Die LINKE vor dem Bundesparteitag
Klarer Kompass statt Zweideutigkeiten
von Christine Buchholz
Während die Ampel-Regierung massive Kürzungen vorbereitet und aufrüstet, die Kriege um die Ukraine und in Gaza dramatisch eskalieren und die AfD an Einfluss gewinnt, ist die Partei Die LINKE als bundesweite Partei nicht imstande, polarisierend aufzutreten und offensiv Bewegungen und Kämpfe aufzubauen und zu initiieren.
weiterlesenRussland: Eine neue Partei gegen den Krieg
Die Russische Kommunistische Partei (Internationalisten) sagt linken Kriegsunterstützern den Kampf an
von Ewgeniy Kasakow
Im heutigen Russland gibt es Dutzende Parteien und Organisationen, die sich »kommunistisch« nennen – gleich ob sie das Wort im Namen, im Statut oder im Programm tragen.
weiterlesenMélenchon: „Die politische Krise tendiert zu einer Regimekrise“
Interview mit dem Vorsitzenden von La France Insoumise (LFI) am 23.7.2024
Nach den Parlamentswahlen am 30.6. und 7.7.2024 ist die Regierung Gabriel Attal noch im Amt, Yaël Braun-Pivet wurde erneut zur Präsidentin der Nationalversammlung gewählt. Alles ändert sich, damit sich nichts ändert: Ist das Ihrer Meinung nach der Plan von Emmanuel Macron?
Der Präsident der Republik hat das Parlament aufgelöst, um eine politische Klärung zu erreichen. Das sind seine Worte! Nicht unsere. In dutzenden Umfragen lag Rassemblement National (RN) in den Medienkommentaren an der Spitze und wir waren die Letzten. Das Ergebnis aber war das genaue Gegenteil. In diesem Moment hätte der Präsident der Republik, hätte er das Wahlergebnis akzeptiert, wie es in anderen Demokratien üblich ist, eine/n Vertreter/in der Neuen Volksfront zur/m Premierminister/in berufen. Aber nein, er sagt: "Niemand hat gewonnen!" Dabei haben wir eine relative Mehrheit, so wie er im Jahr 2022.
weiterlesenPalästina-Solidaritätsverein in Duisburg verboten
von Hermann Dierkes
Die Angriffe auf demokratische Rechte und Freiheiten nehmen massiv zu. Die weltweite Solidarität mit den Palästinensern gegen koloniale Unterdrückung und Landraub durch Israel sowie gegen den laufenden Völkermord in Gaza steht im Mittelpunkt staatlicher Einschränkung von demokratischen Rechten und Freiheiten. Völkerrechtswidrige Politik des angeblich ”wertebasierten” Westens, Komplizenschaft mit massivem Unrecht, schmutzige Ziele, Kriegshysterie und ein desaströses ”Weiter so” in Sachen Umweltvernichtung ziehen immer offensichtlicher staatliche Willkür und Gewalt nach sich.
weiterlesenNach den Europawahlen
Wo bleibt die Linke?
von Miguel Urbán
Die vergangenen Europawahlen haben Wachstum und Stärke der extremen Rechten erneut bestätigt. Ihre derzeitige Aufsplitterung auf drei Fraktionen im Europaparlament trübt das Bild ein wenig, aber mit knapp über 20 Prozent ist sie nun die zweitstärkste Kraft in Europa – noch vor den Sozialdemokraten.
weiterlesenEin Informationshub für NRW und linke Debatten
Radio Nordpol will linke Diskurse hör- und sichtbar machen
von Mr. Pinguin
Der Ausgangspunkt für Radio Nordpol war das schlagartige Auftauchen einer neuen Realität, eines Lebens mit dem Virus. Wir sind im Frühjahr 2020 mit dem Radio Nordpol gestartet, um während Corona für das Ruhrgebiet und NRW eine kritische Öffentlichkeit zu ermöglichen, damit in den Zeiten der Zwangspause der (Sub-)Kultur- und Politikbetrieb weiterhin agil bleibt. Deshalb haben wir dezentrale Aufnahmemöglichkeiten an die uns nahestehenden kritischen Milieus herangetragen.
weiterlesenÖkosozialistische Konferenz der ISO
›Die Konferenz hat sich geöffnet‹
von ak
Erstmals fand die Ökosozialistische Konferenz der ISO (Internationale Sozialistische Organisation, deutsche Sektion der IV. Internationale), die fünfte in Folge, an einer Universität statt. Das hat ihr einen deutlichen Schwung gegeben, wenngleich auch bemängelt wurde, dass die Teilnehmenden sich in den Weiten der Universität zu stark verlaufen haben.
