Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 11/2022

Die Linke muss sich neu aufstellen Przeglad, 17.10.2022

Entsprechend dem Mehrheitswahlrecht stellt sich immer wieder die Frage, ob Parteien einzeln oder in einer Wahlliste sich aufstellen lassen. Bei 5% liegt die Hürde bei Parteien und bei 8% bei Bündnissen. Dies kann bei kleinen linken Parteien aber bedeuten, dass sie als Bündnis keine 8% erreichen. Das führte und führt nicht selten dazu, dass sich diese linken Parteien oder einzelne Personen einer großen Partei – der PO/KO (Bürger Plattform/Bürger Koalition) anschließen.

Nun war die PO niemals links, im Gegenteil als Neoliberale haben sie die Linken bekämpft und doch haben immer wieder Linke auf deren Listen kandidiert, um in den Sejm – das polnische Parlament - zu kommen. Ihnen ging es darum an das Mikrofon im Plenarsaal zu kommen, um ihre Positionen zu verkünden, wie auch mir ein Linker erklärte. Ob sie allerdings damit der Linken dienten?

Viele Regierungen in der Vergangenheit – die die AWS, SLD oder PO stellten – sind nach kurzer Zeit verschwunden, aber die PiS hält sich. Und es ist zu befürchten, dass sie in einer dritten Wahlperiode als Sieger hervor gehen könnte.

Das liegt wohl auch daran, dass es den Menschen besser geht seitdem PiS an der Macht ist, auch auf Grund ihrer Sozialpolitik. Aber jetzt wendet sich langsam das Blatt, jedoch kann die PiS noch durch ihre Propaganda sich heraus manövrieren, indem sie die Schuld den Deutschen, der EU gibt, oder auch als Gottes Willen erklärt,

Ihr größtes Ass ist aber die Nähe zur traditionellen Kultur: die Weltanschauung mit ihrer moralisch - religiös fixierten Sichtweise: Familie – Polentum - Kirche gegen EU und damit auch allem was da anders ist und neu ist.

Die Linke könnte nur gewinnen, wenn sie sich zu einer gemeinsamen Wahlplattform vereinigt. Das bisherige zusammen gehen von SLD und Wiosna war für Wiosna ein Fiasko. Die Schlagkraft der Linken wurde geschwächt nachdem Czarzasty Chef der SLD wurde und alle, die ihm gefährlich werden konnten aus der Partei entfernte (Peter-Prinzip). Durch die dadurch verursachte Abwanderung aus der SLD wurde auch Wiosna geschwächt. So ein Czarzasty dürfte keine Führungsposition in einem linken Bündnis erhalten. Allein diese SLD als auch Wiosna und Razem reichen für ein linkes Bündnis nicht aus, es muss sich auch öffnen für neue linke Bewegungen, aber auch traditionelle linke Parteien wie die Polnische Sozialistische Partei (PSS) nicht außen vor lassen. Nur so können sie genügend Stimmen gewinnen und von der PO/KO ernst genommen werden.

Bündnis der Opposition auf gefährlichem Kurs Polityka, 15. 10. 2022

Die Dynamik um eine Konfiguration der Oppositionsparteien nimmt Tempo auf. Die PO und Linke sprechen sich für eine Liste aus, wobei die Polska 2050 und die PSL sich für zwei aussprechen. Jeder hat dafür seine Argumente und Simulationen bezüglich des Wählerverhaltens. Das lässt sich natürlich nicht verifizieren. Die PO würde am liebsten alle Oppositionsparteien unter ihrem Dach haben, jedoch allein mit der Linken möchte sie nicht starten. Das Verhältnis des anderen Bündnisses Polska 2050 und PSL hat sich abgekühlt. Offensichtlich spielt auch hier wie bei der PO das Ego des Vorsitzenden der größeren Partei eine Rolle. Erstaunlich ist nur, dass jede der Seiten sich im klaren ist, dass es sich in eine fatale Richtung entwickelt. In einem Jahr sind Wahlen, welche Änderungen in der politischen Landschaft sollte es aber noch bis dahin geben? Würde Polska 2050 ihren Start mit der PSL bekannt geben, würde sie wohl ähnlich wie das Bündnis bei der PO auf ca. 20% kommen.

