* Stimmen zur Demonstration am 4.6. in Warschau
* An der Grenze zu Belarus
* Aktuelles zur Oder
Polityka, 7.6.2023 titelt die Demo: "Das hier ist POLEN"
Im April hatte Tusk zu dieser Demo eingeladen, da gab es Befürchtungen, ob er sich nicht verrechnen wird, sie zu einem Fiasko würde und die PiS triumphiert. Aber es kamen mindestens zwei Mal so viele wie angenommen. Die 3 km lange Trasse reichte nicht aus, die Menschen mussten auf parallele Straßen ausweichen. So manche hatten sich vorher überlegt, ob sie zu einer Demo gehen sollten, zu der Tusk aufgerufen hat. Aber der Frust über diese Regierung, diese PiS, diesen Kaczynski war viel größer und dann noch Duda, der Präsident der Republik Polen, der wieder seiner Rolle als Kugelschreiber Kaczynskis gerecht wurde.
studioopinii.pl, 6.6.2023
Prof. Stanislaw Obirek (Kulturanthropologe, Uni Warschau): "Demo der Hoffnung"
Ja, ich weiß. Es gab schon viele solcher Demonstrationen. Auch die Beteiligung war beeindruckend. Und nichts geschah. Die Zerstörung der demokratischen Strukturen ging weiter. Die PiS hat sie alle überlebt. Wird das auch dieses Mal der Fall sein? Ich wage es zu bezweifeln.
Ich war dort, ich sah, ich sprach mit vielen Teilnehmern. Ältere, jüngere und solche mittleren Alters. Weit konnte wir nicht vordringen, es waren einfach zu viele. Vorläufige Berechnungen gehen von einer halben Million aus, vielleicht auch von 380.000 – sagen konservativere Schätzungen.
Es wurde viel geredet und viel versprochen. Donald Tusk leistete sogar einen Eid: "Ich möchte vor Ihnen einen Eid ablegen. Wir gehen in diese Wahl, um zu gewinnen und um menschliches Unrecht zu korrigieren. Ich schwöre Ihnen, dass wir gewinnen werden, dass wir das Unrecht bereinigen werden, dass wir menschliches Unrecht wiedergutmachen werden und dass wir uns untereinander versöhnen werden." Das ist sehr polnisch. Solche Gelübde endeten nicht immer gut.
Vielleicht wird es dieses Mal gut ausgehen und das Gelübde des Vorsitzenden der Bürgerplattform wird erfüllt. Es wäre gut für ihn zu bedenken, dass er es nicht allein tun muss. Der Bereitwilligen gibt es, wie sich herausstellte, viele. Da waren die Frauenstreiks. Sie waren es 2016 und 2020, die vergleichbare Menschenmassen versammelten. Nach dem Wahlsieg muss ein Raum für die Frauen geschaffen werden, für die die PiS die Hölle geschaffen hat. Unter den zahlreichen Rednern gab es viel zu wenige von ihnen. Und sie sind es, die am meisten dazu beitragen, dass Kaczy?ski verliert. Tusk sollte das nicht vergessen.
Ernest Skalski (Historiker und Publizist): "Vielleicht war es nicht ein letzter solcher Sonntag?"
Vielleicht, aber ich bin noch nicht überzeugt. In letzter Zeit fällt es mir immer schwerer, optimistisch zu sein, vorsichtig gesagt, obwohl ich nicht mehr so pessimistisch bin wie vor dem 4.Juni. Wie üblich weise ich darauf hin, dass ich es mir gegenüber unserer kleinen Gruppe von Diskutanten im Studio Opinii leisten kann, vollkommen ehrlich zu sein.
Sogar bei der Übertragung im TVN konnte der Enthusiasmus gespürt werden. Sie haben alle Recht, wenn sie sagen, dass nicht einmal die größte Demonstration darüber entscheidet, was passiert, sondern die Wahlen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sich der Enthusiasmus des vergangenen Sonntags in den Ergebnissen der Wahlen im Oktober niederschlagen wird. Die Teilnehmer des Marsches in Warschau und der Demonstrationen in anderen Städten werden in gehobener Stimmung nach Hause gehen, mit einem Gefühl der Genugtuung über eine erfüllte Bürgerpflicht. Aber was wird als nächstes passieren? Werden alle das Eisen schmieden, solange es heiß ist?
