Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2022

Arbeitsplatzvernichtung in der Automobilindustrie
von Otto Ersching

Der Lüdenscheider Automobilzulieferer Kostal will aus Kostengründen Produktion ins Ausland verlagern. Dabei geht es auch um 150 Arbeitsplätze aus der Verwaltung – vermutlich nach Ungarn in ein neu gegründetes »Business-Service-Center«. Betroffen von den Maßnahmen sind zwischen 850 und 1000 Beschäftigte und ihre Familien.

Die Arbeitsplatzverlagerung hat laut Aussagen des Konzerns nichts mit den derzeitigen Krisen zu tun, weder das Corona-Virus, noch der Krieg oder die Sperrung der A45 im Bereich Lüdenscheid werden als Gründe angeführt. Vielmehr handelt der Eigentümer Andreas Kostal nach dem Grundsatz, den er 2018 aufstellte: »Produktion in Deutschland lohnt sich nicht mehr!«
Das Entsetzen in Lüdenscheid ist groß. Betroffen sind nicht nur die Beschäftigten von Kostal, die Vernichtung der Produktion wird sich auch in kleineren Betrieben in der Region bemerkbar machen, die für Kostal als verlängerte Werkbank Aufträge abarbeiten oder als Dienstleister tätig sind. Tausende Menschen sehen einer unsicheren, existenzgefährdeten Zukunft entgegen. Die Schließung der Produktion bei Kostal ist auch kein Einzelfall. Bisher traf es die Automobilzulieferer DURA in Plettenberg und Friedrich Linden in Lüdenscheid, außerdem Vossloh Schwabe, Hersteller von Beleuchtungstechnik.
Wohin Kostal die Produktion verlagern wird, ist noch nicht bekannt. Nicht unwahrscheinlich, dass es Länder sein werden, die nicht demokratisch regiert werden und wo Repressionen gegenüber Arbeiter:innen und Menschenrechtsorganisationen an der Tagesordnung sind. Der Aufbau des »Business-Service-Center« in Ungarn jedenfalls deutet darauf hin.
Die LINKE in Lüdenscheid kämpft für den Erhalt der Arbeitsplätze. Die Mitbestimmungsrechte von Betriebsrat und IG Metall auf frühzeitige Beteiligung und Information sind verletzt worden. Wir fordern die Geschäftsführung auf, ernsthaft über Alternativen zum Arbeitsplatzabbau zu beraten. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens muss offen gelegt werden. Aufgabe einer verantwortungsvollen Geschäftsführung wäre es, sich der Transformation im Bereich Mobilität zu stellen und die Produktion an den bestehenden Standorten für die kommenden Herausforderungen zu ertüchtigen. Die Geschäftsführung hat während der Corona-Pandemie staatliche Hilfen in Anspruch genommen und wurde mit Steuergeldern über das Kurzarbeitergeld subventioniert. Wenn es zu dem angekündigten Arbeitsplatzabbaus kommt, muss Kostal die erhaltenen Subventionen zurückzuzahlen.
Ein Antrag der LINKEN im Stadtrat, die Vernichtung von Arbeitsplätzen zu verurteilen und sich solidarisch auf die Seite der Beschäftigten zu stellen, wurde von den anderen Fraktionen mit großer Mehrheit abgelehnt. Insbesondere aus Reihen der CDU wurde der LINKEN-Fraktion »Klassenkampf« vorgeworfen. Dabei findet der Klassenkampf statt – von oben nach unten.

Teile diesen Beitrag:
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.