Aus dem Englischen von Eva Bonné. München: Penguin, 2022. 378 S., 26 Euro
von Gerhard Klas
Nachleben, der neue Roman des letztjährigen Literaturnobelpreisträgers, spielt wie schon sein vielbesprochener Roman Das verlorene Paradies erneut vor dem Hintergrund der deutschen Kolonialherrschaft in Ostafrika. Auf subtile Weise beschreibt der Autor die traumatischen Auswirkungen auf seine Protagonisten und beleuchtet ein weitgehend vernachlässigtes Kapitel der deutschen Geschichte.
Ein komplexes Beziehungsgeflecht entfaltet sich: drei Waisenkinder, Hamza, Afiya und ihr Bruder Ilyas. Khalifa und Asha, ein Paar in einer arrangierten Ehe. Der Kolonialkrieg gegen die Maji-Maji 1907 wirbelt ihr Leben durcheinander.
Gurnah verzichtet weitgehend auf die detailgenaue Beschreibung dieses brutalen Wütens. Aber auch die Geschichte von Khalifa und Asha, die weitab des unmittelbaren Kriegsgeschehens leben, bleibt nicht unberührt von den Auswirkungen der kolonialen Gewalt. Es beginnt mit Ilyas, dem Bruder der Ziehtochter Afiya. Als ehemaliger Besucher einer Missionsschule spricht er fließend Deutsch, wird zum glühenden Anhänger der Deutschen und geht daher als Askari, als einheimischer Freiwilliger zur »Schutztruppe«.
Ilyas Spur verliert sich dann in den Wirren des Krieges. Dafür kommt Hamza in die Geschichte, der zum Kollegen Khalifas wird und später Afiya heiratet. Aus seiner Vergangenheit – der Gurnah einen großen Teil des Buches widmet – macht er zunächst ein Geheimnis. Denn auch Hamza hatte sich freiwillig zur »Schutztruppe« gemeldet. Doch bald bereut er seine Entscheidung und kehrt nach einer schweren Verletzung verkrüppelt und traumatisiert an seinen Heimatort zurück.
Mit viel Feingefühl beschreibt Gurnah die mühsamen Versuche Hamzas, wieder im Alltagsleben anzukommen. Der Roman endet in Deutschland und nimmt keinen glücklichen Ausgang. Ein außergewöhnliches literarisches Erlebnis, das die deutsche Kolonialzeit und ihre Auswirkungen über Generationen hinweg schmerzhaft deutlich macht.
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