Eine humorvolle, kurzweilige Comic-Reihe aus dem All
von Kai Böhne
Guillaume Perreault: Der Weltraumpostbote. Kassel: Rotopol, 2023. 144 S. in Farbe, 18 Euro
Guillaume Perreault: Der Weltraumpostbote. Die Motoräuber. Kassel: Rotopol, 2023. 152 S. in Farbe, 18 Euro
Postboten sind bei Wind und Wetter im Einsatz. Der Beruf erfordert körperliche Fitness und Findigkeit, denn ihre Aufgabe besteht darin, Briefe und Pakete an deren Adressaten auszuliefern. Die offizielle Berufsbezeichnung des Ausbildungsberufs lautet: Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen.
Der in Québec lebende Grafiker und Comic-Autor Guillaume Perreault widmet sich dem interessanten und abwechslungsreichen Alltag eines Zustellers in einer humorvollen Comic-Reihe. Dazu schickt er seinen Helden, den Weltraumpostboten Bob, auf Abenteuer zu den entlegensten Planeten im All.
Im ersten Band ist der Gewohnheiten liebende Bob enttäuscht, als er von einer Planänderung erfährt: Sein Chef, ein multitaskender Krake, hat die Fahrtrouten umgestellt. Bob soll jeden Tag eine andere Runde übernehmen. Am ersten Tag hat er fünf Lieferungen in unbekannten Gegenden auszufahren.
Während er sein kugelrundes Raumschiff reinigt, belädt und tankt, ahnt er noch nicht, welche Widrigkeiten in den nächsten Stunden auf ihn warten: Er hat mit sintflutartigem Regen zu kämpfen und muss umherfliegendem Geröll ausweichen, um sein Fluggerät zu schützen. Als er sich bei seiner dritten Zustellung eine Brotzeit gönnt, will ihm eine hungrige Hundemeute ans Leder. Bei seinem vierten Auftrag weigert sich der Empfänger, ein Einschreiben zu quittieren, und bei der Auslieferung seines fünften Pakets hätte Bob sich fast verlaufen. Wie Bob mit den Herausforderungen umgeht und ob er am Ende seine alte, vertraute Route zurückverlangt, wird im ersten Band des Weltraumpostboten geklärt.
Neue Herausforderungen
Ob Guillaume Perreault Raucher ist, wissen wir nicht. Ob auf seinem Zeichentisch ein überquellender Aschenbecher steht oder ob es ihm gelungen ist, den glimmenden Nikotinstengeln zu entsagen, ist nicht bekannt. Im ersten Band raucht Bobs Chef, der Krake, kräftig und hält auf mehreren Bildern eine Zigarette in einer seiner Tentakeln, mit den anderen Fangarmen ordnet er Klemmbretter und macht Eingaben in einem Computer. Auffällig sind Bobs Extremitäten, sie erinnern an filterlose Zigaretten. Ob Perreault hier eine grafische Metapher versteckt, wird vorerst nicht aufgelöst.
Im zweiten Band raucht der Krake nicht mehr, sondern hält eine Kaffeetasse mit einer Tentakel, während er Bob darauf vorbereitet, dass ihn Marcella, eine Kollegin in Ausbildung, begleiten wird. Marcella und Bob haben in dieser Folge nur einen einzigen Brief zuzustellen. Bevor sie starten, stärken sie sich mit einem Nudelgericht. Die angegebene Adresse ist schnell gefunden, doch dort steht kein Haus mehr. Der Adressat, Herr König, ist verzogen auf den Planeten Kronon 3 am anderen Ende der Galaxis. Auf dem Weg dorthin erregen die beiden Zusteller die Aufmerksamkeit einer Gruppe gesetzloser Motoräuber, die sich besonders für den zuzustellenden Brief interessieren. Kann die von Marcella zu Hilfe gerufene Planetenpolizei ihnen helfen? Das klärt sich im humorigen zweiten Band. Starke grafische Elemente und detailreiche Zeichnungen, in denen es viel zu entdecken gibt, überzeugen bei einem Zwischenstopp auf einem Speiseeis-Planeten.
Der Verlag
Falls nun einige unserer Leser:innen meinen, sie seien der Comic-Lektüre längst entwachsen, dann seien ihnen die phantasievoll gezeichneten Episoden von Bobs originellen Zustelltouren dennoch wärmstens ans Herz gelegt, um ihre Enkelinnen und Enkel unterhaltsam ans derzeit weniger hippe Hobby Briefe schreiben und Marken sammeln heranzuführen.
Die Abenteuer des Weltraumpostboten Bob sind nur eine von zahlreichen eigenwilligen vom Rotopol Verlag aufbereiteten Geschichten. Für ihre außergewöhnliche kleinverlegerische Arbeit, insbesondere ihre buchgraphischen Leistungen, erhielt die Verlegerin Rita Fürstenau im Frühjahr 2023 den V.O.Stomps-Hauptpreis der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz.
»Mit viel Einfallsreichtum und individueller Handschrift« wird jedes Buchprojekt geboren, lobte Laudatorin Christiane Goebel. Dieser kreative Herstellungsprozess wirke auch auf die Abläufe im Verlag zurück, der immer wieder neue Wege beschreite. Enge Zusammenarbeit, Vernetzung und Austausch mit den Künstlerinnen und Autoren bilde laut Goebel »einen Grundpfeiler des Verlagskonzepts«.
Guillaume Perreault arbeitet bereits an weiteren Abenteuern seines Postzustellers Bob. Wir dürfen gespannt sein. Mögen die originellen Zeichnungen und kurzweiligen Kreuzfahrten im Kosmos weiteren jüngeren Leser:innen gefallen, damit ihnen beim Beruf eines Mannes mit Namen Bob zuerst der findige Bote im All und nicht der hämmernde Baumeister einfällt.
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