An den Rand notiert
von Rolf Euler
Dieser Ruf ertönt vom Chef der Wohnungsgesellschaft LEG, die in Deutschland rund 167000 Wohnungen vermietet. Herr van Lackum sagt, dass »die Mieten deutlich steigen werden« in einer Zeit, in der in allen Städten kaum noch Wohnungen im unteren Preisbereich zu finden sind.
Mietangebote in den Großstädten werden mit Hunderten von Anfragen überhäuft, Schlangen von Wohnungssuchenden stehen bei Besichtigungsterminen vor der Tür. Vor allem Niedrigverdienende, alleinstehende Frauen mit Kindern, Nichtdeutsche haben oft keinerlei Aussicht auf bezahlbaren Wohnraum.
Die LEG ist nach Vonovia eine der großen privaten Hauseigentumsgesellschaften. Ihre Geschichte ist bezeichnend: LEG hieß früher Landesentwicklungsgesellschaft und gehörte dem Land NRW. 1970 wurde sie nach dem Zusammenschluss mehrerer gemeinnütziger Wohnungsunternehmen so genannt. Dazu gehörten etwa die Rheinische Heim GmbH aus Bonn, die Siedlungsgesellschaft Rote Erde aus Münster, die Westfälische Lippe Heimstätte GmbH in Dortmund sowie die Rheinische Heimstätte GmbH aus Düsseldorf. Die Verwaltung eines Grundstücksfonds Ruhr wurde der LEG treuhänderisch übertragen. 1987 wurden 38000 Wohnungen von der abgewickelten Neuen Heimat übernommen. Damit hatte das Land NRW eine große Zahl an Sozialwohnungen zur Verfügung.
2006 beschloss die CDU-FDP-Regierung unter Ministerpräsident Rüttgers den Verkauf der Landesanteile von knapp 70 Prozent an der LEG. Gegen massive Proteste von Mieterverbänden, Mietern und Gewerkschaften wurde die Privatisierung durchgezogen. Eine Initiative für einen Volksentscheid erhielt nicht die nötige Zahl von Unterschriften.
Die LEG wurde an die von der US-Bank Goldman Sachs betriebenen Grundstücksfonds verkauft. Damit gehört sie in eine Reihe mit den an die Deutsche Annington verkauften Bergarbeiterwohnungen, Eisenbahnerwohnungen und weiteren Sozialwohnungsbestände, die die Kommunen und gemeinnützige Wohnungsunternehmen verscherbelten. Alle diese Wohnungen waren zwar mit Sozialauflagen belegt, die aber nach Jahren ausgelaufen sind. Daher sind sie heute am »normalen« Wohnungsmarkt und so ist ehemals »gemeinnützig« heute »kapitalnützig«.
Die LEG ging an die Börse und wandelte sich in eine Aktiengesellschaft nach Europäischem Recht um. Ihre größten Aktionäre sind BlackRock und der MFS-Konzern aus den USA – Merz lässt grüßen… Der Vorsitzende der LEG betonte, die Mieten sollen »so stark wie regulatorisch möglich« steigen – die 5 Prozent Rendite aus 2022 reichen den Fondsmanagern nicht.
Wenn heute Krokodilstränen über fehlende Sozialwohnungen vergossen werden, hat das in der damaligen Privatisierung seinen Ursprung, und setzt sich durch mangelnden Neubau fort. So gab Vonovia bekannt, dass sie in diesem Jahr die geplanten 60000 Wohnungen nicht bauen würden.
»Enteignen!«
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