Von ›Umweltterroristen‹ und rechten Kavaliersdelikten
von Gerhard Klas
Bekenntnisse von Regierungspolitikern hören sich manchmal gut an, bleiben besonders dann aber ohne Konsequenz. Wenn die größte Terrorgefahr tatsächlich von rechts ausgeht, muss man sich schon fragen, warum dann ausgerechnet die Hausdurchsuchungen bei der Letzten Generation stattfinden und die Aktivist:innen der Klimabewegung trotz aller Transparenz und Offenheit als »kriminelle Vereinigung« eingestuft werden können.
Die Durchsuchungen bei Reichsbürgern erweckten zwar den Eindruck, als sei es der Ampel-Regierung kurzfristig ernst gemeint gewesen. Aber es ist noch nicht so lange her, da sind rechtsextreme Netzwerke bei Polizei und Militär aufgeflogen. Bei der Eliteeinheit KSK, deren 2.Kommandokompanie wegen rechtsextremer Umtriebe 2020 aufgelöst wurde, fehlen bis heute 85000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff. Verurteilungen wegen krimineller oder terroristischer Aktivitäten? Fehlanzeige. Mit dem Krieg in der Ukraine erfährt die KSK im Gegenteil eine neue Wertschätzung und soll ausgebaut werden, sie sei unverzichtbar, heißt es nun bei der Ampel-Regierung, die die KSK als rehabilitiert betrachtet.
Die Ampel-Regierung folgt einem politischen Koordinatensystem, das trotz aller Lippenbekenntnisse rechtsterroristische Umtriebe in den Institutionen, wenn überhaupt, nur nachlässig verfolgt, während sie junge Aktivist:innen, die sich zu Recht um ihre Zukunft sorgen, wegen temporärer Staus und geringfügiger Eingriffe in die fossile Logistik als Staatsfeinde und Kriminelle behandelt. Sie übt keine Kritik am absurden Vorgehen des bayerischen Freistaats, denn Urheber der jüngsten Repressionswelle sind die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt, die Ermittlungen liegen bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus.
Die in Bayern regierende CSU befindet sich im Landtagswahlkampf und behauptet bis heute wider besseren Wissens, dass es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung handelt. Die regelmäßige Anwendung der Präventivhaft, rechtlich möglich durch neue Polizeigesetze, die ähnlich auch in anderen Bundesländern erlassen wurden, ermöglicht es Beamten sogar, Aktivist:innen aus ihren Wohnungen zu schleifen, wie jüngst in Regensburg geschehen. Leidenschaftliche Autofahrer:innen werden es im Herbst der CSU mit ihrer Stimme zu danken wissen. Und natürlich die Autoindustrie.
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