Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Kolumne Violetta Bock 1. September 2025

Neues aus dem Bundestag nach 100 Tagen Schwarz-Rot

von Violetta Bock

Viel wurde zuletzt über die ersten hundert Tage der Koalition diskutiert. „Kein Konzept zur Zukunftssicherung des Sozialstaats“, so zieht die Diakonie Bilanz, und deren Präsident Rüdiger Schuch konstatiert, dass die Regierung den Sozialstaat nur als Problem wahrnimmt. „Hundert Tage verschleppter Klimaschutz“, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe und verweist auf mehrere Beispiele. Bei der Energiepolitik betreibe Wirtschaftsministerin Katharina Reiche Klientelpolitik erster Güte für die großen Gaskonzerne. Im Bausektor wurde der Bau-Turbo im Eiltempo eingebracht, der vor allem Klima- und Umweltschutz schwächt, ohne den tatsächlichen Bau von Wohnungen – geschweige denn von günstigen – zu garantieren.

Bei letzterem zeigt sich erneut, dass diese Koalition Bürokratie und Demokratie verwechselt. Wie in anderen Bereichen geht es nicht um die Beschleunigung von Verfahren etwa durch mehr Personal, sondern vor allem um den Abbau von Beteiligungsrechten und Umweltprüfungen.

Doch von demokratischer Kontrolle hält diese Koalition ohnehin nicht viel. Das zeigte sich nicht nur bei der Nichtwahl linker Kandidatinnen für drei parlamentarische Kontrollgremien, in denen nun nur die Grünen als Opposition geduldet werden.

Die Koalition startete in die Sommerpause mit einem skandalösen Einknicken vor einer rechten Kampagne bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter. Lösen konnte sie die Situation nicht. Brosius-Gersdorf zog ihre Kandidatur schließlich selbst zurück.

Innerhalb der Koalition wackelt das Vertrauen. Und laut Umfragen sind lediglich 29 Prozent mit der schwarz-roten Regierung zufrieden.

Nachdem die ersten Monate vor allem von einer rassistischen Politik der Ausgrenzung geprägt waren, sind für den Herbst Sozialstaatsreformen angekündigt. Aufgewärmt wurde das im Sommerloch mit immer absurderen Vorstößen gegen Erwerbslose. Wir werden eine harte Gegenwehr brauchen.

Auch hier waren viele im Sommer nicht untätig. Attac überreichte am 11. August eine Petition zur Einführung der Vermögensteuer mit fast 68.000 Unterschriften und hat damit locker das Quorum erreicht, das für eine öffentliche Anhörung erforderlich ist.

Und nicht nur die Dürretage ließen die Klimafrage wieder aktuell werden. Die gemeinsame Verfassungsbeschwerde von Greenpeace, Germanwatch, dem BUND, dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) sowie der Deutschen Umwelthilfe für einen wirksamen Klimaschutz hat eine weitere Hürde genommen. Unterstützt wurde sie von mehr als 54.000 Einzelpersonen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun Bundesregierung, Bundesrat, Bundestag sowie mehrere Ministerien und Fachgremien offiziell zur Stellungnahme bis zum 15. Oktober aufgefordert. Gleichzeitig urteilte der Internationale Gerichtshof zugunsten einer Verpflichtung zum Klimaschutz im Sinne des Völkerrechts.

Und während in Palästina weiter das Völkerrecht durch Israel gebrochen wird, steht inzwischen auch das Datum für die bundesweite Demonstration für Gaza: Wir sehen uns am 27. September in Berlin.

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