In dem Linksbündnis, das bei der PO angegliedert ist handelt es sich um 3 Parteien. Die alte SLD, Wiosna und Razem. Wobei es im Laufe der Wahlperiode viele Brüche gab. Im Augenblick besteht die LINKE aus der Neuen Linken, der die SLD und Wiosna angehören mit 36 Abgeordneten und der Linken Razem mit 6 Abgeordneten.

Wird sich die Katastrophe an der Oder wiederholen? WYBORCZA.pl , 05. 10 2022

Prof. Czerniawski: "Nächstes Jahr könnte die Algenblüte gigantisch sein".

Zersetztes organisches Material von Fischen und Weichtieren und vor allem Algen, das sich jetzt im Unterlauf der Oder auf dem Grund ablagert, wird im Frühjahr, wenn die Wassertemperatur wieder ansteigt, vom Grund gelöst, sagt Prof. Robert Czerniawski, Hydrobiologe und Gewässerökologe von der Universität Szczecin.

In einem Interview mit Robert Jurszo von der Gazeta Wyborcza weist Prof. Robert Czerniawski darauf hin, dass sich die Katastrophe, die wir im August erlebt haben, im nächsten Jahr und in den darauf folgenden Jahren wiederholen könnte.

„Die Oder ist ein degradierter Fluss. Unter diesen extrem schlechten hydrologischen Bedingungen brach die Stabilität des Ökosystems dieses Flusses schließlich einfach zusammen. Das musste irgendwann passieren", sagt der Hydrobiologe.

"Wenn die Umweltbedingungen so sind, wie wir sie im Juli und August erlebt haben, dann wahrscheinlich schon. Schließlich sind Prymnesium parvum und andere Algenarten ständig in der Oder zu finden. Und vergessen Sie nicht, dass die zersetzte organische Substanz von Fischen und Weichtieren und vor allem Algen, die sich jetzt im Unterlauf der Oder auf dem Grund ablagert, im Frühjahr, wenn die Wassertemperatur wieder ansteigt, vom Grund freigegeben wird. In der Oder, im unteren Abschnitt von Szczecin, gibt es nicht genug Masse an planktischen Primärproduzenten, um sie zu verbrauchen. So gelangen diese gelösten Nährstoffe direkt in das Stettiner Haff, wo sich unter den Bedingungen von stehendem Wasser eine Algenblüte bilden wird. Wir haben dieses Phänomen in den Buchten der Lagune in diesem Jahr bereits gesehen, aber im nächsten Jahr könnte die Blüte gigantisch sein, wovon ich fast zu 100 Prozent überzeugt bin, denn die Naturgesetze lassen sich nicht austricksen. Ich wiederhole: Die Katastrophe ist nicht vorbei, sie ist noch nicht vorbei. Nur die Wetterbedingungen haben sich geändert, sonst nichts".

Polen und ihre Steinkohle businessinsider.com.pl 20. 09. 2022

Im Juli dieses Jahres lagen die Steinkohleeinfuhren nach Polen nach Angaben des Zentralen Statistikamtes um 24 Prozent höher als im Vorjahr und beliefen sich auf 937.000 Tonnen. Dafür wurden 1,3 Milliarden PLN ausgegeben. Der Durchschnittspreis für eine Tonne erreichte 1,38 Tausend PLN und lag damit um 340 Prozent höher als im Vorjahr und um 11 Prozent höher als im Juni. Das Land, das auf Kohle gebettet ist, ist zu einem Kohleimporteur geworden. Allerdings befanden sich Ende Juli nur noch 1,2 Millionen Tonnen davon auf den Halden, gegenüber 4,9 Millionen vor einem Jahr. Der Premierminister erließ eine Verfügung und die staatlichen Unternehmen begannen mit der Einfuhr. Die größte Menge an Steinkohle wurde im Juli nach Polen aus Australien importiert - 208 Tausend Tonnen zu einem Durchschnittspreis von 1,44 Tausend PLN pro Tonne und aus Kolumbien - 197 Tausend Tonnen, ebenfalls zu 1,44 Tausend PLN pro Tonne, laut einer Umrechnung der Daten des Staatlichen Amtes für Statistik. Bedeutende Lieferungen von über 100.000 Tonnen erreichten Polen weiterhin aus Indonesien, Kasachstan und den USA. Am billigsten waren die Lieferungen aus Indonesien mit einem Preis von 1,14 Tausend PLN pro Tonne. China erwies sich als das teuerste Herkunftsland für Steinkohleimporte. Obwohl nur 336 Tonnen aus dem Reich der Mitte eintrafen, lag der Preis bei bis zu 3,89 Tuasend PLN pro Tonne.