Nach einer gemeinsamen Demonstration wäre eine gemeinsame Liste selbstverständlich gewesen und hätte den Ausschlag gegeben. Es gab sogar Transparente mit diesem Slogan, weil die Mehrheit der demokratischen Wähler das will. Die gesamte Linke will es, sogar Razem, die immer eigene Wege ging. Aber die Plattform kann sich eine Wahlkoalition nur mit ihr nicht leisten, und Holownia und Kosiniak-Kamysz, die gezwungen sind, sich auf den Weg zu machen, haben noch mehr Angst vor Tusk, der mit seiner Partei zum unangefochtenen Führer der Opposition geworden ist. Und der Zug gehört jetzt ihm. Er sollte die Lektion lernen, dass man mit den Menschen arbeitet, wie sie sind, wenn man mit ihnen etwas erreichen will.
Przeglad, 12.6.2023
Marcin Duma Präses IBRiS (unabhängiges Meinungsforschungsinstitut):
Die große Teilnehmerzahl hatte mindestens zwei Gründe. Als erstes haben Wähler der Opposition – unabhängig zu welchem Lager sie gehören – die feste Überzeugung, dass ein Sieg über die PiS möglich ist. Dies war nun eine Gelegenheit, um den Glauben daran zu stärken. Es sei daran erinnert, dass vor drei Jahren die letzte große Demo war – der Streik der Frauen. Zum zweiten hat sechs Tage vor der Demo der Präsident das „Lex Tusk“-Gesetz unterschrieben, dass nach Auffassung der Mehrheit die Opposition schwächen sollte. Dies hat nochmals Tausende auf die Straße getrieben.
Prof. Lech Szczegola, Soziologe Uni Zielona Gora:
Es halfen offensichtlich die grotesken Aktivitäten des Präsidenten. Seit einigen Monaten steigerte sich das Gefühl der Ohnmacht gegenüber einer unverschämten, unfähigen und selbstzufriedenen Regierung. Die Polen haben sich vielleicht an die Arroganz und Habsucht der Politiker gewöhnt, aber deren Verachtung gegenüber Andersdenkenden wurde schon unerträglich. Die Regierung verliert nach und nach die Realität aus den Augen und kommuniziert nur noch mit sich selbst. Bei ihr befindet sich niemand mehr, der nicht die Opposition als „Verräter, Agenten, Pseudo-Polen“ bezeichnen würde. Nicht zu vergessen, wie sie verbal über junge Frauen und progressive Kräfte herfällt.
Prof. Robert Alberski, Sozialwissenschaftler, Uni Wroc?aw:
Zum einem gibt es bei jeder Regierung Abnutzungserscheinungen. Das war so bei der PO (Bürger Plattform). Die PiS hat sich in den acht Jahren mit vielen gesellschaftlichen Kräften angelegt. Und diese kamen zu der Demo: die Lehrer, Ärzte, Landwirte, Wissenschaftler. Sie haben genug von dieser Regierung. Tusk hat sich außerdem ordentlich ins Zeug gelegt mit seiner Tournee durch Polen, das hat Menschen aus ihrer Lethargie gerissen. Als er dann seinen „Marsch 4.Juni“ proklamierte… kamen sie.
Jesus starb in Polen – Gespräche an der Grenze zu Belarus
„Ich habe ein Buch geschrieben, damit man nicht sagen kann, dass es das nicht gibt. Diejenigen, die retten, sind von uns allen im Stich gelassen worden", sagt Mikolaj Grynberg, dessen Buch "Jesus starb in Polen" mit Interviews von der belarusischen Grenze bald erscheint, in einem Interview.
