Enteignung statt Extraprofite
von Gerhard Klas
Der Reichtum der einen ist die Armut der anderen: Auf 113 Milliarden Euro beziffert das Netzwerk Steuergerechtigkeit die Extraprofite, die Energiekonzerne in Deutschland seit Beginn des Ukrainekriegs eingefahren haben, erneuerbare Energien und Atomkraft eingerechnet. Extraprofite, das bedeutet Gewinne über die ohnehin einkalkulierten Gewinne hinaus.
Ein erheblicher Teil dieser Extraprofite wird in Form von Bonuszahlungen an die Vorstände fließen, ein weiterer Teil in die Dividenden der Aktionäre. Sie sahnen regelrecht ab, ganz besonders auf Kosten der mehr als 20 Prozent der Bevölkerung, die über keinerlei Geldvermögen verfügen. Die müssen sich in den kommenden Monaten überlegen, ob sie lieber frieren oder hungern, weil sie wegen der vervielfachten Kosten für Wärme und Strom, mit denen die Extraprofite erzielt werden, mit dem Rücken zur Wand stehen.
Die Bundesregierung hält sich im Gegensatz zu vielen anderen Regierungen der EU zurück, diese Extraprofite anzutasten. Sie bittet sogar die Allgemeinheit zur Kasse, um über eine Gasumlage das Geschäftsmodell eines Konzerns wie Uniper aufrechtzuerhalten, der wie kein anderer in Deutschland von russischen Gaslieferungen abhängig ist. Die Bundesregierung will mit staatlichen Anteilen den Konzern retten, hat aber schon ausgeschlossen, Einfluss auf das operative Geschäft dieses fossilen Konzerns zu nehmen, was im Sinne einer ökologischen Wende dringend notwendig wäre.
Das ist auch deshalb grundsätzlich falsch, weil Energieversorgung eigentlich eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge ist, die aber derzeit von privaten Kapitalinteressen dominiert wird und damit weder sozialen noch in ausreichendem Maße ökologischen Kriterien folgen kann. Insofern ist die Forderung nach einer Enteignung und Vergesellschaftung der Energiekonzerne, wie sie auf Demonstrationen und nun auch von der Partei Die LINKE erhoben wird, nur folgerichtig. Viel zu defensiv sind Diskussionen zur Übergewinnsteuer oder der Vorschlag, ausschließlich Geld für Energiekonzerne wie Uniper zur Verfügung zu stellen, die ansonsten pleite gehen würden.
Mit den Milliarden an Extraprofiten könnte weit mehr als ein Ausbau des Gesundheitssystems, ein Bürgergeld von 1000 Euro, die Verkehrswende und die Nachfolge des 9-Euro-Tickets finanziert werden. Hinzu kommt: Die Konzerne verdienen nicht nur am Leid der Ärmsten in Deutschland – sondern auch an den Opfern des Ukrainekriegs. In ihrer betriebswirtschaftlichen Logik können Konzerne wie RWE, E.on, EnBW und Vattenfall objektiv gar kein Interesse an einer Beendigung des Krieges in der Ukraine haben.
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