weiterlesenNPA kandidiert in einem Wahlkreis
Freundeskreis der ISO, Berlin
Im Rahmen des Volksfrontabkommens konnte die NPA (offiziell) einen Wahlkreis besetzen. Und zwar handelt es sich um den Wahlkreis Aude 1. Das ist Carcassonne Stadt und Umland. Philippe Poutou hat die Kandidatur angenommen. Dieser Wahlkreis hat ca. 98.000 Wähler:innen. Er ist eigentlich traditionell links, aber 2022 konnte die Front National (jetzt RN) ihn gewinnen. Ihr Vertreter Barthes ist ein besonders widerliches Exemplar. Als im Januar vor Ort Bauernprosteste ausbrachen und die Chefin der Grünen in Carcassonne zu Besuch war, stand Barthes mit einem Schild ihr gegenüber, auf dem stand: "Geh Suppe kochen, du Schlampe".
weiterlesen25.April immer, Faschismus nie wieder!
von Matthias Schindler
Am 25. April 2024 fand in Lissabon, Portugal, die zweitgrößte
Demonstration in der Geschichte des Landes statt. Die größte gab es am
1. Mail 1974 - eine Woche nach dem Sturz der Diktatur - als praktisch
das ganze Volk auf die Straßen strömte, um die neu gewonnene Freiheit zu
feiern. Weitere große Demonstrationen fanden gestern auch in Porto und
in Coimbra statt.
Ich habe weder den Anfang der Demo gesehen, noch das Ende, ich habe
keine Rede gehört, nur die Parolen und Lieder um mich herum. Als der
Platz Rossio, auf dem die Abschlusskundgebung stattfand, bereits
brechend voll war, waren die letzten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
Demo am Platz Marquês de Pombal noch nicht einmal losmarschiert. Mehrere
Hunderttausend alter und vor allem auch junger Menschen zogen in drei
Säulen nebeneinander die Avenida da Liberdade hinunter, das Geschiebe
war teilweise nur noch schwer auszuhalten, aber es herrschte eine tiefe
Solidarität unter allen, die daran teilgenommen haben. Auch die
Parallelstraßen zur Avenida waren noch voller Menschen, die gesamte
Innenstadt war eine einzige Menschenmenge, die immer wieder das Lied der
Solidarität der Armen "Grandola Vila Morena" anstimmte und Parolen rief
"25. April immer - Faschismus niemals mehr!"
Diese Demo war eine Antwort der Straße auf den Wahlerfolg der
Rechten vor einigen Wochen und besonders auch ein Protest gegen die
Rechtsradikalen, die 18 Prozent der Stimmen gewinnen konnten. Der
Wahlerfolg der Rechten ist in erster Linie das Ergebnis einer
katastrophalen Regierungspolitik der Sozialistischen Partei (PS), die
durch Korruption und Vetternwirtschaft jegliche Glaubwürdigkeit verloren
und dadurch der gesamten Linken enormen Schaden zugefügt hat. Der
Wohnraum ist hier nicht mehr zu bezahlen, das Gesundheitswesen kommt
immer weniger Menschen zugute, die öffentlichen Gehälter verlieren
immer mehr an Kaufkraft, die neoliberalen Privatisierungen zerstören das
Land. (Der traurige Treppenwitz ist dabei, dass die ausgeschiedene
"sozialistische" Regierung den Rechten jetzt eine prall gefüllte
Staatskasse hinterlässt, ein Zustand, den bisher noch keine rechte oder
linke Vorgängerregierung geschafft hat!)
Hier einige Eindrücke von der historischen Demonstration, die vielleicht
den Beginn des Zurückdrängens der Rechten in Europa und in der Welt
bedeuten kann:
https://www.publico.pt/2024/04/25/video/mil-sairam-rua-50-anos-25-abril-20240426-025139
https://www.esquerda.net/fotogalerias/bloco-no-desfile-do-25-de-abril-em-lisboa/90684#expanded
Es lebe der 25. April!
Solidarität mit Lisa Poettinger
Denunziert mit Lügen und Halbwahrheiten
von Matthias Becker
Manchmal ist es ganz einfach, auf der richtigen Seite zu stehen: Mitlaufen genügt!
weiterlesenDie Figur Lenin
von Elfriede Müller
Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, ist am 22.April 1870 geboren und am 21.Januar 1924 gestorben.