Interessanterweise haben wir zur gleichen Zeit auch Steinkohle exportiert, allerdings zu viel niedrigeren Preisen und in geringeren Mengen. Im Juli haben wir 92 Tausend Tonnen exportiert, 37 % weniger als im Vorjahr und zu einem Durchschnittspreis von nur 794 PLN pro Tonne. Dies ist wahrscheinlich die Folge von langfristigen Verträgen. Der Großteil der polnischen Kohle (89 % der Ausfuhren) ging zu einem relativ niedrigen Preis von 725 PLN pro Tonne in die Tschechische Republik.

Und die polnischen Bürger auf der Suche nach Kohle: "Am Freitag hatten wir 30 Tonnen Kohle, am Montagnachmittag hatten wir nichts mehr", sagt Jakub Hanus, Angestellter der Kohlenhandlung Olvan Náchod. „Bei ihnen kostet eine Tonne zwischen 20.000 und 25.000 Kronen, in der Tschechischen Republik zahlt man etwa 5.500 Kronen (ca. 1.000 PLN) pro Tonne", erklärt er in einem Interview mit dem Portal.

Kohle reicht nicht für alle onet.pl 27.09. 2022

Während sich viele Menschen fragen, wo sie im Winter Kohle zum Heizen ihrer Häuser herbekommen, herrscht in der Regierung ein regelrechter Krieg um Kohle und Energiepreise. Wie Onet berichtet, kam es während des gestrigen, mehr als sechsstündigen Treffens der Führung von Recht und Gerechtigkeit (PiS) zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Jacek Sasin und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Sasin will die Energiemarktkrise nutzen, um Morawiecki abzusetzen. Die Entourage des Premierministers antwortet: - Sasin trägt die Schuld daran.

In diesem Krieg, der sich an den Spitzen der Macht abspielt, geht es jedoch nicht um die Frage, wo und wie die Kohle geliefert wird, die die einzelnen Verbraucher vor dem Winter erreichen soll, sondern um reine Politik und Schuldzuweisung.

Die Tatsache, dass es nicht genug Kohle für die einzelnen Verbraucher gibt, ist fast jedem in der Führung der PiS bekannt. Unsere Gesprächspartner verweisen auf die jüngsten Worte von Jaroslaw Kaczynski, der in Siedlce all jenen, die sich derzeit nicht mit Brennstoff eindecken können, einen guten Rat gab, und das nicht zum Spaß. "Anstelle von 3 Tonnen Kohle sollten sie jetzt 1,5 Tonnen kaufen und in einigen Monaten weitere 1,5 Tonnen“, erklärte er und widersprach damit der offiziellen Darstellung der Regierung, dass es genug Kohle für alle gibt.

Hafen Danzig, 02. 10. 2022: „Kohle als solche gibt es genug, aber nicht genug gesiebte Kohle. Wir arbeiten 24 Stunden am Tag, und selbst das könnte nicht ausreichen, weil es in der gesamten Kette mehrere Engpässe gibt", sagt Wojciech Lakomski, Präsident des Nordhafens in Gdansk. „Um die Lücke, die der russische Rohstoff hinterlässt, zu schließen und mindestens 4 Millionen Tonnen Brennkohle nach Polen zu bringen, die in den heimischen Kesseln verheizt werden können, müssen polnische Terminals bis zu 12 Millionen Tonnen unsortierten Brennstoff aus fernen Ländern annehmen. Es ist ein Kampf gegen die Zeit, um die Kohle noch vor dem Winter zu den Kunden zu bringen“.

Appell an Gynäkologen und Gynäkologen: OKO.press 28. September 2022

Die Gesundheit schwangerer Frauen sollte für Sie Priorität haben

Immer wieder gibt es Berichte in den unabhängigen Medien über den Tod von schwangeren Frauen, weil die Ärzte die tote Frucht nicht aus dem Körper der Frauen entfernten. Sie fürchten sich vor dem verschärften Abtreibungsverbot. Und die Frauen fürchten sich Kinder auf die Welt zubringen, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie bei Komplikationen adäquat betreut werden oder gar sterben müssen.

"Wir sind Ihre Patienten und wir wollen Ihnen vertrauen. Wir wollen uns in Ihrer Obhut sicher fühlen. Dies wird durch die Haltung einiger Gynäkologen erschwert, die ein bereits äußerst restriktives Gesetz überinterpretieren. Müssen wir wirklich ins Ausland gehen, um unser Leben und unsere Gesundheit zu schützen?"

