Das Wohnungsthema ist überall
von vb
Ein paar Zahlen machten in den letzten Monaten die Runde:
Über 9 Millionen wohnen in Deutschland in sog. überbelegten Wohnungen. 20 Milliarden Euro wurden im letzten Jahr für die Kosten der Unterkunft und Wohngeld ausgegeben und damit achtmal mehr, als Bund und Länder für den sozialen Wohnungsbau ausgaben (2,5 Mrd. Euro). Die herrschende Wohnungspolitik ist kurzsichtig und einseitig. Auf Konferenzen werden Ansätze der Mieter:innenorganisierung zusammengebracht.
Ende März trafen sich rund 100 Aktivist:innen, initiiert von VoNO!via & Co, Deutschem Mieterbund, Berliner Mieterverein, Plattform kritische Immobilienaktionär:innen mit Mieter:innen4future und der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin. Ziel war neben der bundesweiten Vernetzung, Wissen über den größten Wohnungskonzern Deutschlands auszutauschen und Strategien zu entwickeln, wie man sich gegen den Marktführer aufstellt.
Vonovia hat 2023 einen Verlust von 6,8 Milliarden Euro vorgelegt und gleichzeitig angekündigt, die Dividende zu erhöhen. Der Verlust sei vor allem auf eine Neubewertung der Immobilien zurückzuführen. Die Ausschüttung an die Aktionäre wird aus Mietsteigerungen, reduzierten Investitionen und weniger Service für die Mieter:innen bezahlt. Eine böse Überraschung waren für viele Mieter:innen auch die hohen Heizkostennachforderungen, nicht selten im vierstelligen Bereich.
Auf der Konferenz ging es um konkrete Methoden zum Aufbau von Mietergemeinschaften und um den wirksamen Umgang mit überhöhten und intransparenten Betriebskostenabrechnungen, getreu dem Motto »Keine Zahlung ohne Beleg«.
Ein Thema war auch die Stärkung der Organisierung von Mieter:innen, um den Widerspruch zwischen Klimaschutz und Sozialem aufzulösen. Hier setzt etwa die Initiative »Soziale Wärmewende jetzt!« an. Die Zusammenführung von Mieten- und Klimaakteuren gibt es inzwischen auf mehreren Ebenen.
Durch die Modernisierungsumlage werden die Kosten energetischer Sanierungen einseitig von Mieter:innen getragen. BUND und Deutscher Mieterbund (DMB) haben im April eine Studie veröffentlicht mit Berechnungen, wie die Kosten der energetischen Modernisierung mit dem sogenannten Drittelmodell zwischen Mietenden, Vermietenden und öffentlicher Hand verteilt werden können. Sie fordern darin u.a. die Senkung der Modernisierungsumlage auf einheitlich 3 Prozent, um Warmmietenneutralität für Mietende zu gewährleisten. Bislang können 8 Prozent umgelegt werden. Abgezogen werden müssen davon staatliche Förderungen.
Die Umlage auf die Mietenden bedeutet jedoch nur bürokratischen Aufwand für die Vermietenden. Im Gegenzug zur Senkung der Modernisierungsumlage schlagen BUND und DMB daher vor, dass die Förderungen bei den Vermietenden bleiben und außerdem zielgenauer und höher ausfallen. Durch Veränderung der Förderkulisse soll zudem verhindert werden, dass fälschlicherweise auch der Anteil von Instandhaltungsarbeiten auf Mietende umgelegt wird. Der Studie zufolge führt ein nicht korrekter Abzug der Instandhaltungskosten derzeit zur Erhöhung der Kaltmiete um bis zu 200 Euro.
Energetische Sanierung und Mieterschutz müssen also kein Gegensatz sein. Die Frage ist jedoch, wer für die Kosten herangezogen wird. Die LINKE fordert die Abschaffung der Modernisierungsumlage.
Schon im Juni will man erneut zu einer Konferenz zusammenkommen. Beim 10.Recht-auf-Stadt-Kongress vom 7. bis 9.Juni in Berlin werden stadtpolitische Initiativen neue Strategien diskutieren. Sie kündigen an, eine Verbindung von Wohnungs-, Care- und Klimakrise zum Rechtsruck zu ziehen.
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