El Lissitzky hat in den 20 Jahren ein für Lenin adäquates Denkmal entworfen: die Lenintribüne, eine schräge Stahlkonstruktion mit einer vorgeschobenen flugbereiten Plattform, von der aus Lenin loszuschnellen scheint in Tage und Jahre, die die Welt erschütterten. Zum 50.Geburtstag der Oktoberrevolution wurde vor dem Kreml ein anderes Lenin-Denkmal errichtet: Ein Amtsleiter sitzt mit strenger Miene, Quadratschädel und tadelloser Bügelfalte auf seinem Sockel. Ersteres entspricht Lenins Leben, zweiteres ist Produkt des Leninismus, der aus ihm eine autoritäre Kunstfigur schuf, in deren Namen die Oktoberrevolution verraten wurde.
weiterlesenFreedom and Democracy 2024
von Thies Gleiss
„Freiheit:
Wir wollen die demokratische Willensbildung
wiederbeleben, demokratische Mitbestimmung
ausweiten und persönliche Freiheit
schützen. Rechtsextreme, rassistische und
gewaltbereite Ideologien jeder Art lehnen
wir ab. Cancel Culture, Konformitätsdruck
und die zunehmende Verengung des
Meinungsspektrums sind unvereinbar mit
den Grundsätzen einer freien Gesellschaft.
Das Gleiche gilt für den neuen politischen
Autoritarismus, der sich anmaßt, Menschen zu
erziehen und ihren Lebensstil oder ihre Sprache
zu reglementieren. Wir verurteilen Versuche zur
umfassenden Überwachung und Manipulation
der Menschen durch Konzerne, Geheimdienste
und Regierungen.“
Das ist ungekürzt der Programmteil zu Demokratie und Freiheit beim neuesten Stern am deutschen Parteienhimmel, der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Über die anderen Programmpunkte wurde sich schon an anderer Stelle genügend geärgert, dazu deshalb nur in Kürze:
Die Berufung auf eine „wirtschaftliche Vernunft“, die Grundlage der Politik werden soll, führt in einer Klassengesellschaft, deren Hauptinteressengruppen sehr unterschiedliche Vorstellungen haben, was „Vernunft“ ist, nicht sehr weit. Genau genommen sind es sich antagonistisch (unauflöslich) gegenüberstehende Interessen, die dazu führen, dass einzelne Akteure im Kapitalismus sehr planvoll, „vernünftig“, sogar demokratisch ihre Interessen und Politik verfolgen, das Gesamtergebnis „kapitalistische Gesellschaft“ aber hochgradig irrational, voller Fehlentscheidungen für die Gesamtheit und voller Verschwendung von Ressourcen ist.
Der tiefe Glaube des BSW-Programms, dass es einen vernünftigen, sozial gerechten und ohne Gier und Misswirtschaft lebenden Kapitalismus geben kann, ist deshalb bestenfalls naiv, eher grob irreführend. Die Kritik an der Rüstungs- und Kriegspolitik der Bundesregierung und der EU gehört sicherlich zum Besten beim BSW, insbesondere die konkreten Forderungen nach Waffenstillstand, Verhandlungen und Rüstungsbeschränkungen. Aber auch hier gibt es als politische Erklärung nur die Feststellung, die Kriegspolitik wäre unvernünftig und schade dem deutschen Wirtschaftsstandort.
Sind das wirklich die Bezugspunkte für eine fortschrittliche und demokratische – ich sage ausdrücklich nicht links, weil das BSW ja nicht mehr „links“ sein möchte – Politikalternative? Beim BSW wehen an dieser Stelle in der Online-Präsentation des Programms nicht zufällig die Deutschlandfahnen vor dem Reichstagsgebäude von Berlin. Und jetzt also noch die Rettung der Demokratie. Die Demokratie wäre durch Cancel Culture, Konformitätsdruck und Verengung des Meinungsspektrums gefährdet. Man könne nicht mehr frei sagen, was man sagen will – so heißt es nicht nur beim BSW, sondern auch – fast wie abgesprochen – in den diversen Austrittserklärungen aus der LINKEN von Freundinnen und Freunden des BSW.
Cancel Culture ist häufig tatsächlich ärgerlich und eine kuriose Umdrehung von Ursache und Wirkung. Gesellschaftlich zerstörerische Prozesse und Formen der Klassenherrschaft werden zu individuellen Charaktereigenschaften reduziert und verharmlost. Die freiwillige Selbstzensur in den Redaktionen der wichtigsten Medien, insbesondere zu den Themen Ukraine- und Nahostkrieg, und die Unterordnung unter eine deutsche Staatsräson, gehören zu den traurigsten Ergebnissen der Klassengesellschaft in Deutschland 2024. Aber sind das wirklich die entscheidenden Zerstörungen an „der Demokratie“?