„Es war das erste Mal, dass ich mich in der Rolle eines Reporters fühlte. Viele Leute denken, dass an der Grenze schon lange nichts mehr passiert ist. Die einzige Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen, ist, ihnen ein Buch zu geben und zu sagen: Da steht alles drin. Eine meiner Figuren trägt ein Bild der Menschen, die er im Wald getroffen hat, in seiner Brieftasche und zeigt es anderen als Beweis dafür, dass die Flüchtlinge wirklich da sind. Diejenigen, die retten, sind die einsamsten Menschen der Welt. Sie sind von uns allen im Stich gelassen worden.“
Eines Tages werden diese Helden, die in den Wäldern zu Belarus die Geflüchteten versorgen, wofür sie auch von den Behörden verfolgt werden, das Feigenblatt sein, um die große Scham zu verdecken, dass den Geflüchteten nicht geholfen wurde, dass sie – Alte, Kranke, Frauen und Kinder – in die Wälder gedrängt wurden und keine Chance bekamen, einen Asylantrag zu stellen. Polen macht das ganz offen, auch gegenüber der EU, und diese ist froh darüber, dass sie nicht Frontex nach Polen schicken muss.
Als die Mauer stand, ist die Zahl der Geflüchteten zurückgegangen, aber nur kurzzeitig. Sie finden wieder Wege, aber die sind jetzt viel gefährlicher. Und die meisten Bewohner dieser Gegend sagen: „Wir müssen froh sein über die Mauer und die vielen Uniformierten, denn sie schützen uns vor Mord und Totschlag.“ Auf die Frage, ob denn so etwas schon passiert sei: „Nein noch nicht, und das über zwei Jahre!?
Die Geflüchteten werden dazu benutzt, um den Menschen Angst zu machen. „Du gehst n den Wald und siehst wie vor Deinen Augen jemand am Sterben ist – woran erkennst Du, dass er Dich ermorden will?“ Wir haben christliche Traditionen, die sich ganz klar sich zu dem Thema positionieren. Das meint ein Helfer vom KiK, dem Klub der katholischen Intelligenz, der dort ein Basis zur Versorgung der Geflüchteten leitet. Dort an der Grenze starb Jesus – Issa. Dort starb die schwangere Sara im November – es sind biblische Verhältnisse. Und die polnisch-katholische Kirche? Für sie ist die „Reinheit der Rasse“ wichtig. Andere Religionsgemeinschaften reagieren da anders. Die orthodoxe Kirche hält immer ihre Tür offen.
Grynberg wurde immer wieder von seinen Gesprächspartnern aufgefordert, mit in den Wald zu gehen. Aber er ging nicht, er fürchtete, was es mit ihm machen wird, wenn er das Elend sieht, dem die Geflüchteten ausgeliefert sind, wenn er so einen Menschen umarmt, was die Helfer für wichtig halten. Er wollte von den Gesprächen mit den Helfern berichten, über ihre Erfahrungen.
Zwei Grenzwächter hat er gefunden, die bereit waren, mit ihm zu reden. Wie schon Nürnberg gezeigt hat – die Banalität des Bösen! Um Kredite abzuzahlen und die Dienstjahre aufzufüllen, werfen sie im Winter die Kinder hinter den Stacheldraht an der Grenze. Jetzt sind dort nur noch solche Uniformierte, die diese Aufgabe erfüllen. Diejenigen, die ein Problem damit hatten, sind weg.
„Es gibt das antisemitische und rassistische Polen, und dann gibt es das wunderbare, offene, andere Polen. Das Paradoxe ist, dass dort, an der Grenze, das Böse auch viel Gutes bewirkt. Dieses Gute wollte sich nicht offenbaren. Früher hat es sich im Kampf um den Naturschutz gezeigt. Aber was jetzt geschieht, ist spektakulär. Die meisten Menschen, die in den Wald gehen, sind Frauen. Und dies ist ein Wald, in dem man viele Stunden lang gehen kann. Und es gibt Frauengruppen, die dort unterwegs sind, zähe Frauen mit einem großen Herzen. Es gibt auch Männer, aber das Verhältnis ist das Gegenteil von dem, was die Intuition vermuten lässt. Aber es gibt auch Männer, die sich eine Auszeit nehmen, um im Wald zu jagen. Und die werden von den Uniformierten respektiert und willkommen geheißen. Und diejenigen, die Menschen retten, müssen sich verstecken. Deshalb sprechen einige der Helden und Heldinnen anonym. Aber ich hoffe, es wird eine Zeit kommen, in der sie über alles reden können."
