Die Konferenzsoftware Zoom
von Rolf Euler
Die Big-Brother-Awards 2023 wurden Anfang Mai wie immer von der Datenschutz-NGO »Digitalcourage« in Bielefeld vergeben. Ein wirklich interessanter – weil extrem weit verbreiteter – Träger dieses »Negativpreises« ist die Konferenzsoftware Zoom. Das neben vielen anderen übrigens auch von der SoZ verwendete Internettreffen bekommt den Preis deswegen, weil eine DSGO-verträgliche Verwendung behauptet, nicht aber einhält.
Padeluun, der Redner bei der Preisverleihung, fasste zusammen: »Zoom ist der Versuch, Menschen, die miteinander in einer Videokonferenz kommunizieren wollen, in den Strudel des Überwachungskapitalismus zu ziehen.«
Die Datenerhebung von Zoom umfasst alle persönlich und technisch erreichbaren Daten wie Name, E-Mail, Telefon der Teilnehmenden, bis hin zu »Informationen, die Sie während der Nutzung des Dienstes hochladen, bereitstellen oder erstellen«, also sog. Kundeninhalte.
Dann heißt es: »Meistens erheben wir personenbezogene Daten direkt von Ihnen, direkt von Ihren Geräten oder direkt von jemandem, der mit Ihnen über Zoom-Dienste kommuniziert, wie z.B. ein Meeting-Gastgeber, Teilnehmer oder Anrufer.«
US-Firmen wie Zoom unterliegen allen Gesetzen, die den Geheimdiensten den Zugriff auf ihre Datenbestände auch von Nicht-US-Bürgern erlauben – egal was die DSGVO in Europa verlangt. Betroffene werden nicht darüber informiert. Auch die Entwicklungsabteilung in China ist ein Grund, dass Digitalcourage den Preis vergibt.
In der Preisrede verwies Padeluun darauf, dass der Preis auch an die Nutzenden vergeben wird – vor allem, weil aufgrund von falschen Angaben und der angeblichen Nutzerfreundlichkeit von Zoom überwachungskapitalismusfreie Videokonferenzsystemalternativen wie BigBlueButton oder Jitsi-Server ausgebremst und gar nicht erst probiert wurden. Während der Corona-Zeit hatten gerade politische Projekte kein Problem damit, sich auf Zoom zu verabreden, was einen unmittelbaren Datenabfluss nach den USA ermöglichte.
Bei der Preisverleihung wird an die Nutzenden appelliert, ihren sonst vorhandenen politischen Verstand auch auf die Nutzung von Internetplattformen anzuwenden und sich darin zu bilden, freie Alternativen auszuprobieren und zu verbessern.
»Und ich hoffe, dass dieser BigBrotherAward eure Abwehrkräfte stärkt und ihr Zoom nie nie nie mehr verwendet«, schließt Padeluun seine »Laudatio«.
Ich würde das unterschreiben, in meinen Zusammenhängen gab es während Corona, aber auch wenn nötig danach, nur Jitsi-Konferenzen – bei Digitalcourage gibt es schon lange die entsprechenden Links.
Die Preisrede zum Nachlesen: https://bigbrotherawards.de/2023/zoom.
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