Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 07/2024


Was die AfD wirklich will
von Albrecht Kieser

Rache ist süß. Beim Wählen und auf der Straße. Rache an den erlittenen Ungerechtigkeiten, der Arroganz der Macht, der gefühlten oder tatsächlichen Ausgrenzung. Bloß: Möchte die AfD den Proletarier(-innen) aller (Bundes-)Länder in ihrem Arbeitsalltag da raus helfen!? Gibt es unter AfD-Führung mehr Respekt und mehr auf dem Konto?

In NRW bietet die AfD diesbezüglich schlicht gar nichts an. In ihrem Programm behandelt sie das Thema »Arbeit und Soziales« auf vier Seiten, in denen kein Satz tiefer schürft als: »Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft.« Dafür will der Landesverband »Eigeninitiativen fördern und stärken und dadurch Bürger und Unternehmen in die Lage versetzen, wirtschaftlich erfolgreich tätig zu sein«.
Auch die AfD Sachsen liefert in ihren kurzen »Positionen« keinen einzigen Satz zu Löhnen, Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Arbeitsplätzen usw. usf. Stattdessen im Abschnitt »Arbeit und Soziales« die Forderung einer »Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene«.
Die Brandenburger atmen da schon aus eigener Kraft. Im 70seitigen Programm heißt es auf zwei Seiten über »Arbeit und Soziales«: »Wer ordentlich arbeitet, muss davon auch ordentlich leben können.« Das war’s. Und weil die Partei nicht mehr im Sinn hat für die Proleten (generisches Maskulinum) und ihr Wohlergehen, will sie »das Wohngeld erhöhen« und fordert »die Abschaffung der Erbschaftsteuer«.
Das ist keine böswillige Polemik. Selber nachlesen! Das öffnet die Augen!
Aber Thüringen! Speerspitze der Bewegung! Die gehen wirklich in die Vollen. Weil es ein »zu niedriges Lohnniveau in Thüringen« gibt, will die Partei »eine Lohnentwicklung entsprechend dem verteilungsneutralen Spielraum«. Das Programm unterstützt außerdem den gesetzlichen Mindestlohn, denn der »korrigiert im Bereich der Entlohnung die schwache Lohnverhandlungsposition der Niedriglohnempfänger«. Das ist doch mal was. Oder?
Jedenfalls wenn man sich über das »verteilungsneutral« keine Gedanken macht. Der Begriff meint nämlich, dass Lohnerhöhungen keinesfalls zulasten von Unternehmensprofiten gehen dürfen. Ist es verwunderlich, dass Gewerkschaften oder gar das Streikrecht in keinem der drei Programme auch nur erwähnt werden?
Mindestlohn.?Gegen den Abwärtstrend der Löhne im Zuge der Umverteilung des Volkseinkommens zugunsten der Reichen und Superreichen soll halt nur die bekannte letzte Barriere eingezogen bleiben. Explizit auch bei den Pflegekräften: »Die Attraktivität der Arbeit in Pflegeberufen (sollte) durch eine branchenbezogene Mindestvergütungshöhe gesteigert werden.«
In ihrem 96seitigen Programm befürwortet auch die AfD in Sachsen den Mindestlohn. Allerdings ist die Behauptung, er »erlaubt eine Existenz jenseits der Armutsgrenze«, ziemlich verwegen, solange zumindest seine Höhe nicht thematisiert – und das heißt: deutlich heraufgesetzt wird. Dass der Mindestlohn »die Finanzierung einer, wenn auch bescheidenen, Altersversorgung erlaubt«, offenbart dann allerdings den ganzen Zynismus dieser Partei, wenn es um die »kleinen Leute« geht.

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