Für das viele Geld, das der Staat ausgab zur „Grenzsicherung“ hätten Zentren entstehen können, in die Geflüchteten aufgenommen werden und entsprechende Prozeduren stattfinden.
Es ist vorhersehbar, dass es zu Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen kommen wird, wenn wir sie hereinlassen. Die wird es geben, ganz sicher. Aber wozu ist der Staat da? Ich glaube, er soll uns das Zusammenleben und die Entwicklung erleichtern. Aber unser Staat lebt leider davon, dass man ihn angreift. Die Menschen in Podlasie verstecken Menschen im Wald. Sie verwenden Holocaust-Vergleiche, um das zu beschreiben. Dieses Vokabular funktioniert dort. Sie haben diese Assoziationen und waren sich nicht sicher, ob das legitim ist. Aber es gibt keine Legitimation dafür.
Polityka, 8.6.2023
Wie Polen ihre Umwelt (nicht) schützen
Zwei Drittel der Polen geben an, dass sie sich über das Risiko der Wasserverschmutzung Sorgen machen, aber nur 8 Prozent haben nach der jüngsten Oder-Katastrophe 2022 ihr ökologische Verhalten verändert. Dies geht aus der jüngsten Welle der EKObarometer - Umfrage hervor, die von SW Research in Verbindung mit der Kampagne „Operation Saubere Flüsse“ durchgeführt wurde. Am 5. Juni begehen wir den Weltumwelttag. Dies ist eine gute Gelegenheit, unsere Einstellung zur Ökologie zu überdenken.
Die Freude am Kontakt mit der Natur, die im Frühling und Sommer besonders beliebt ist, kann durch störende Phänomene, die wir in unserer natürlichen Umgebung beobachten, gestört werden. Die größte Sorge, so 69 % der Polen, sind Abfälle und Müll, die in Wäldern oder Parks hinterlassen werden. An zweiter und dritter Stelle nennen die Befragten Bereiche im Zusammenhang mit Gewässern - Wasserverschmutzung, treibende Abfälle (64 %) und tote Tiere, einschließlich Fische (59 %). Fast ebenso häufig (57 %) sind wir über ausgelaufene Kraftstoffe, Abwässer aus der Kanalisation und andere Industrieflüssigkeiten besorgt.
In diesem Zusammenhang sind die Erklärungen der Polen zu aktuellen oder früheren Maßnahmen, wenn alarmierende Veränderungen in unserem Ökosystem beobachtet werden, rätselhaft. Es zeigt sich, dass fast jeder Vierte von uns (23 %) nichts unternimmt. Weniger als die Hälfte (46 %) beschließt, die örtlichen Behörden (z. B. den Bürgermeister, die Gemeinde) zu benachrichtigen, und jeder Dritte (33 %) nimmt das "schmutzige Geschäft" selbst in die Hand und beseitigt den Abfall auf eigene Faust. Interessant ist, dass das Vertrauen in die Medien (14 %) und die öffentlichen Reinigungsdienste (9 %) in derartigen Situationen relativ gering ist.
ngo.pl, 5.6.2023
Bereits Anfang Mai meldeten Abgeordnete aus der Partei Die Linke aus Oberschlesien:
Seit gestern (30.4.2023) beobachten wir ein Fischsterben in der Oder bei Januszkowice, etwa einen Kilometer unterhalb der Mündung des Gliwice-Kanals in die Oder. Der Mechanismus ist dem im Czernica-Stausee in der Nähe von Wroclaw sehr ähnlich, an den Fischen werden ähnliche Symptome beobachtet: beschädigte Kiemen, rosa-rote Färbung an den Seiten. Die Informationen wurden der parlamentarischen Gruppe für die Renaturierung der Oder (Anita Kucharska-Dziedzic, Abgeordnete, und Tomasz Anisko, Abgeordneter) sowie der Abgeordneten aus Gliwice, Wanda Nowicka, von Herrn Grzegorz Marcinkiewicz übermittelt, der den Kanal für Angelsport auf YouTube https://www.youtube.com/@wyhaczone betreibt. Herr Grzegorz weist auch darauf hin, dass tote Fische bereits früher, um den 20.April, aufgetaucht sind. Andererseits zeigen Fotos, die das Team an diesem Tag mit einer "freundlichen Drohne" aufgenommen hat, dass der Schaum aus dem Dzierzno-Stausee abfließt und sich z.B. in Ujazd ansammelt. Wie man sehen kann, beginnen sich unsere Befürchtungen über eine neue Katastrophe leider zu bestätigen, insbesondere im Zusammenhang mit den jüngsten Erklärungen der PGW Wody Polskie (Polnische Wasserwirtschaftsbehörde) sowie den Antworten auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Kucharska-Dziedzic und einer Gruppe von Abgeordneten vom 23.März 2023 über die Arbeit des Krisenmanagementteams im Ministerium für Infrastruktur, die eindeutig darauf hinweisen, dass sie nicht in der Lage sind, die Situation zu bewältigen.