Am 28. September ist der Welttag des sicheren Schwangerschaftsabbruchs. Aus diesem Anlass appelliert die Stiftung für Frauen und Familienplanung (Federa) an Ärzte und Psychiater sowie an Gynäkologen und Gynäkologinnen, sich wirklich um die (körperliche und seelische) Gesundheit der Schwangeren zu kümmern. 120 Organisationen haben den Aufruf unterzeichnet.

An Ärzte und Ärztinnen der Gynäkologie: "Das Leiden einer schwangeren Frau und ihrer Angehörigen passiv mit anzusehen, ist inakzeptabel. Die Rettung von Leben und Gesundheit, einschließlich der psychischen Gesundheit der Frau, sollte immer an erster Stelle stehen. Das Gesetz sieht schon seit Jahren Fälle vor, in denen ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist".

An Ärzte und Psychiater: "Wir wissen, dass viele von Ihnen davon überzeugt sind, dass eine Gefährdung der psychischen Gesundheit einer schwangeren Frau ein Grund für eine Abtreibung ist, doch der Polnische Psychiatrieverband schweigt zu diesem Thema. Das Fehlen einer offiziellen Position ist eine stillschweigende Akzeptanz, Frauen, die sich in einer dramatischen Situation befinden, zu ignorieren."

Donald Tusk:"Abtreibung ist die Entscheidung einer Frau, nicht die eines Priesters, eines Staatsanwalts, eines Polizisten oder eines Parteiaktivisten. Und wir haben es als konkretes Projekt niedergeschrieben, dass wir dem Sejm am ersten Tag nach den nächsten Parlamentswahlen vorschlagen werden. Dort steht geschrieben: Abtreibung bis zur 12. Woche, nur die Entscheidung der Frau", sagte er auf dem Campus Polen 2022 und kündigte an, er werde die Wahllisten im Auge behalten, damit keine Abtreibungsgegner darauf stehen.

Kaczynski verliert langsam den Boden unter den Füßen und scheint vollkommen durchzudrehen

Anti-Kultur der Deutschen, der Linken und LGBT Onet Premium Logo 03.10.2022

Jaroslaw Kaczynskis Wahlslogans: Feinde. Ein weiterer Wochenendausflug des Parteivorsitzenden von Recht und Gerechtigkeit, um Wähler zu treffen. Es scheint, dass Jaroslaw Kaczynski seinen Katalog der Feinde, denen wir Polen gemeinsam entgegentreten müssen, bereits abgeschlossen hat, aber nein. Hier tauchte die "postkommunistische Linke" auf, aber nicht die einheimische und die aus dem Westen, von der wir seit langem hören. Jetzt ist es auch Putin, der die "Linke" ist.

Verbrechen der Linken. "Polen steht heute vor dem Problem eines großen Kampfes gegen die Linke; und das ist die ehemalige, postkommunistische Linke, die im Osten schreckliche Dinge tut, indem sie die Ukraine angreift", sagte Kaczynski. Putins Macht, Menschen ins Gefängnis zu stecken, weil sie ihre sexuelle Orientierung nicht verbergen und die Rechte der Frauen verhöhnen, ist also die Linke. Dies sieht nach einem typischen Fall von Verwechslung der Linken mit der Rechten aus.

Aber immer noch diese Deutschen. Die Mobilisierung gegen Deutschland dient auch dazu, die Union anzugreifen, denn "heute ist die Europäische Union in der Hand Deutschlands". Und diese von Berlin kontrollierte Union "verstößt dreist gegen die Verträge, sie nimmt uns einfach verschiedene Dinge weg". Dabei geht es wahrscheinlich um Gelder aus dem Wiederaufbaufonds, die Polen nicht erhält, weil es sich nicht an die mit Brüssel unterzeichnete Vereinbarung hält.

Melken. "Wenn wir in deutschen Supermärkten minderwertige Produkte zu den gleichen Preisen kaufen, was ist das dann? Betrug, Melken. Das können wir nicht akzeptieren", sagte Kaczynski. Was soll man dazu noch sagen?

