An den Rand notiert
von Rolf Euler
Das Zeitalter der sauberen endlosen Stromerzeugung aus Kernenergie ist erneut näher gerückt – so klang es im Dezember aus den Nachrichtenspalten. Es geht um Kernfusion, die seit vielen Jahren mit Milliardenaufwand in Forschungszentren erprobt wird. Ein »Durchbruch« aus den USA wurde verkündet: erstmals sei mehr Energie aus einem Experiment erzeugt als hineingesteckt worden.
Bei der Kernfusion wird aus Wasserstoff Helium unter hohem Energieausstoß erzeugt – das ist das, was die Sonne seit Milliarden Jahren tut und was als Solarenergie das Leben auf der Erde erhält. Allerdings herrschen in der Sonne Millionen Grad und extreme Drücke… Erprobt hat man das in Form der Wasserstoffbombe mit verheerenden Folgen.
Seit Jahrzehnten wird nun eine kontrollierte Fusion angestrebt zur Stromerzeugung. Große Versprechungen der interessierten Stellen, es sei in etwa 40 Jahren so weit, dass man Fusionsreaktoren bauen könne, die im Gegensatz zur Kernspaltung »saubere« Kernkraft zur Verfügung stellen würden, sind etwa 60 Jahre und viele Millionen Euro und Dollar alt.
Der jüngst erzielte sogenannte »Durchbruch« bestand darin, dass in einem Experiment Laserlicht mit gut 2 Megajoule (MJ) Energie Wasserstoff in Pfefferkorngröße fusionierte, wobei etwas mehr als 3 MJ Energie erzeugt wurden – ein Überschuss von 1,1 MJ – Donnerwetter! Also – äh – rund 1100 Kilojoule (kJ) – kleines Donnerwetter…
Um diesen Wert etwas praktischer in die Lebenswirklichkeit umzusetzen: Bei Lebensmitteln wird der Energieinhalt in Kilokalorien (kcal) oder ebenfalls in kJ angegeben. Da kommen wir zu dem Ergebnis, dass bei diesem extrem aufwändigen Experiment Energie erzeugt wurde, die in rund 100 Gramm Frischkäse der Doppelrahmstufe enthalten ist!
Großer Beifall der Bundesforschungsministerin von der FDP: »in zehn Jahren ein Fusionskraftwerk« – oder doch etwas später, was die Direktorin des Forschungslaboratoriums in den USA mit »vier Jahrzehnten« angab. Das Institut, wo der Fusionsvorgang erfolgte, ist unter anderem für militärische Zwecke verantwortlich.
Es gab denn auch einen Wermutstropfen in der »Durchbruch«-Geschichte: Um die gut 2 MJ Laserlicht zu erzeugen, brauchte es 300 MJ Energie, um die Laser auf Leistung zu bringen. Also eigentlich bestand der »Überschuss« in einer 300fachen Energieverschwendung…
Von wegen »saubere Energie«: Der bei der Fusion in einem Reaktor entstehende Neutronenbeschuss macht die Umgebung radioaktiv – und kann zur Herstellung atomwaffenfähigen Plutoniums dienen. Das ist der eigentliche Zweck der Forschung. So wurde bei der Präsentation der Ergebnisse mehrfach gesagt, dass das Experiment hauptsächlich dem Nuclear Weapon Stockpile Stewardship Program dient, also der Betreuung und Verbesserung US-amerikanischer Nuklearwaffen.
Das Geld, das in diese Experimente gesteckt wird, könnte besser verwendet werden bei der Nutzung der »kostenlos« von der Sonne gelieferten Fusionsenergie.