Monika Falej, Abgeordnete, und andere
Natur – Flüsse Rechtspersonen?
Eine Diskussion von Wissenschaftlern fand an der Uni Viadrina statt. Die Idee des Rechts sei es, Menschen Gestaltungsspielräume zu schaffen und bei Konflikten zu vermitteln. Und so könne es auch für die Natur gelten, wenn sie als Rechtssubjekt anerkannt werde. „Die Idee ist, dass die Natur Trägerin ihrer eigenen Rechte sein kann“, so Gutmann, der am DFG-Projekt „Natur als Rechtsperson“ mit forscht. Wie diese Rechte konkret aussehen können, müsse definiert werden. Vorstellbar sei bei einem Fluss das Recht, dass das Gewässer fließen kann. Oder das Recht, dass der Fluss in seiner Ökologie nicht zerstört werden darf. „Wenn die Natur den Titel als Rechtsperson erhält, kann sie vor Gericht auch vertreten werden“, führte Gutmann weiter aus. Ein Problem, welches dabei augenscheinlich ist, seien die unterschiedlichen Interessen an der Natur. Die Initiative „Osoba Odra“, die aktuell mit einem Marsch an der Oder auf die verheerende ökologische Situation aufmerksam machen will, hat sich darüber bereits Gedanken gemacht. Vertreten werden könne der Fluss etwa über eine Kommission, die aus mehreren Interessengruppen bestehe: aus regionalen Vertreterinnen und Vertretern, Ämtern und gesellschaftlichen Organisationen.
Dass ein Paradigmenwechsel gegenüber der Natur funktionieren kann, zeigt sich in anderen Ländern, insbesondere durch das Engagement indigener Völker in Südamerika. So halfen Initiativen in Ecuador, die Natur neu zu definieren und in die Verfassung aufzunehmen.
Im Sommersemester 2023 leitet die Kultursoziologin PD Dr. Estela Schindel das Seminar „Die Oder als juristische Person? Zur (Rechts-)Subjektivität von Flüssen und Natur“.
www.europa-uni.de, 24.5.2023
Wieder tote Fischer nördlich des Oderbruchs
„Im Binnenkanal zwischen Gryfino und Mescherin sind erneut tote Fische gefunden worden. Ich werde an den Woiwoden schreiben, damit er dringend vorbeugende Maßnahmen ergreift. Es könnte wieder zu einer ökologischen Katastrophe kommen. Darauf haben unsere Wissenschaftler hingewiesen, wir haben mit den Marschällen der polnischen Regionen darüber gesprochen. Sofortiges Handeln ist erforderlich!“, rief am 2.Juni 2023 der Marschall der Woiwodschaft Westpommerns, Olgierd Geblewicz. Mehr als 90 kg Fisch wurden bereits von Fischern der Fischereigenossenschaft Regalica eingesammelt und zur Entsorgung geschickt.
www.igryfino.pl, 3.6.2023
Bergbau "Sole" zerstört Flüsse.
