Verdachtsfall Ende Gelände
von Gerhard Klas
Hat tatsächlich irgendwer aus Sorge um die aktuellen politischen Entwicklungen auf den Verfassungsschutz als potenziellen Bündnispartner im Kampf gegen Rechts gehofft?
Der jüngste Bericht des Bundesverfassungsschutzes ist selbst Ausdruck der allgemeinen politischen Rechtsentwicklung: Erstmals hat die Bundesbehörde das Klimabündnis Ende Gelände als »Verdachtsfall« eingestuft, das nunmehr seit knapp zehn Jahren mit Blockaden und zivilem Ungehorsam gegen die Infrastruktur fossiler Energiekonzerne vorgeht.
Die Konsequenz: Der Geheimdienst kann Ende Gelände nun mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen und V-Leute einschleusen oder anwerben.
Im Bericht findet sich kein konkreter Vorwurf zu irgendeiner Sabotageaktion. Der Behörde reichen zwei programmatische Papiere von Ende Gelände, in denen vom »Kampf für einen Systemwandel«, »fundamentaler Staatskritik« und »System Change« die Rede ist.
In Berlin steht Ende Gelände wegen ähnlicher Vorwürfe seit 2020 unter Beobachtung. Damals solidarisierten sich mehrere Organisationen, u.a. auch der BUND, Campact oder Oxfam. Der Versuch, einen Keil zwischen den gemäßigteren und radikaleren Teil der Klimabewegung zu treiben, war offensichtlich nicht gelungen.
Genau darum geht es wohl auch jetzt wieder: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rief die Jugendorganisationen von Parteien dazu auf, die Zusammenarbeit mit Ende Gelände zu beenden. In der Vergangenheit hatten sich auch Jusos, Grüne Jugend oder Solid mit dem Bündnis solidarisiert und an Aktionen beteiligt, etwa gegen die Zerstörung des Dorfes Lützerath durch den Energiekonzern RWE.
Die Einstufung von Ende Gelände als Verdachtsfall soll die Klimabewegung insgesamt schwächen. Denn dieses Bündnis macht wie kein anderes auf das wohl eklatanteste Versagen einer Politik aufmerksam, die sich mit Haut und Haar dem Kapitalismus verschrieben hat. Es wird sich von der Einstufung als »Verdachtsfall« nicht beeindrucken lassen.
Bleibt zu hoffen, dass die bisherigen Unterstützer den Spaltungsversuch wie bisher zurückweisen und sich am »System-Change«-Camp Anfang August in Thüringen, zu dem Ende Gelände aufruft, rege beteiligen. Letztes Jahr jedenfalls waren die genannten Parteijugendorganisationen, Greenpeace und viele andere Nichtregierungsorganisationen dabei.
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