Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 09/2023

Hauptsache, die Hetze passt
von Violetta Bock

Im Sommerinterview lobte der hessische Ministerpräsident Beuth die grausamen innenpolitischen Vorschläge von Nancy Faeser. Aber nein, die Bundesinnenministerin ist nicht von der CDU, sondern die Spitzenkandidatin der SPD für Hessen. Er kritisiert lediglich, dass sie nur ankündige und nicht umsetze.

Sie gefällt sich in der Rolle der Stimmungsmacherin und Hardlinerin: Woche für Woche kommen neue Vorschläge. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die faktische Aushebelung des Asylrechts auf EU-Ebene, war eines ihrer Projekte.
Stichwort »Clankriminalität«. Faeser schürt die rassistische Abschiebepolitik. Angehörige von Straftätern sollen ohne irgendeine Verfehlung abgeschoben werden. Viele dieser Menschen haben einen deutschen Pass, das ist nicht wichtig: Hauptsache, die Hetze passt. Hans-Georg Maaßen lehnte diesen verfassungswidrigen Ansatz als Sippenhaft ab – Faeser will ihn durchziehen. Das Hantieren mit den Begriffen »Clans«, »konsequente Abschiebepolitik« ist Futter für den rechten Stammtisch.
Eine aktuelle Studie untersucht, wie »seit gut zehn Jahren bestimmte Gruppen arabischer Eingewanderter, als ›arabische Clans/Großfamilien‹ bezeichnet, aus dem ›deutschen Wir‹ herausdefiniert und als kriminell agierender Verwandschaftsverband dargestellt werden« (Migazin, 8.3.2023).
Wovon das ganze ablenken soll: von »Clans« wie dem der Familie Walton, Inhaber von Walmart, die 2022 einen Umsatz von mehr als 570 Milliarden Dollar machten. Weder die Familien Albrecht (Aldi), Bahlsen oder Quandt, noch die Netzwerke rund um Machtmenschen wie Habeck und anderen, die den Staat wirklich Millionen kosten. Kein Wunder, gegen die steigende Ungleichheit ist die Ampel nicht gewillt vorzugehen. Sie ist Nutznießerin einer rassistischen, rot-grün übermalten Politik.
Im August machte Faeser weiter: Der Ausreisegewahrsam soll von zehn auf 28 Tage erhöht werden. »Zur Verbesserung der Rückführung« sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden. Dabei sind schon jetzt 50 Prozent der Abschiebefälle nachweislich und gerichtlich festgestellt rechtswidrig, worauf Pro Asyl hinweist. Aus der SPD gibt es daran keine Kritik.
Rechte stoppt man nicht, indem man ihre Forderungen übernimmt. Zur Ablenkung wird die Migrationsdebatte gerne weiter angefeuert. Sonst würde über Fluchtursachen gesprochen, darüber warum sich 2022 108 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht befanden. Oder warum etwa Sozialarbeiter:innen und Erzieher:innen ihrem Berufsfeld entfliehen. Da war ja was. Nancy Faeser hatte in der Tarifrunde öffentlicher Dienst die Verhandlungen für den Bund geführt und sich offensiv gegen ihre Forderungen gestellt…

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