Das Oder-Sondergesetz wird daran nichts ändern, Umweltschützer sind enttäuscht
Die Regierung will die Bergbauunternehmen dazu bewegen, in die Begrenzung der Einleitung von "Sole" in die durch Schlesien fließenden Flüsse zu investieren. Die Unternehmen sind von dieser Idee nicht sehr begeistert, denn obwohl für die Entsorgung von salzhaltigem Wasser höhere Gebühren anfallen, scheinen die Anforderungen des Entwurfs des Sondergesetzes zur Oder nicht übermäßig hoch zu sein. Die Frage ist, ob sich die Bekämpfung der Goldalgen in diesem Sommer als schwieriger erweisen wird. In den Gewässern des Gleiwitzer Kanals ist der Kampf gegen diese fischtötende Alge bereits im Gange.
„Die Oder ist heute der am besten überwachte Fluss in Europa“, behauptet Anna Moskwa, Ministerin für Klima und Umwelt. Nach Angaben des Ministeriums, dem sie vorsteht, werden die Oder und der Gleiwitzer Kanal derzeit an 27 festen Punkten überwacht. An diesen Punkten werden zweimal wöchentlich Wasserproben entnommen und einmal wöchentlich Tests auf Goldalgen durchgeführt. Darüber hinaus wird an neun Stellen eine automatische 24-Stunden-Pilotüberwachung der Wasserqualität durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Messungen werden online hochgeladen und stündlich auf einem von der Obersten Umweltinspektion eingerichteten Portal präsentiert.
Wiederholte Überschreitungen des Salzgehaltes sind alltäglich. Wie oft ist das Wasser im Gleiwitzer Kanal in den letzten zehn Monaten unter den zulässigen Leitfähigkeitswert gefallen? Nun, kein einziges Mal. Bei der Überprüfung der Ergebnisse aufeinander folgender Messungen in der Marina Gliwice, in Plawniowice, Rudziniec und Pyskowice haben wir keinen einzigen solchen Fall festgestellt. An der Messstelle am Fluss K?odnica ist der Fall identisch – von August letzten Jahres bis Ende Mai wurde dieser Parameter ständig überschritten. - Es folgen einzelne Werte.
Wie man unschwer erkennen kann, ist das, was auf dem Klodnica- und dem Gliwice-Kanal an uns vorüber fließt, um ein Vielfaches salzhaltiger als die Norm für Flüsse, die an ihren Mündungen ins Meer dem Salzgehalt aus dieser Quelle ausgesetzt sind.
Je näher wir dem Sommer kommen, desto mehr wird die Frage aufgeworfen, ob sich das Szenario des letzten Jahres wiederholen könnte. Umweltschützer warnen, dass die Kombination aus heißem Wetter, hohen Temperaturen und wenig Wasser im Fluss, seinem hohen Salzgehalt und dem Vorkommen von Goldalgen erneut tödliche Auswirkungen auf die Flussumwelt haben könnte.
Das Ministerium für Klima und Umwelt beruhigt vorerst und versichert, dass im Gleiwitzer Kanal und in den alten Flussbetten der Oder zwar vereinzelt Goldalgen vorkommen, aber nirgendwo eine Blüte gefunden wurde. Seit Anfang dieser Woche wird am Gleiwitzer Kanal unter Beteiligung von Feuerwehrleuten und militärischen "Chemikern" versucht, mit einem Wasseraufbereitungsmittel diese Alge zu neutralisieren. Wie wirksam es ist, soll in den nächsten Tagen durch Tests im Labor der Generalinspektion für Umweltschutz geklärt werden.
Für die Umweltschützer ist dies jedoch eine Behandlung der Symptome, nicht der Ursachen. Greenpeace Polen fordert eine Senkung der zulässigen Grenzwerte für Chlorid und Sulfatkonzentrationen im Wasser, das von den Bergwerken in die Flüsse eingeleitet wird, eine Überprüfung der den Bergbauunternehmen erteilten Wassergenehmigungen und die Einführung moderner Methoden zur Entsalzung von Grubenwasser durch die Bergbauunternehmen.
Wie die Pressekonferenz mit den Verantwortlichen dieser Unternehmen in dieser Woche zeigte, ist Letzteres unwahrscheinlich. Die Vertreter der Industrie begründeten dies in erster Linie mit den hohen Kosten für solche Anlagen.
www.slazag.pl/magazyn, 2.6.2023
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