Können Leute, wie die vom BSW (bezeichnenderweise sagen die von der „Alternative für Deutschland“ wortgleich dasselbe) nicht mehr sagen, was sie wollen? Es ist doch eher so, dass dieses Land an einer unglaublichen Geschwätzigkeit leidet. Im Rahmen der deutschen Staatsräson und wenn er oder sie Biodeutsche/r ist, darf jede und jeder überall sagen, was er oder sie meint. Wer es nicht in eine Talkshow schafft, der produziert wenigstens seinen eigenen Podcast. Und die ganz Unterbemittelten toben sich in den digitalen Kommentarformaten aus. Freilich: Für Migrant:innen und Kritiker:innen der deutschen Leitkultur gilt das nicht bzw. nur eingeschränkt.
Was das BSW betrifft, müsste doch zunächst festgehalten werden, dass es noch niemals in der Geschichte eine derart massiv von den großen Medien erwartete, vorbereitete und ausgewalzte Parteigründung gab. Diese fremde oder externe Geburtshilfe wird für das BSW schon bald zu einem großen Problem werden. Denn es ist und bleibt ein Kunstprodukt.
Das Redenkönnen ist nicht das Problem. Manchmal, vor allem wenn das nötige Kleingeld fehlt, ist es das Hören, vor allem bei der BSW-Chefcommandantin Dr. Wagenknecht. Hier ihre Eintrittsgelder für Veranstaltungen im Februar: Düsseldorf 150 Euro, Limbach-Oberfrohna 16 Euro, Frankfurt/Oder 30 Euro, Bitterfeld-Wolfen 22 Euro. Es war schon immer etwas teurer, einer vernunftgeleiteten Partei zu lauschen.
Das alles blendet die wirkliche Zerstörung der Demokratie im Zuge der vielfältigen Krisen aus, in denen der aktuelle Kapitalismus steckt. Autoritäre Formierungen der Staaten und der Regierungspolitik gibt es nicht nur in den einschlägig verdächtigen Ländern Russland, China, Türkei, Ungarn, USA oder in den diversen postkolonialen, mehr oder weniger „failed states“ in Afrika und Asien. Auch in der Europäischen Union und in Deutschland wird die Demokratie systematisch zerstört – nicht so sehr die individuelle demokratische Bewegungsfreiheit, sondern die kollektive:
– Mitbestimmungsrechte und -gremien in den Betrieben werden immer mehr ausgetrickst, mit Mobbing und Unionbusting überzogen, das Streikrecht wird weiter eingeschränkt;
– soziale Oppositionsbewegungen werden kriminalisiert und durch polizeiliche Willkür schikaniert;
– neue Versammlungs- und Polizeigesetze werden in den Bundesländern erlassen – egal, wer dort die Regierung stellt, neue Bewaffnungsrichtlinien der Polizei in Kraft gesetzt;
– die gigantischen Überwachungskraken in den privaten Internetkonzernen werden nicht etwa gestoppt und entmachtet, sondern ihr Wirken wird an allen Ecken und Enden noch erleichtert, vor dem Angriff durch neue KI-Technologien wird heute schon kapituliert.
Gleichzeitig wachsen die Begehrlichkeiten der Regierung und anderer Exekutivbehörden, der privaten Überwachung eine stetig verbesserte staatliche Überwachung überzustülpen. Die formale parlamentarische Demokratie – die selbst diverse strukturelle Mängel hat – wird mit alledem zunehmend entmachtet, die Gesetzgebungsprozesse aus dem Parlament heraus verlagert, die Macht von „Expert:innen“ und Lobbyverbänden gestärkt.
Zu alldem schweigt das neugegründete BSW. Ein Schweigen, das allerdings viel sagt über die Zukunft dieses Ladens und wo er gesellschaftspolitisch einzuordnen ist. Das Ärgerlichste kommt zum Schluss
Der Entstehungsprozess des BSW ist selber ein ausgemachtes Beispiel für Fehlen jeglicher Demokratie. Vermutlich würde selbst eine der modernen Werbeagenturen einen Proteststurm bei ihren eignen Leuten ernten, wenn eine so militärisch von oben, konspirativ und undemokratisch geplante und geführte Kampagne für ein neues Produkt durchgeboxt würde wie die Gründung des BSW. Aber die Meute schweigt und schwenkt still auf den neu verordneten Kurs ein.
Dass es nicht nur der Gründungsprozess ist, sondern so weitergehen soll, zeigt ein Blick auf die Statuten des BSW. Dieses Parteiprojekt fürchtet offenkundig weniger die demokratischen Beschränkungen des Kapitalismus und die Angriffe der politischen Gegner:innen als die eigenen und potentiell eigenen Mitglieder. So sad.