„Polen ist im Begriff, durch eine große Offensive der Anti-Kultur, die von dort kommt, verändert zu werden. Sie werden von den Linken vertreten, sie wollen alles übernehmen, alles nachäffen, egal welche Absurdität, welchen Wahnsinn“ - Jaroslaw Kaczynski Vorsitzender der Partei Recht und Gerechtigkeit.

Kaczynski instrumentalisiert die Ukraine-Tragödie Newsweek.pl 04.10.2022

Kaczynski bestätigt, dass er in einer alternativen Realität lebt. Seine Macht ist leider real
Die mentale Geografie stimmt nicht immer mit der realen überein. Daran hat uns Jaroslaw Kaczynski am Wochenende erinnert. Obwohl er real nur in die Woiwodschaft Westpommern reiste, legte er geistig eine viel größere Strecke zurück. Denn wie man aus seinen Äußerungen bei Treffen mit Anhängern entnehmen kann, befand sich der Führer des regierenden Lagers in einem alternativen Universum, das dem unseren nur scheinbar ähnlich ist.

Von all diesen erstaunlichen Behauptungen ist die absurdeste und empörendste, was Kaczynski über die beiden Linken aus dem Osten und dem Westen sagte: "Polen steht vor dem Problem eines großen Kampfes gegen die Linke, die ehemalige, die postkommunistische Linke, die im Osten mit dem Angriff auf die Ukraine Schreckliches anrichtet. Wir sind mit der Aggression der Linken im Westen wie auch der Linken in unserem Land konfrontiert. Einerseits bedroht er unsere Souveränität, andererseits will er erreichen, dass Polen aufhört, Polen im traditionellen Sinne des Wortes zu sein." Die ganze Aussage ist so absurd und moralisch obszön, dass man nicht weiß, von welcher Seite man die Polemik aufnehmen soll.

Kaczynskis Torheiten - amüsieren, erschrecken, demütigen Polityka, 05. 10.2022

Wir werden von einem realitätsfremden Mythomanen und Größenwahnsinnigen regiert

- und das ist ganz und gar nicht lustig.


"Es wird keinen Mangel an Kohle geben". "Unter der Regierung der PO - PSL haben die Menschen in den Wäldern Kartoffeln gesucht". Und dann ist da noch die Verunglimpfung von Deutschland. Der Diskurs, mit dem Kaczynski uns ergötzt, verbindet eine zynische Parteibotschaft mit den authentischen Überzeugungen dieses merkwürdigen Mannes.

Die armen Polen, die von Tusk unterdrückt wurden, haben Kartoffeln den Wildschweinen weggegessen? Das sagt der Mann, der jederzeit den Premierminister (und jeden anderen Beamten oder Präsidenten eines wichtigen Gerichts) auswechseln oder einen Bruch der Verfassung anordnen kann, aber gleichzeitig Leute, die ihn einen Diktator nennen, als Idioten bezeichnet. Die Plattitüden von Jaroslaw Kaczynski sind ein wenig amüsant, ein wenig beängstigend und auf jeden Fall demütigend. Denn wir alle sind Figuren in seiner Vorstellung. Und seine Vorstellungskraft hat einen sehr realen Einfluss auf unser Leben.

Wir haben kürzlich vom Vorsitzenden gehört, dass das Gehalt eines Arztes in Polen mehr Kaufkraft hat als das eines Arztes in Deutschland, und dass es in Smolensk ein Attentat gegeben hat. Das Gewicht dieser beiden Idiotien ist natürlich völlig unterschiedlich, aber in beiden Fällen stellt sich die Frage: Glaubt er, was er sagt? Es scheint jedoch, dass er dies tut. Jein Berater hat ihn mit den Ärzten "in die Zange genommen", ein anderer hat ihn davon überzeugt, dass ein Flügel nicht an einer Birke brechen kann und dass ein abstürzendes Flugzeug in Tausende von Teilen zerfallen kann. Und das ist genug. Schließlich wird er nicht vor dem Laptop sitzen und kluge Artikel in der seriösen Presse lesen. Er kennt seine eigenen. Er isst, was er mag, sieht, was er mag, und weiß, was er wissen möchte. Wer will dem Retter der Nation etwas verbieten?

