Der Pfaffenhass
Zwei Jahre nach dem Aufstandsversuch in Niklashausen erhoben sich die Bauern in der Obersteiermark und kurz danach in Kärnten. Ihre Forderungen beschränkten sich auf die Ablehnung der zusätzlichen Lasten, die ihnen mit dem Einzug der Geldwirtschaft aufgebürdet wurden. Zusätzlich hatten sie unter wiederholten Türkeneinfällen zu leiden.
Da der Kaiser mit ihnen nicht fertig wurde, stellten sie eine eigene Landwehr von 400 Bauern auf, die sich 1478 den Türken entgegenstellte, doch sie wurden vernichtend geschlagen.
Elf Jahre später, 1489, erhoben sich die Zürcher Bauern gegen die Patrizier und den von ihnen beherrschten Rat der Stadt. Ihnen gelang es, sich mit der innerstädtischen Opposition zu verbünden und mit deren Hilfe den Bürgermeister zu verhaften und hinzurichten. In den anschließenden Verhandlungen vor dem eidgenössischen Schiedsgericht konnte sie einige ihrer Forderungen durchsetzen.
Selbst in Holland gab es 1491/92 einen Bauernaufstand, in Friesland einen 1497; beide wurden vom Herzog von Sachsen unterdrückt.
Die Geistlichkeit war die Trägerin der Ideologie des mittelalterlichen Feudalismus. Die Kirche war zugleich der größte aller Feudalherren. Friedrich Engels hat die Papstkirche als das »große internationale Zentrum des Feudalsystems« bezeichnet. Denn neben der rücksichtslosen Gewalt der weltlichen Fürsten setzte die Kirche »alle Schikanen der Religion, des Bannfluchs und der verweigerten Absolution, alle Intrigen des Beichtstuhls und Urkundenfälschung in Bewegung«.
Die Fabrikation wundertätiger Heiligenbilder und Reliquien, der Ablassschacher wurden zu Hilfe genommen, um den Untertanen den letzten Pfennig zu entreißen oder das Erbteil der Kirche zu mehren. Auf die geistliche Feudalhierarchie konzentrierte sich deshalb der Pfaffenhass nicht nur der Bauern und Städte, auch des reichsunmittelbaren und des niederen Adels.
Wegen des Fehlens einer starken Zentralgewalt und der partikularen Zersplitterung behielt die Papstkirche in Deutschland eine ungleich stärkere Position als in Westeuropa. Deshalb ging auch die Reformation von hier aus. Sie spielte für die Bauernaufstände eine zentrale Rolle als ideologisch einigendes Moment.
Die Klöster waren eine Hauptzielscheibe der Bauern, die Mönche agierten zumeist als bewaffneter Arm der Kirchenfürsten.
Im selben Jahr wie die Zürcher Bauern erhoben sich die Untertanen des Klosters St.Gallen. Sie erhielten Unterstützung von der St.Galler Bürgerschaft, doch die Eidgenossenschaft schlug den Aufstand nieder.
Ähnlich erging es den Bauern der Fürstabtei Kempten im Allgäu. Sie trugen ihre Beschwerden sogar dem Kaiser vor, doch bevor dieser den Fall verhandeln konnte, rückte der Schwäbische Bund mit Soldaten in das Kemptner Gebiet ein, brandschatzte die Dörfer und machte alle nieder, die sich ihm in den Weg stellten. Der Schwäbische Bund vereinigte die Herzöge von Tirol und Württemberg, den Hochadel der Region, Ritter und Prälaten sowie 20 Reichsstädte. Er war hauptverantwortlich für die Niederschlagung der Bauernaufstände im Südwesten.
Es gab unter den Geistlichen jedoch auch eine plebejische Fraktion, das waren die Prediger. Sie standen außerhalb der feudalen Kirchenhierarchie und hatten keinen Anteil an ihren Reichtümern. Sie lieferten die Theoretiker und Ideologen der Bewegung, viele von ihnen starben auf dem Schafott.
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen
Spenden
Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF
Schnupperausgabe
Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.