Ende Juni soll sich entscheiden, wie es mit dem Plan eines selbstverwalteten Betriebs weitergeht
von Manfred Neugroda
In früheren Ausgaben (SoZ 4/23 und 9/23) aber auch in vielen anderen linken Publikationen ist über den Kampf der Arbeiter:innen von GKN Florenz berichtet worden. Statt um einen Sozialplan mit Abfindungen kämpfen sie um die Rückeroberung der Fabrik unter ihrer Kontrolle und die Aufnahme einer klimafreundlichen Produktion von Lastenfahrrädern und Sonnenkollektoren. Am 13.Juli werden sie den 3.Geburtstag ihres Kampfes feiern.
Zu ihrer Unterstützung hat sich in Deutschland ein Unterstützer:innenkreis gebildet, der auf einer Rundreise durch Deutschland über den Arbeitskampf informiert, das Lastenrad vorstellt und fü?r die zu gründende Genossenschaft und Spenden wirbt.
Auf ihrer Veranstaltung am 13.Juni in Köln berichteten drei Kolleg:innen über die erste Hälfte der Rundreise. Sie zeigten einen eindrucksvollen Film über die bisherige Geschichte des Kampfes, nachzuschauen mit weiteren Filmen auf labournet.tv. Sie erklärten:
»Mit der Konversionstour wollen wir den Kampf der Kolleg:innen vom Collettivo di Fabbrica in Florenz unterstützen. Einerseits durch die Verbreitung des Kampfes bei Gesprächen und Veranstaltungen entlang der Tour und durch Sichtbarkeit im öffentlichen Raum und auf Social Media. Andererseits wollen wir auch Vorbestellungen für das Lastenrad sammeln, mit dem wir die Tour machen. Dazu können potenzielle Kund:innen das Rad live sehen und probefahren.«
Zusätzlich berichteten sie über die Resonanz auf ihre Veranstaltungen, auch bei VW in Wolfsburg, Braunschweig und Kassel. Das ist nachzuschauen auf Instagram (@insorgiamo.de) oder Telegram (@GKN4FutureDeutschland) und auf www.konversionstour.de.
So geht es weiter
Die Kolleg:innen gaben aktuelle Informationen zum Stand der Auseinandersetzung, die sich zur Jahresmitte zweifellos zuspitzen wird:
– Per Gerichtsurteil sind die Entlassungen bis zum 30.6.24 außer Kraft gesetzt, die Kolleg:innen erhalten aber seit dem 1.Januar kein Arbeitslosengeld. Dadurch hat sich ihre Zahl auf im Moment etwa140 reduziert. Ehemalige Kollegen wollen aber nach der Rückeroberung wieder bei GKN arbeiten.
– Es soll eine Genossenschaft mit 1 Million Euro Anteilen gebildet werden, die die Fabrik übernehmen soll – zu Sonderkonditionen fu?r die Ehemaligen, dazu kommen weitere Unterstützer:innen, Mehr als 800000 Euro sind bisher zusammengekommen. Einzelheiten zur Genossenschaftsbildung kann man auf den Mediaseiten von konversionstour.de nachlesen.
– Die Mitte-Links-Regierung der Toskana sollte durch einen Kredit von 30 Mio. Euro den Kauf der Fabrik mit ermö?glichen. Es kam aber nicht zu einem Beschluss, dafür hat sie jetzt ein Gesetz im Regionalparlament vorgelegt. Um Druck auf die baldige Verabschiedung des Gesetzes zu erzeugen, sind mehrere Arbeiter am 3.Juni in einen Hungerstreik getreten, haben ihn aber nach 13 Tagen mit der Bereitschaft zur Wiederaufnahme abgebrochen.
– Durch einen Einbruch kurz vor dem 2.Arbeiterliteraturfestival in der Fabrik im April wurde die Stromversorgung zerstört. Mit Hilfe deutscher Unterstützer:innen des Festivals konnte aus Deutschland ü?ber Nacht eine Solaranlage herbeigeschafft, installiert und die Stromversorgung gesichert werden.
– In ganz Italien, aber auch in weiteren europäischen Ländern, haben sich Unterstützer:innenkomitees gebildet, die mit vielfältigen Aktionen ihre Solidarität ausdru?cken. Dazu gehört auch www.konversionstour.de in Deutschland
– Ex-GKN Florenz ist inzwischen Mitglied des Netzwerks der rückeroberten Betriebe im Mittelmeerraum, wozu u.a. Vio.Me in Thessaloniki, Ri-Maflow und Officine Zero in Mailand und Rom, ScopTi nahe Marseille und CNT Spanien gehö?ren. Sie planen im Oktober ihren vierten Kongress in Barcelona.
So nicht
Neben diesen Infos ging es in der Diskussion in Köln vor allem um die Verbreitung der Solidarität in unseren Gewerkschaften, insbesondere in der IG Metall. Noch immer, sichtbar am Beispiel der GKN Mosel in Zwickau, die 2026 mit etwa 800 Arbeiter:innen geschlossen wird, oder Ford Saarlouis mit 6800 Arbeiter:innen, wo die Schließung für November 2025 geplant ist mit rund tausend Restarbeitsplä?tzen, beschränkt die IG Metall den Kampf auf Sozialplan oder Sozialtarife – eine Rückeroberung, gar eine mit klimabewusster Konversion, ist außerhalb des Horizonts.
So unterstützt die IG Metall bei Ford in Köln die Umstellung auf den E-Antrieb; als Ausgleich fü?r die wegfallenden Arbeitsplätze soll eine Batterieproduktion von Ford aufgebaut werden. Diese Pläne sind allerdings nach den neuesten Nachrichten über einen weiteren massiven Personalabbau bei Ford Europa, etwa in Valencia und auch in Köln, Makulatur. An klimabewusster Transformation führt also kein Weg vorbei.
Weitere Infos u.a. auf labournet.de und www.facebook.com/groups/3399330903653604.
Am 13.Juli ist in Campo Bisenzio ein Festival anlässlich des dritten Geburtstags der Besetzung. Eine Gruppe von etwa 30 Leuten aus Deutschland will da hinfahren.
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