Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 05/2023

An den Rand notiert
von Rolf Euler

In diesem Jahr nahmen an den Ostermärschen im Ruhrgebiet mehrere hundert Menschen teil. Nach mehreren Auftaktkundgebungen im Rheinland gab es eine Fahrradstaffette von Essen über Gelsenkirchen und Herne nach Bochum am Ostersonntag. Am Montag ging es dann zu Fuß von Dortmund-Dorstfeld in die Innenstadt. Unter dem Hauptmotto »Waffenstillstand statt Waffenlieferungen! Aufrüstung stoppen! Für Frieden und Klimaschutz!« starteten die Teilnehmenden durch die Städte.

Beeindruckende Reden über die Gefahren der Ausweitung des Ukrainekriegs und über die atomare Hochrüstung erreichten allerdings hauptsächlich Menschen im fortgeschrittenen Alter, die in der Regel das alles wohl schon mehrfach gehört haben.
Nach der Kritik an der Berliner Demonstration, die man wohl nicht unerwähnt lassen konnte, schafften es die Lokalzeitungen im Revier tatsächlich, über die Ostermärsche nicht eine einzige Zeile zu veröffentlichen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und die Funke-Gruppe beherrschen hier den Markt und wollen offensichtlich nicht »ausgewogen« berichten.
Leider waren vor allem Gewerkschaftsabzeichen oder die jungen Leute von Fridays for Future nicht auszumachen, das gilt sicher nicht für alle Kundgebungen, aber im Ruhrgebiet schmerzt diese Abwesenheit der kommenden Generation. Sie haben mit ihren Mobilisierungen der letzten Jahre wesentlich dazu beigetragen, dass ohne die Klimathematik auch der Ostermarsch nicht stattfinden konnte.
Beeindruckend war die Vorführung der Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW), die mit Hilfe eines Reiskorns und einer großen Kiste mit einem Kilogramm Reiskörnern demonstrierten, was im Vergleich zur Hiroshimabombe alle heutigen Atomwaffen für eine Sprengwirkung haben – unvorstellbar im wirklichen Einsatz.
Juryj Scheliaschenko, der Exekutivsekretär der ukrainischen pazifistischen Bewegung und Vorstandsmitglied des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung, ließ in Bochum ein Grußwort an die Demonstrierenden verlesen, da er aus Kiew nicht ausreisen darf. Darin heißt es:
»Wir brauchen einen Waffenstillstand und ernsthafte Verhandlungen, um das Blutvergießen und die Zerstörung zu stoppen, die mein Land seit mehr als einem Jahr verwüsten. Wir fordern ein Ende des Krieges, das Verbot von Waffenlieferungen und die Verhinderung eines dritten Weltkriegs und einer nuklearen Eskalation … In der heutigen Welt brauchen wir keine Souveränität, sondern gewaltfreie öffentliche Dienstleistungen und keine territoriale, sondern planetare oder sogar universale Integrität, oder, um es besser auszudrücken, soziale und ökologische Harmonie. Menschenrechte und Rechte der Natur sind viel wichtiger als feudale Fiktionen von Souveränität und territorialer Integrität. Jetzt geht es vor allem um unsere Menschlichkeit, unsere Fähigkeit, miteinander zu reden und das Leben zu respektieren, anstatt zu töten und uns selbst zu zerstören.«
Eine seltene Stimme in diesem Krieg.

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