen verbunden werden. Dagegen sind die deutlichen Verluste der FDP damit zu erklären, dass sie sich als der große Bremser von Klimaschutzmaßnahmen in Bundes- und Landesregierung erweist und eine katastrophale Bildungspolitik in der bisherigen Landesregierung zu verantworten hat.
Die Sozialdemokraten haben ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1949 eingefahren. Nur noch gut 27 Prozent gaben der SPD ihre Stimme. Zu diesem Wahlergebnis wird sicherlich die zögerliche Haltung für Waffenlieferungen an die Ukraine, aber auch kaum erkennbare Unterschiede zum Wahlkampf der CDU beigetragen haben. Hinzu kommen verschiedene Skandälchen wie zuletzt der Hubschrauberflug der Verteidigungsministerin mit ihrem Sohn nach Sylt oder die Rolle bei der Aufarbeitung der Flutkatastrophe im letzten Jahr.
Rund 300000 SPD-Wähler:innen sind zu den Nichtwähler:innen abgewandert. Damit zählt sie genauso wie die FDP zu den WahlVerlierern, letztere musste mit den erreichten 5,6 Prozent sogar um den Wiedereinzug in den Langtag fürchten. Auch die AfD hat erneut Stimmenanteile verloren und liegt jetzt gleichauf mit der FDP.
Für Die LINKE ist das Wahlergebnis mit 2,1 Prozent wieder eine deutliche Klatsche und zeigt an, dass die Partei bei den Wähler:innen kein Vertrauen besitzt und offensichtlich auch nicht als nützlich angesehen wird. Der Zustand der Partei ist momentan dazu auch nicht geeignet, dies zu korrigieren. Dazu gibt es zu viele Dissonanzen, die auch nach außen vertreten werden. Hinzu kommen kleinere und größere Skandale, die die Partei erschüttern. Vor allem die sexistischen Vorgänge in Hessen haben heftige Erschütterungen in der Partei hervorgerufen und zum Rücktritt der Co-Vorsitzenden Susanne Henning-Wellsow geführt.
Es sieht jetzt alles nach einer CDU/Grüne-Landesregierung aus. Die CDU baut schon mal gegen einen zu starken Einfluss der Grünen vor und bietet allen «demokratischen» Parteien Gespräche an, nicht einmal eine große Koalition schließt sie aus. Die Grünen wiederum tun sich schwer, mit der CDU eine Regierung zu bilden, haben aber kaum eine Alternative. Eine Ampel in NRW würde ähnlich schwierig für die Politik der Grünen werden, wie dies im Bund der Fall ist.
Der größte Block bei diesen Wahlen bleiben mit 44,5 Prozent die Nichtwähler:innen. An den Statistiken der Wahlbeteiligung ist deutlich abzulesen, dass große Teile der Arbeiterklasse sich nicht an der Wahl beteiligt haben. Die Bundesregierung hat bei ihren Beschlüssen zur Linderung der Preissteigerung die ärmeren Teile der Bevölkerung schlicht «vergessen», das ist sicher einer der Gründe, aber auch die beleidigende Anpassung der Regelsätze um 3 Euro zu Anfang des Jahres. Wem das Schicksal der armen Menschen egal ist, darf sich nicht wundern, wenn diese nicht wählen gehen.
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