Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 09/2022

Gegensteuern mit gewerkschaftsübergreifendem Kampf für Lohnerhöhungen
von J.H.Wassermann

Im Juli rief der Bundeskanzler die Spitzenvertreter der Kapitalisten und der Gewerkschaften ins Kanzleramt – zur »konzertierten Aktion«. Und alle kamen brav, um hinterher sehr allgemein festzustellen, dass man gemeinsam weiter miteinander sprechen müsse, im September wolle man sich wieder treffen und dann vielleicht Maßnahmen gegen die Inflation verabreden.

Bis dahin würde man weiter in Arbeitsgruppen reden. Es soll also darum gehen, dass Unternehmer, Gewerkschaften und Regierung gemeinsam vorgehen, weil es angeblich auch ein gemeinsames Interesse gebe.

Olaf Scholz versucht, damit ein Gespenst der Vergangenheit zu beschwören. Ob sich dieser Geist wieder zum Leben erwecken lässt, wird sich zeigen.
Natürlich nehmen die Kapitalisten jede Zusage der Gewerkschaften, bei den anstehenden Tarifrunden »maßvoll« zu sein, gerne an. Dass die Unternehmen sich allerdings auf »maßvolle« Preissteigerungen einlassen oder gar auf die Spekulation bei Lebensmitteln und Energie verzichten, ist ausgeschlossen. Zusätzlich soll die Regierung die Steuerkassen für sogenannte »Entlastungsmaßnahmen« plündern – passend dazu die neuesten FDP-typischen Ideen von Lindner zu Steuersenkungen.
Damit könnten die Kapitalisten weitermachen wie bisher, ihre gestiegenen Produktionskosten einfach über Preiserhöhung wieder reinholen und sich außerdem durch Spekulationen weiter bereichern. Die Führungen der DGB-Gewerkschaften hätten die Ausrede, dass sie nix tun müssten. Anstatt ihre Mitglieder für die Verteidigung des Lebensstandards zu mobilisieren, würden sie auf die Regierung verweisen, die ja »Entlastungen« beschlossen hätte.

Wir brauchen einen ›heißen Herbst‹
Verschiedene, sogenannt »kleinere« Tarifrunden laufen jetzt schon oder sind sogar schon fertig. Dabei zeigt sich eine hohe Bereitschaft von Kolleg:innen, jedenfalls Warnstreikmaßnahmen mitzumachen.
Die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie mit rund 3,8 Millionen Beschäftigten, die zweite Runde für knapp 600000 Beschäftigte der Chemieindustrie und weitere Bereiche bieten die Möglichkeit, dass Gewerkschaften gemeinsam und nicht jede für sich einen Kampf beginnen. Die »konzertierte Aktion« ist der offensichtliche Versuch, die Kolleg:innen und Gewerkschaften genau davon abzuhalten. Deshalb sollte jede Ausrichtung auf die »konzertierte Aktion« energisch kritisiert werden.
Das Ziel sollte sein: Gemeinsamer, gewerkschaftsübergreifender Kampf für Lohnerhöhungen, die mindestens die Preissteigerungsrate ausgleichen und eine verbindliche, automatische Anpassung der Löhne an die Preissteigerungen in der Zukunft.

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