Arbeitskämpfe vor 50 Jahren
von Thies Gleiss
Im Jahr 2023 jährten sich spektakuläre Arbeitskämpfe in Deutschland zum fünfzigsten Mal. Anders als noch zehn Jahre früher, wo der »Vierzigste« nur von der kleinen Szene linker Gewerkschafter:innen gewürdigt wurde, gab es diesmal eine umfangreiche politische und wissenschaftliche Begleitung des Jahrestages.
Im Mittelpunkt standen dabei zwei Zielsetzungen: Die ohne gewerkschaftliche Auslösung und Zustimmung eröffneten Arbeitskämpfe wurden stark von migrantischen Arbeiterinnen und Arbeitern geprägt. Teilweise wurden sie mit dem halb als Vorwurf, halb als Verachtung gemeinten Titel »Türkenstreiks« belegt.
Diese Rolle der Migrantinnen – es waren vor allem Frauen – und Migranten zeugte von einem Erwachen eines neuen Selbstbewusstseins eines wachsenden Teiles der Arbeiter:innenklasse in Deutschland. Es wurde in vielen Veranstaltungen, Zeitzeugeninterviews, Film-Dokumentationen und wissenschaftlichen Studien untersucht.
Die zweite Zielsetzung drückte sich vor allem in einer Reihe von Erinnerungen und politischen Stellungnahmen der offiziellen gewerkschaftlichen Funktionärsseite von damals aus. Auch sie bringt zahlreiche neue Erkenntnisse und Fakten, aber die Absicht, die Gewerkschaftsführung von damals reinzuwaschen oder zumindest in einem besseren Licht darzustellen, ist offenkundig.
Die Streiks in Deutschland waren Teil einer Welle von spontanen Arbeitskämpfen in Europa seit 1969 und auch Nachhall der großen Streikbewegung vom Mai 68, vor allem in Frankreich. Sie waren gleichzeitig die erste große Berührung einer neuen Generation von marxistisch geschulten Studierenden mit der Arbeiter:innenklasse, die in und außerhalb der Betriebe ihre Erfahrungen als Streikunterstützer:innen machten, .
Wer über diese Streiks einen Überblick erhalten möchte, dem und der sei eine gerade freigeschaltete Website empfohlen: https://streiks73.pageflow. io/streiks73. Die dortigen Beiträge gehen vor allem auf die Rolle der Migrant:innen und ihren Einfluss auf die gewerkschaftlichen und betrieblichen Kämpfe ein, aber auch auf die kulturellen Einflüsse, ihre Lieder und Feiern.
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