Jaroslaw Kaczynskis disziplinarische und motivierende Tour durch die so genannten (Partei-)Strukturen unter dem Vorwand der "Begegnung mit den Bürgern" bietet die einmalige Gelegenheit, Einblicke in seine Gedankenwelt, seine Vorstellungskraft und seine Gefühle zu gewinnen. Das liegt daran, dass er zu Abschweifungen und Ausbrüchen neigt, die er gerne mit seinem Publikum teilt. Dem Vorsitzenden zuzuhören ist eine frustrierende, aber auch sehr interessante Tätigkeit. Kaczynskis Rede verbindet die zynische und verzerrte Parteibotschaft, die jeden Tag von angeheuerten Medienleuten (denen anscheinend sogar er selbst gehorcht) akribisch produziert wird, mit den echten Überzeugungen dieses eigenartigen Menschen.

Er ist in vielerlei Hinsicht eigenartig, doch einen besonderen Platz unter seinen Exzentrizitäten nehmen die Phantasmen ein, in die er sich gerne vertieft, verführt und manipuliert von seinen regelmäßigen Gesprächspartnern (allen voran der konfabulierende Premierminister Morawiecki) und seiner Lektüre. Indem er Mythomanen zuhört, Parteibulletins liest, die sich als Zeitungen ausgeben, und Parteifernsehen schaut, wird er zur Geisel des Wahns und der Lügen, die er und seine Umgebung verbreiten. Deshalb zeigen seine freimütigen, realitätsfernen und in vielen Fällen unkritischen, ja sogar böswillig perversen Äußerungen, wie wir von den Würdenträgern der Parteien durch den so genannten Diskurs regiert werden - eine Mischung aus Fakten, Vorurteilen, Ideen, Lügen, Argumenten und Sophismen, die mehr oder weniger für Umfragen und Wahlen hergestellt werden.

Wie ein Diktator oder wie ein Kind: Die wahnsinnige Verunglimpfung Deutschlands - neben der Smolensk-Lüge, die sicherlich der gefährlichste und widerlichste Teil von Kaczynskis Rhetorik ist - ist eine plumpe Reaktion auf die Zurückhaltung des nationalen Konjunkturprogramms durch die Europäische Kommission und ihre deutsche Präsidentin. Diese vulgäre Propaganda ist das Gebot der Stunde, aber Kaczynskis ständige Wiederholung von Andrones über Deutschland führt dazu, dass er selbst nach einer Weile beginnt, sie zu glauben, ebenso wie seine Wähler. Vielleicht ist es nicht Kaczynski, der uns mehr regiert, sondern die Verleumdung, die schamlos auf Parteitagen und in den Parteimedien herrscht.

Wenn Kaczynski sagt, dass Polen eine Brutstätte der Demokratie ist und dass die PiS die Unabhängigkeit der Gerichte garantiert, weiß er, dass er Unsinn redet. Und wenn er behauptet, er sei kein Diktator, weil die PiS nicht Teile der lokalen Verwaltung kontrolliere, offenbart er lediglich seinen Traum von der vollen Macht - ein Traum, der so unerfüllt ist, dass er wahrscheinlich tatsächlich unter dem Unbehagen leidet, sich als Diktator zu fühlen. Übrigens, wenn das Internet uns an Kaczynskis Aussage von vor einem Vierteljahrhundert erinnert, in der er vor einer übermäßigen Konzentration der Macht in einer Hand warnt, sehen wir, wie sehr sich der Blickwinkel je nach "Standpunkt" ändert. Ein Diktator ist in der Regel kein Feind der Demokratie, sondern jemand, der meint, dass in seinem Fall eine Ausnahme gemacht werden sollte.

In Stargard und anderswo lobt Kaczynski den Zustand der polnischen Wirtschaft. Die Partei Recht und Gerechtigkeit hat durch die "Mehrwertsteuer-Versiegelung", die den Hunger auf dem Lande beseitigt hat, enorme Mittel erhalten. Das ist kein Scherz - sagte er. Riesige Investitionen wie der zentrale Transporthafen und die Überquerung der Weichsel werden die Wirtschaft ankurbeln, doch schon jetzt "sind wir das nächste Land hinter Japan, was die Löhne angeht".

Glaubt Kaczynski wirklich, dass der Hafen in Elblag Geld einbringen wird und dass die Halbierung der "MwSt.-Lücke" (was ihm hoch anzurechnen ist!) die wirtschaftliche Situation grundlegend verändert hat? Hat ihm wirklich jemand gesagt, dass wir bereits, wenn nicht das "zweite Japan", so doch das "zweite Japan" sind? Wahrscheinlich ja, und sehr wahrscheinlich war es Mateusz Morawiecki selbst. Und Kaczynski hat es wirklich geglaubt. Nun, wie ein Diktator, möchte man sagen. Wenn er wenigstens wüsste, wie man etwas "googelt", so wie jedes Kind.... Aber nein, ich glaube nicht, dass er das tun kann. Deshalb ist er so verletzlich wie ein Kind, wenn nicht sogar noch verletzlicher. Vielleicht ist er also gar kein Diktator, sondern ein verwirrter alter Mann, mit dem ein paar Verrückte machen, was sie wollen - genau wie mit einem Kind?


