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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2024

Arbeitskampf bei Tesla in Schweden und in Brandenburg
von Hermann Dierkes

Der US-Elektrofahrzeugkonzern Tesla stellt sich mit seiner Arbeitsproduktivität, seinen Produkten und seiner Profitabilität als Spitzenreiter dar. Der Konzern mit Herrn Musk am Ruder hat dafür das passende Rezept: Seine Entgeltbedingungen liegen an allen Standorten unter dem Branchendurchschnitt, die Arbeitsbedingungen sind unfallträchtig und gesundheitsgefährdend.

Betriebliche Mitbestimmung gibt es nicht, gewerkschaftliche Organisierung wird bekämpft und Tarifverträge werden strikt abgelehnt. Schutz von Personaldaten? Fehlanzeige. Von Beschäftigten, die öfter krank waren, verlangt Tesla, dass sie ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Das Tesla-System wurde in den letzten Monaten sogar von bürgerlichen Medien nach betrieblichen Nachforschungen im Stile von Günther Wallraff aufgedeckt und öffentlich gemacht (siehe SoZ 11/23). Dass die betrieblichen Verhältnisse auch auf die Produktqualität gehen, wird immer deutlicher. Der TÜV gab laut Spiegel unlängst bekannt, Tesla-E-Autos zählten zu den störanfälligsten.
Am deutschen Standort Grünheide (Brandenburg) – mit 11000 Beschäftigten »aus aller Herren Länder« nach willfähriger politischer Unterstützung und einer skandalösen Genehmigungsprozedur seit März 2022 in Betrieb – kann die IG Metall jetzt erste Organisationserfolge verzeichnen. Nach einer Aktionswoche für sichere und gerechte Arbeit hat sie über tausend Mitglieder gewonnen. Unmittelbar danach kündigte Tesla einseitig Lohnerhöhungen an, die nach Einschätzung der IG Metall allerdings keine Tarifregelung ersetzen. Die Entgelte liegen immer noch unter dem Branchendurchschnitt, die Lohnfindung ist weiter mitbestimmungsfrei und willkürlich.
Das nächste Ziel ist laut Bericht in der Mitgliederzeitung Metall vom November/Dezember 2023 »die Wahl eines Betriebsrats, der die Interessen der Beschäftigten vertritt«. Der jetzige stammt noch aus der Gründungsphase, als erst wenige Beschäftigte im Unternehmen angefangen hatten; er ist handzahm und eher der verlängerte Arm der Geschäftsführung. Die Wahlen sollen im Februar nächsten Jahres stattfinden – eine Herausforderung für die IG Metall angesichts der laufenden Behinderungen ihrer Arbeit und der Drohungen gegen die Kandidaten. Die IG Metall koordiniert ihre Arbeit mit einem »Tesla-Team«.

Bei Tesla Schweden wird gestreikt
Beim Tesla-Betrieb TM Schweden will die Gewerkschaft IF Metall seit Ende Oktober Tarifregelungen erstreiken. Sie erhält von anderen Gewerkschaftsorganisationen Unterstützung, weil klar ist: Setzt sich Tesla mit seiner Schmutzkonkurrenz durch, hätte das sehr negative Folgen für den gesamten Automobilbereich und darüber hinaus.
Im November blockierte z.B. der Transport- und Hafenarbeiterverband die Entladung von Tesla-Fahrzeugen. Die Gewerkschaft im Reinigungsbereich solidarisiert sich und reinigt keine Werkstätten und Büros mehr. Die Elektrikergewerkschaft hat ihre Mitglieder aufgerufen, Reparatur- und Ladestationen zu bestreiken. Die Gewerkschaft Seko handelt keine Postsendungen (z.B. Autokennzeichen) für Tesla mehr, die Malergewerkschaft bestreikt in über hundert Werkstätten Maler- und Lakierarbeiten. Die Baugewerkschaft bestreikt alle Bautätigkeiten für Tesla. Seit dem 5.12. führt die dänische Transportgewerkschaft keine Tesla-Transporte mehr nach Schweden durch.
Aus einem längeren Interview der großen Tageszeitung Dagens Nyheter vom 7.12.23 mit einem seit über vier Wochen streikenden Gewerkschaftsaktiven aus einer Tesla-Werkstatt in Umeå geht hervor, wie willkürlich dort die Lohnverhältnisse sind und wie mit allen Mitteln versucht wird, gewerkschaftliche Arbeit zu behindern. Viele Beschäftigte haben immer noch Angst sich zu wehren. Häufig wird gegen Arbeitsschutz verstoßen, Gefährdungs- und Belastungsbeurteilungen gibt es nicht.
Es gibt eine Lohnstaffel von 1 bis 5 und allein das Management vergibt die Punkte für jeden einzelnen Beschäftigten. Mit einer Unzahl von Überstunden wird Personalmangel ausgeglichen und die Beschäftigten damit gelockt, besser zu verdienen. Wer nur auf 1 oder 2 Punkte kommt, wird schnell entlassen. Die Überstundenzuschläge seien etwas höher als in den Tarifverträgen der Branche. Es gibt auch eine bescheidene Leistungsprämie (»Performance award«) – der Interviewte hat zuletzt 500 Kronen (etwa 44,5 Euro) erhalten. Wer will, kann diese in Unternehmensaktien anlegen – mit all den Gefahren, die das mit sich bringt: »Wenn Musk etwas Merkwürdiges über Twitter äußert, kann es sein, dass der Aktienkurs fällt. Wir brauchen endlich einen Tarifvertrag mit klaren und verbindlichen Regeln.«
7.12.23

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