An den Rand notiert
von Rolf Euler
Die Elbe macht was sie will, und daher macht sie den Reedern und Schiffsmaklern und Logistikunternehmen Sorge: sie verschlammt! Wie in der Klimafrage lässt sich die Natur nicht alles »vorschreiben«, Physik wirkt immer, menschliche Pläne gehen dann mal im Niedrigwasser unter. So wurde im Herbst vom zuständigen Schifffahrtsamt der maximale Tiefgang für Schiffe um einen Meter verringert. Damit können nun von Cuxhaven nach Hamburg nur noch kleinere oder nicht mehr so voll beladene Schiffe in den Hamburger Hafen zum Ausladen fahren.
In den 1950er Jahren gab es in der Hannoverschen Hochschule ein Labor für Wasserbau, in dem die Trichtermündung der Elbe nachgebildet wurde, um die Wirkungen von Ebbe und Flut nachzubilden und Empfehlungen für Deiche und Schifffahrt zu ermöglichen. Leider konnten mit den damaligen Erkenntnissen die schlimmen Folgen der Februarflut von 1962 nicht verhindert werden, die so viel höher auflief als erwartet. Und auch die Fragen der Containerschifffahrt in den 2000er Jahren waren unmöglich zu kennen.
Aber Hamburg und die Hafengesellschaft setzten in den folgenden Jahrzehnten neunmal Vertiefungen des Elbfahrwassers durch und baggerten riesige Mengen Schlick und Sand aus. Geplant war sogar, im Naturschutzgebiet Scharhörn neben der Elbmündung Schlick abzulagern.
Die Natur der Flüsse ist aber nicht zu »überlisten«. Während der Fluss aus den Gebirgen ständig Sand und Kies abtransportiert, der normalerweise bis ins Meer gelangt, stößt dies in der Elbmündung auf die Gegenbewegung der auflaufenden Flutwelle, die sich bis hinter Hamburg bemerkbar macht. Die Versandung der verzweigten Hafengewässer Hamburgs ist eine Folge. Da durch die trockenen Sommer weniger Wasser die Elbe herabfließt, gleichzeitig aber mit der normalen Flut in die vertiefte Elbe mehr Schlick aus der Nordsee flussaufwärts getragen wird, kommt es ständig zu erneuten Ablagerungen im Bereich der Unterelbe. Dazu kommt, dass eine vertiefte Fahrrinne steilere Böschungen bedeutet, die ebenfalls dazu neigen, mit der Strömung abgetragen zu werden und in der Vertiefung zu landen.
Die Vertiefung der 120 Kilometer von Hamburg nach Cuxhaven kostete den Steuerzahler stattliche 800 Millionen Euro, zugunsten der privaten Logistik- und Reedereiunternehmen. Deren Riesenschiffe fassen inzwischen über 20000 Standardcontainer, sind 400 Meter lang, rund 60 Meter breit und haben einen Tiefgang von über 16 Metern. Damit kann die Elbe nur noch unter Einschränkungen befahren werden – und nun ist wieder der Schlick Schuld, dass Hamburg von den großen Containerschiffen »abgehängt« ist, weil die Elbvertiefung – wie übrigens eine Bürgerinitiative (www.hamburg-fuer-die-elbe.de/?p=11571) vorhergesagt hatte – erneut nicht ausreicht. Dass der Containertransport mit den Riesenschiffen weitere Umweltschäden durch den Lkw-Verkehr und Flächenverbrauch an Land erzeugt, ist damit noch gar nicht angesprochen.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.