Systemwechsel statt Abwehrkämpfe
von Georg Janßen
Seit Wochen gibt es in den Niederlanden heftige Proteste von Bäuerinnen und Bauern gegen drastische Verschärfungen von Umweltauflagen. Ein Drittel der Betriebe befürchtet das Aus. In Deutschland gibt es dafür vielerorts Unterstützung.
Seit Jahrzehnten sind die Probleme der zu hohen Stickstoffemissionen bekannt, nicht nur in den Niederlanden, sondern in vielen Ländern Europas. Doch die Verantwortlichen in der EU-Agrarpolitik haben seit Jahrzehnten mit einer Strategie des »Wachsen oder Weichen«, mit immer höher, schneller, intensiver sowie mit einer aggressiven Agrarexportpolitik den dafür Weg geebnet. Mit fatalen Folgen: massives Höfesterben, massiver Rückgang der Artenvielfalt, zunehmende Konflikte mit dem Umwelt-, Klima- und Tierschutz, Verwerfungen und Krisen auf den Agrarmärkten und Zerstörung von Märkten der Bäuerinnen und Bauern in den Ländern des globalen Südens. Gewinner dieser Entwicklung waren und sind die Agrarindustrie und internationalen Konzerne.
Viel zu oft und viel zu viele von uns haben diese Entwicklung stillschweigend, allenfalls zähneknirschend, hingenommen oder sogar aktiv befürwortet, wie z.B. die Spitze des Deutschen und Europäischen Bauernverbandes.
Mit bloßen Abwehrkämpfen werden wir nicht erfolgreich sein. Machen wir der Politik und der Zivilgesellschaft ein offensives Angebot: für flächendeckend umwelt-, wasser-, klimaschonenden Ackerbau, für den Erhalt der Artenvielfalt, für den Umbau hin zu einer artgerechten Haltung für unsere Nutztiere. Konkrete politische Umsetzungsvorschläge liegen dazu längst in Brüssel und in den EU-Mitgliedstaaten auf dem Tisch. Sie dürfen nicht immer wieder zerredet und auf die lange Bank geschoben werden.
Rechtspopulistische Parteien und rechtsextreme Organisationen versuchen, die Protestbewegungen zu kapern. Wir sind von bäuerlicher Seite gut beraten, ihnen nicht die Steigbügel zu reichen, sondern uns in unserem Protest klar gegen Hass und Hetze dieser Kräfte zu stellen. Gerade jetzt kommt es darauf an, sich mit Menschen zusammenzutun, die aktiv für soziale und ökologische Gerechtigkeit hier und anderswo kämpfen. Das ist unsere bäuerliche Solidarität.
Georg Janßen ist seit 1985 Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V.
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