Die Partei erhält doppelt soviel vom Staat wie von Großspendern
von David Stein
Die AfD hat vergleichsweise wenig Mitglieder, gerade mal 60.000. Sie ist auf Großspenden angewiesen, u.a. vom Lübecker Unternehmer Winfried Stöcker und über Umwege vom Duisburger Immobilienmilliardär Henning Conle. Das meiste Geld kommt aus staatlichen Mitteln.
Parteien finanzieren sich in Deutschland durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Geld vom Staat. Die Bundestagswahl 2025 war für die AfD erfolgreich. Nicht nur wegen des für sie guten Wahlergebnisses (20,8 Prozent), sondern auch finanziell. Großspenden sind bei dieser Wahl wie noch nie in die Parteikassen geflossen: An alle Parteien zusammengenommen gab es elf Millionenspenden, drei davon gingen an die AfD, 5 Millionen Euro.
Bei sog. Großspenden, d.h. Spenden ab 35.000 Euro, müssen Parteien diese dem Bundestagspräsidium offenlegen. Sie werden im Register des Bundestags eingetragen und sind öffentlich einsehbar. Die AfD ist mit 60.000 Mitgliedern immer noch eine schwache Mitgliederpartei, ihre Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sind gering. Großspenden fallen deshalb bei ihr stärker ins Gewicht.
Als Wahlkampfspende sind de facto auch die Wahlwerbung und die gemeinsamen Wahlkampfauftritte der AfD-Vorsitzenden mit Tesla-Chef Elon Musk auf Musks Plattform X! anzusehen. Diese Form der Wahlkampfhilfe dürfte insbesondere dann als Parteispende zu werten sein, wenn AfD-Beiträge allein durch die Einstellung der Algorithmen bevorzugt werden und damit als »geldwerte Zuwendung« im Sinne des Parteiengesetzes zu werten sind. Das prüfen derzeit die Bundestagsverwaltung und die EU-Kommission.
Wer von Wahlkampfspenden Privater an die AfD spricht, kann ihre staatliche Finanzierung durch das Parteiengesetz nicht ausblenden. Bei der Bundestagswahl 2025 hat die AfD rund 10,3 Millionen Stimmen erhalten. Daraus ergibt sich eine Auszahlung staatlicher Mittel in Höhe von 9,2 Millionen Euro. Hinzu kommen die Wählerstimmen, die bei Landtags-/ Europawahlen für die AfD abgegeben werden.
Auf der einen Seite wird sie vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft, auf der anderen Seite wird die Bundespartei vom Staat alimentiert. Also ist die Partei nach der kruden Logik des Status quo »legal verfassungsfeindlich«.
Seit 2017 könnte die AfD vom Bundesverfassungsgericht auf Antrag von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen werden (Art.21 Abs.3 GG) – unter den gleichen Voraussetzungen wie deren Verbot. Bisher winden sich Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat jedoch, einen solchen Antrag zu stellen. Und finanzieren die AfD weiter.
Großspenden verschaffen politischen Einfluss
Mit jedem Wahlkampf steigt das Volumen der Parteispenden in Deutschland, es bewegt sich seit der Bundestagswahl 2021 im jährlichen, dreistelligen Millionenbereich. Im Zuge der Bundestagswahl 2025 wurden die Parteikassen von CDU/CSU, FDP und AfD gut gefüllt. Die übrigen Parteien erhielten deutlich weniger.
Im Register für Großspenden des Deutschen Bundestags wurden seit dem Ende der Ampelkoalition insgesamt 16,5 Millionen Euro aufgeführt – allein in den ersten Wochen des Jahres 14 Millionen Euro. Die Angaben zu den restlichen Parteispenden werden erst 2027 veröffentlicht.
In welchem Umfang Parteispenden das Wahlergebnis beeinflussen und das gute Wahlergebnis der AfD ermöglicht haben, ist kaum messbar. Eine solide finanzielle Ausstattung allein führt nicht zwangsläufig zu besseren Wahlergebnissen.
Das hat die aus dem Bundestag gekippte FDP erfahren müssen, die bis heute hinter der CDU die Spendenstatistik anführt. Großspenden verschaffen Reichen und Unternehmen jedoch Einfluss, privilegierte Zugänge zur Politik und mehr Macht, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Menschen am Ende der sozialen Stufenleiter haben das nicht.
Das perverse US-amerikanische Wahlkampfsystem, das von Großspenden der Superreichen an Republikaner und Demokraten dominiert wird, macht das deutlich. Mit einer Wahlkampfspende in Höhe von 277 Millionen US-Dollar konnte sich Elon Musk eine faktische Regierungsmitgliedschaft erkaufen, für andere Großspender fiel wenigstens ein Botschafterposten ab.
AfD-Financiers wollen im Dunkel bleiben
Wie ein roter Faden ziehen sich seit der Gründung der AfD ihre Tricksereien bei der Entgegennahme von Spenden durch. Viele Spender schaffen es, anonym zu bleiben. Illegales Verhalten der Partei in dem Zusammenhang kann oft nicht aufgeklärt werden, weil sich Hintermänner hinter Strohmännern verbergen. Bei der AfD kommen Verschleierungstechniken zum Einsatz, wie man sie von kriminellen Geldwäschern kennt – im Bund wie in den Ländern – und im Kreisverband der Vorsitzenden Weidel.