Wir werden von einem verwirrten Mythomanen regiert

Eine der von Kaczy?ski wiederholten Beschwörungen lautet: "Die Kohle wird nicht zur Neige gehen". In Koszalin sagte er, dass wir dreimal so viel Kohle gekauft haben, wie wir für die Industrie brauchen, weil nach dem Sortieren ein Drittel übrig bleibt, das für Haushaltsherde geeignet ist. Mit dieser Sortierung ja, aber wir sind noch weit davon entfernt, genügend Kohle zu importieren, und die langjährige Obstruktionspolitik der Partei Recht und Gerechtigkeit, die den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen behindert, kommt jetzt zum Tragen.

In Kolobrzeg hat unser Herr Vorsitzender erneut auf das hingewiesen, was ihn wirklich zu stören scheint, nämlich seinen Status als Diktator. Er verglich sich mit Pilsudski, der bekanntlich Polen informell regierte. Kaczynski ist der Meinung, dass es nicht ausreicht, als Diktator bezeichnet zu werden. Es ist gut, zumindest die Position zu haben, die Pilsudski hatte, nicht wahr? Ungewollt hat sich Kaczynski mit seinem Rollenverständnis exponiert. Er glaubt wirklich, dass sie allein oder zusammen mit seinem Bruder den "neuen Pilsudski" der polnischen Politik darstellen. Es ist gut, dass sie nicht das neue Kazimierz Odnowiciel (Erneuerer) sind. Schließlich liegt alles noch vor dem Vorsitzenden - denn heute sind die Siebzigjährigen die alten Sechziger.

Schließlich zurück zu dem Wildschwein, von dem Kaczy?ski in est nomen omen in Szczecin sprach. Dank der gründlichen Recherchen des Redakteurs Adam Zadworny von der Gazeta Wyborcza ist klar geworden, was der Präsident von Recht und Gerechtigkeit im Sinn hatte, als er den zweifellos "memetischen" Satz sagte: "Während der PO-PSL-Regierung haben die Menschen in den Wäldern Kartoffeln gesammelt, die von Förstern für Wildschweine gepflanzt wurden. So war es auch." Gerüchten zufolge pflanzen die Förster für die Wildschweine eine Knollenpflanze an, die ein ähnliches Aussehen hat und Topinambur oder Knollensonnenblume genannt wird. Wenn die Tiere dies gefressen haben, lassen sie die Felder in Ruhe. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber aus Neugier würde ich auch eine solche exotische Knolle bei einem Wildschwein mitnehmen. Im Ernst: Kaczynski bildet sich wirklich ein, dass es seine Macht war, die das polnische Volk aus der Armut befreit hat, in der es unter dem deutsch-russischen Kondominium hoffnungslos gefangen war. Unglaublich! Wir werden von einem realitätsfremden Mythomanen und Größenwahnsinnigen regiert - und das ist ganz und gar nicht lustig.

Umwelt: Jaros?aw Kaczynski erzählt auf seiner Tournee durch das Land nicht nur Lach-Geschichten, wie kürzlich die über hungrige Menschen, die Kartoffeln aus dem Wald stehlen. Kürzlich verkündete er in Pulawy, dass es ungefährlich sei, mit Braunkohle zu heizen, deren Rauch akut giftig ist. „Es brennt, es raucht, und irgendwie leben dort Menschen", sagte er und bezog sich dabei auf das Gebiet um das Bergwerk und das Kraftwerk Turów. "Es gibt dort etwa ein Dutzend großer Tagebaue und große Kraftwerke, und irgendwie hört man nichts davon, dass dort Menschen sterben".

Trans:„Wir glauben wirklich nicht, dass jeder von sich sagen kann er sei Frau oder Mann. Und dass ich, zum Beispiel, bei aller Bescheidenheit meiner Größe und Statur, plötzlich verkünden könnte, dass ich eine Frau bin“, Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der Partei Recht und Gerechtigkeit

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