Neues aus dem Bundestag
von Violetta Bock
Kassel, Berlin. Mai 2025. Die Krisen führen zur Beschleunigung von Ereignissen, und die Koalition ist alles andere als stabil.
Anfang Mai erklärt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem. Unterdessen wird Heidi Reichinnek laut Meinungsforschungsinstitut INSA zur beliebtesten Politikerin gekürt.
Mit dem Ausspruch »Kapitalismus stürzen, nicht stützen« wird das Tor geöffnet, grundsätzlich über die hiesigen Verhältnisse nachzudenken. Doch während manche die Linke schon wieder in die Ecke rücken wollten, ist es am 6.Mai die eigene Koalition, die Merz zum Wackeln bringt.
Zum ersten Mal in der Geschichte wird ein Kanzler in Deutschland nicht auf Anhieb gewählt. Niemand kann sagen, wer im ersten Wahlgang seinem Gewissen gefolgt ist. Rechte CDUler, für die sich ihre Partei noch nicht eng genug an die AfD schmiegt? Abgeordnete aus dem christlichen Arbeitnehmerflügel, denen doch das Christlich-Soziale fehlt? Zumal der Versuch von Bundestagspräsidentin Klöckner, die Kirchen an Ostern zurückzupfeifen, in den eigenen Reihen auf Kritik stieß. Oder doch ein paar Sozialdemokrat:innen, die sich für das Aushebeln des Asylrechts, die geplante Beerdigung des Achtstundentags und die Aushöhlung des Sozialstaats schämen?
Es kamen jedenfalls genug Nein-Stimmen zusammen. Ausgerechnet auf die Linke kam es dann an. CDU, SPD, CSU, Grüne und Linke ermöglichten mit einem GO-Antrag einen zweiten Wahlgang am gleichen Tag. Für manche war das der Fall des Unvereinbarkeitsbeschlusses. Für andere ein Kniefall der Linken. Fakt ist: Die AfD spielte an jenem Tag keine Rolle.
Während manche schon einen Anpassungskurs der Linken fürchteten, belehrte der Bundesparteitag in Chemnitz eines Besseren. Die Delegierten stimmten nur knapp gegen den Antrag »Mandate verpflichten« zur Bundesratsabstimmung im März. Eine knappe Mehrheit gab es am Ende für die Behandlung und Annahme der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus. Mit darauf hingewirkt hat sicherlich auch der vielfach kritisierte Beschluss des Parteivorstands, der sich indirekt auf ein Posting von der Genossin Ulrike Eifler bezog. Statt Solidarität bei Angriffen der Springerpresse zu üben, distanzierte er sich.
In der öffentlichen Debatte half der Parteitagsbeschluss, den Spielraum für legitime Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung zu erweitern – bzw., wie ein Abgeordneter der Linken korrekterweise im Bundestag dazwischenrief: »Das ist kein Krieg, das ist ein Genozid.«
Neben Zwischenrufen und einem Rauswurf wegen einer Baskenmütze, brachte die Linke auch in die Plenardebatten frischen Wind. 25 Erstredner:innen zeigten das vielfältige, kämpferische und angriffslustige Profil der neuen Fraktion, die gewillt ist, es dem Managerkabinett möglichst schwer zu machen. Mein Fokus wird im Klimaschutz an der Schnittstelle zum Wohnen sein. Meine ersten drei Minuten waren daher der Klimakatastrophe gewidmet und dem Ökosozialismus. Hat wohl sonst noch niemand dort gesagt.
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