Viele dieser Spenden haben und hatten einen Auslandsbezug, insbesondere in die Schweiz, u.a. zur PR-Agentur Goal AG. Eine im Ergebnis nicht verifizierbare Spur führte zunächst auch zu dem 2021 gestorbenen Milliardär August von Finck jr., einem der reichsten Deutschen, ansässig in der Schweiz, der als Sohn des Hitler-Financiers gleichen Namens über den ganzen Globus unzählige reaktionäre, faschistische und libertäre Initiativen finanziell förderte.
Seit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2017 hat die AfD rund 1,1 Millionen Euro Strafzahlungen wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz leisten müssen. Dazu gehören unzulässige Spenden einschließlich Strohmannspenden, falsche Angaben oder die zweckwidrige Verwendung von Fraktionsgeldern. Auf die AfD entfielen deutlich mehr als die Hälfte aller Strafzahlungen.
Ein solches Versteckspiel brauchen deutsche Konzerne und superreiche Familienclans derzeit nicht. Ihren Interessen kommt die bürgerlich-parlamentarische Demokratie und deren Möglichkeiten zur Einflussnahme in ihrer aktuellen Form entgegen. Deswegen stehen bei ihnen CDU/CSU und FDP sowie mit kleineren Tranchen auch SPD und Grüne auf der Spendenliste. Aber nicht die AfD oder früher die NPD. Ende 2013 ließ die BMW-Großaktionärsfamilie Quandt/Klatten der CDU drei Großspenden über insgesamt 690.000 Euro zukommen. Damit lag sie weitaus höher als alle bisher bekannt gewordenen Spenden.
Die Höhe und die zeitliche Nähe der Spenden zur Entscheidung über die von Kanzlerin Merkel in Brüssel abgelehnte EU-Abgasnorm zeigt, dass es sich um ein Dankeschön für die erfolgreiche Umsetzung von Lobbyinteressen handelte und die Spender auch keine Skrupel hatten, sich einem solchen Verdacht auszusetzen.
Die Großspenden im einzelnen
Die Großspender an die AfD stammen nicht aus dem »Who is Who« der nationalen Konzerne, Familienunternehmen und deren Managern. Sie stammen mehrheitlich aus dem in der Bundesrepublik immer bestehenden reaktionären, braunen Rand der Wirtschaft, der bereits die Vorgängerstrukturen der AfD finanziell unterstützt hat.
Ausweislich der öffentlichen Spendenliste kam im Januar 2025 die erste Großspende in Höhe von 1,5 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Bundestagswahl vom Lübecker Unternehmer (Eigentümer des Flughafens Lübeck) und Mediziner Winfried Stöcker. Sein Vermögen wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Bereits 2019 hat er der AfD eine Großspende zukommen lassen.
Während der Coronapandemie hatte das frühere FDP-Mitglied verbotenerweise einen selbstentwickelten, aber nicht zugelassenen Impfstoff verteilt und war deswegen auch verurteilt worden. Aus seiner Sympathie für die AfD machte Stöcker u.a. in einem von ihm betriebenen Blog nie einen Hehl.
Im Wahlkampf wurde weiterhin eine Sachspende in Form einer Werbeplakatkampagne im Wert von rund 2,35 Millionen Euro bekannt, die der frühere österreichische FPÖ-Funktionär Gerhard Dingler gespendet haben soll.
Inzwischen deuten jedoch Fakten darauf hin, dass Dingler nur als Strohmann fungierte. Ermittlungen österreichischer Antigeldwäschebehörden zufolge hatte er die Millionen zuvor als »Schenkung« vom Duisburger Immobilienmilliardär Henning Conle erhalten.
Conle war bereits in der Vergangenheit durch verdeckte AfD-Unterstützung aufgefallen. 2019 ermittelte die Staatsanwaltschaft Konstanz, dass Conle mutmaßlich hinter einer illegalen Parteispende an Alice Weidel im Jahr 2017 steckte. Die Spende in Höhe von insgesamt 132.000 Euro wurde gestückelt und über die Konten zweier Schweizer Pharma-Firmen abgewickelt. Zusätzlich gibt es weitere Hinweise auf verdeckte Geldflüsse von Conle in Richtung AfD.
Noch dubioser war eine Spende über 999.990 Euro eines Horst Jan Winter im Januar 2025. Als klar wurde, dass es sich dabei um einen Aufsichtsrat der Böttcher AG in Thüringen handelte, einer Firma für Bürobedarf, trennte sich diese im Streit von Winter. Sie wirft ihm vor, ein Geldgeschenk des Vorstands der Böttcher AG für die Spende missbraucht zu haben. Winter bestreitet das.
Überfordert
Die Bundestagsverwaltung ist, das zeigen die ans Licht gekommenen Spendenskandale, mit der Kontrolle überfordert. Die Hintermänner von Strohmannkonstruktionen sind meistens nur durch Zufall und glückliche Umstände ans Licht gekommen. Parteien können sich in Deutschland ihren Wahlkampf im Kern unbeschränkt von Privatpersonen oder Firmen finanzieren lassen.
In den meisten EU-Staaten ist das Spendenrecht strenger. Dort sind Parteispenden gedeckelt, es gibt Grenzen nach oben. Schaden würde eine solche Regelung im Parteiengesetz nicht. Ob ein solcher Deckel allerdings mehr Transparenz schafft, kann bezweifelt werden. Dafür bräuchte es auch einer zupackenderen Behörde mit zusätzlichen Kompetenzen wie eigenen Durchsuchungsrechten. Das will gegenwärtig, außer engagierte NGOs, von den Parteien niemand (»zu viel Bürokratie«).
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