Frankfurt am Main: Westend, 2023. 240 S., 25 Euro
von Peter Nowak
Am 24.April wurde Mumia Abu-Jamal 69 Jahre alt. In vielen Städten gab es aus diesem Anlass Veranstaltungen mit dem neuen Buch, das unter dem Titel Texte aus dem Todestrakt kürzlich im Frankfurter Westend-Verlag erschienen ist. Darin sind größtenteils Texte von Mumia veröffentlicht, die bislang noch nicht auf deutsch erschienen waren.
In den USA hat Richterin Lucretia Clemons vom Common Pleas Court in Philadelphia den Antrag des US-Journalisten auf einen neuen Prozess abgelehnt. Damit haben sich Hoffnungen auf seine Freilassung in absehbarer Zeit zerschlagen.
Überraschend kommt die Ablehnung nicht, sie hatte sich durch Entscheidungen in den Vorinstanzen abgezeichnet. Dennoch sprechen Aktivist:innen des weltweiten Solidaritätsnetzwerks für Mumia Abu-Jamal von einem herben Rückschlag.
Mumia war im Sommer 1982 aufgrund fragwürdiger Beweise wegen angeblichen Mordes an einem Polizisten zum Tode verurteilt worden. Eine weltweite Solidaritätsbewegung sorgte dafür, dass die Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde.
Doch weil lebenslänglich in den USA bedeutet, dass die Verurteilten bis zum Lebensende das Gefängnis nicht verlassen können, war damit für Mumia und seine Unterstützer:innen der Kampf noch nicht beendet. Seitdem will die Solidaritätsbewegung erreichen, dass mit einem neuen Prozess Mumias Unschuld bewiesen werden kann.
Mumia Abu-Jamal hat seine Beteiligung von Anfang an bestritten. In Laufe der Jahrzehnte konnte bewiesen werden, dass der zuständige Richter, der ihn schuldig gesprochen hatte, alles getan hat, um ein faires Gerichtsverfahren zu verhindern – im Dezember 2018 wurden im Gerichtsgebäude Dokumente gefunden, die Mumia entlasten und von der Staatsanwaltschaft nicht weitergeleitet wurden.
Doch Richterin Lucretia Clemons entschied, dass die Dokumente für eine neue Beweisanhörung nicht ausreichen. Das wäre notwendig gewesen, damit es zu einen neuen Prozess kommen kann. Sie räumte ein, Mumia sei in den Prozessen durch eine rassistische Auswahl der Geschworenen benachteiligt worden. Damals wurden Personen mit schwarzer Hautfarbe gezielt von der Jury ausgeschlossen. Diesen Sachverhalt hätte Mumia aber in den 90er Jahren vorbringen müssen, erklärte die Richterin, nun sei er verjährt.
Jurist:innen widersprachen und verwiesen darauf, die gezielte Diskriminierung von schwarzen Geschworenen habe erst durch die Aktenfunde 2018 bewiesen werden können.
Mit ihrer Entscheidung setzte sich die Richterin in zwei Punkten über die aktuelle Rechtssprechung hinweg: Der Nachweis, dass es eine rassistische Diskriminierung von Geschworenen gibt, reiche, um ein Urteil aufzuheben.
Auch der Nachweis, dass die Staatsanwaltschaft entlastende Dokumente zurückhält, mache ein Urteil ungültig. Es hätte also aufgehoben und Mumia freigelassen werden müssen.
Das ist auch das Ziel der Solidaritätsbewegung für Mumia, die seit 40 Jahren besteht. Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat viel dafür getan, dass das Interesse für Mumias Schicksal auch bei einer jungen Generation wachgehalten wurde.
Kurz nach dem Bekanntwerden des Spruchs der Richterin gab es in den USA Proteste; rund um den 69.Geburtstag von Mumia waren auch in anderen Ländern Aktionen geplant.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.