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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2023

Eine Herausforderung für die IG Metall
von Heinrich Neuhaus

Die Bekämpfung von Betriebsräten (BR) und Gewerkschaften ist nicht neu im Kapitalismus. Auch in der »sozialen Marktwirtschaft« der BRD greift sie immer mehr um sich. Das Gerede von »Einzelfällen« hatte lange auch in gewerkschaftlichen Kreisen Konjunktur, gerne in Verbindung mit dem bis heute nicht völlig verstummten Geraune, die gemobbten BR-Mitglieder seien wegen ihres »unbotmäßigen« Verhaltens selbst an ihrer Lage schuld.

Die Defensive der Gewerkschaften nutzt die Gegenseite zunehmend, um gegen aktive Betriebsräte vorzugehen und gewerkschaftlichen Einfluss weiter zurückzudrängen.
Der aktuelle Skandal bei ProMinent wirft ein grelles Licht auf die »Sozialpartnerschaft« hierzulande. 2022 wurde dort der bisherige IGM-Betriebsrat zerschlagen und durch ein unternehmenshöriges Gremium ersetzt. Miteigentümer und Mitglied der Geschäftsführung des Heidelberger Dosierpumpenherstellers ist Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) (siehe S.16).
Nur ein Bruchteil der Fälle von BR-Mobbing wird bekannt. Mit »Verdachtskündigungen«, Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird gegen engagierte Betriebsräte und gegen Betriebsratsgründungen vorgegangen. Gesundheitlich ruinierte Kolleginnen und Kollegen, traumatisierte Familienangehörige, zerstörte berufliche Existenzen und nicht zuletzt verängstigte Belegschaften sind die Folgen.
Dennoch bleiben die hierfür verantwortlichen Manager, ihre Helfershelfer aus Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen, Detekteien und den Reihen gefügiger »Betriebsräte« bislang meist straffrei. Verantwortliche in Politik, Justiz, Medien und leider auch in manchen betrieblichen und gewerkschaftlichen Strukturen nehmen diese massive Verletzung von Grund- und Menschenrechten entweder gar nicht wahr oder spielen sie als »atypisch« herunter.
Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 2015 wurde der wegweisende Antrag der Mannheimer IGM »Aktiv gegen Mobbing von Betriebsräten« beschlossen. Kernpunkte dieses Beschlusses waren die Verpflichtung zur:
– Berichterstattung in den Medien der IGM über aktuelle Fälle von BR-Mobbing und systematische Hintergrundanalyse,
– Bereitstellung ausreichender politischer, rechtlicher und organisatorischer Kapazitäten durch den Vorstand, um Betroffene sowie gewerkschaftliche Strukturen bei der Gegenwehr wirksam beraten und unterstützen zu können,
– Initiierung gewerkschafts- und länderübergreifender Aktivitäten gegen Gewerkschaftsbekämpfung und BR-Mobbing,
– Unterstützung gewerkschaftsnaher Initiativen gegen BR-Mobbing und deren Vernetzung,
– Einwirkung auf den Kapitalverband Gesamtmetall, BR-Mobbing durch dessen Mitgliedsfirmen zu unterbinden,
– Unterbindung von »Verdachtskündigungen« und Einführung der Unschuldsvermutung auch im Arbeitsrecht.
Die Umsetzung dieses Beschlusses ist jedoch – trotz des unbestreitbaren Engagements insbesondere der IGM »Anlaufstelle Union Busting« – bisher nicht konsequent und deshalb nur teilweise erfolgreich. Im Geschäftsbericht des IGM-Vorstands für den bevorstehenden Gewerkschaftstag ist daher zu lesen: »Im Organisationsbereich der IG Metall häufen sich die Fälle von Arbeitgeberangriffen auf die gewerkschaftliche Macht und die Mitbestimmung im Betrieb.«
Die IG Metall ist im DGB der Vorreiter bei der Bekämpfung von BR-Mobbing. Aber es wäre falsch, die Augen vor offenkundigen Hemmnissen zu verschließen und sich nicht für deren Überwindung einzusetzen. In diese Richtung gehen auch drei Anträge zum Gewerkschaftstag: für besseren »Schutz für Initiator:innen einer Betriebsratsgründung«; für verstärkten Kampf gegen Union Busting; und für die »Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften« gegen BR-Mobbing.

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