COP30, CCS und neue Gaskraftwerke
von Wolfgang Pomrehn
Wenn diese Zeitung in der letzten Novemberwoche ausgeliefert wird, ist im brasilianischen Belém gerade die UN-Klimakonferenz zu Ende gegangen, die COP30. Seit 30 Jahren finden diese Konferenzen jährlich statt. Über internationalen Klimaschutz wird sogar schon seit Ende der 80er Jahre verhandelt. Dabei geht es meist darum, wann und wieviel die reichen Länder zahlen, um den Ländern des Südens bei der Anpassung zu helfen, und natürlich darum, wer wann und wieviel seiner Treibhausgasemissionen reduzieren soll.
Das wichtigste Treibhausgas ist CO2, das vor allem durch die Verbrennung von Kohle, Erdölprodukten und Erdgas, aber auch bei der Zementproduktion und durch Entwaldung freigesetzt wird. Im Gegensatz zu den meisten anderen Treibhausgasen ist CO2 ziemlich langlebig. 57 Prozent werden mehr oder weniger sofort von Biosphäre und Ozeanen aufgenommen, aber rund 43 Prozent verbleiben für viele Jahrhunderte bis zu mehreren Jahrtausenden in der Atmosphäre und tragen dort zur Erwärmung bei.
Um so frustrierender ist es, dass über die Hälfte allen je durch menschliche Aktivitäten in die Luft geblasenen CO2 sich dort erst nach Beginn der Verhandlungen angereichert hat – mit den erwartbaren Folgen: Es wird immer wärmer. Die schweren Unwetter, Hitzewellen und Dürren nehmen zu und werden intensiver, der Anstieg der Meere beschleunigt sich und die übers Jahr und den ganzen Planeten gemittelte Temperatur ist seit dem Ende der 1980er Jahre um gut 0,8 Grad Celsius gestiegen.
Es wird mit ziemlicher Sicherheit nur noch wenige Jahre dauern, bis die globale Temperatur auch im mehrjährigen Durchschnitt jene 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau erreicht, die eigentlich »möglichst« nicht überschritten werden sollten. So war es jedenfalls vor zehn Jahren in Paris vereinbart worden, als man dort zur COP21 tagte und Frankreichs seinerzeitiger Präsident Nicolas Sarkozy die Klimaschützer mit Notstandsdekreten von der Straße prügeln ließ.
In Deutschland werden derweil Klimaschützer von einigen Staatsanwaltschaften schon mit dem Terroristen-Paragrafen 129 verfolgt, wobei die Repression ganz dem Unwillen der Regierung entspricht, die für einen effektiven Klimaschutz notwendien, schweren Einschnitte vorzunehmen. Etwa der Automobilbranche, Immobilienunternehmen und Energiekonzernen Daumenschrauben anzulegen, oder Bahn und Bus massiv auszubauen. Gewinne sollen nicht angetastet oder durch Klimaschutzauflagen und Produktionsumstellungen gemindert werden.
Die kurz vor Beginn der UN-Konferenz endlich verabschiedeten neuen Klimaziele der EU sehen vor, dass bis 2040 die Emissionen gegenüber 1990 um 90 Prozent reduziert werden sollen. Das hört sich gut an, aber erstens bedeutet es, dass bis dahin in der Summe noch viel zu viel Treibhausgas in die Luft geblasen wird, und zweitens werden 5 Prozentpunkte dieser Minderung eine bloße Luftbuchung sein.
Diesen Teil der künftigen Emissionen soll der Einkauf von Zertifikaten kompensieren, die für Klimaschutzmaßnahmen in Drittländern ausgestellt werden. Derlei gibt es schon heute, doch die Mehrheit dieser Papiere hat eine recht zweifelhafte Aussagekraft.
Auf anderen Feldern ist man sogar schon weiter auf dem Weg zurück in den ungebremsten Fossilismus. Die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche verkündet z.B., ihr gehe die Energiewende viel zu schnell, die Solarenergie sei zu billig. Gemeinsam mit dem Bundeskanzler arbeitet sie in Berlin und Brüssel eifrig daran, das Verbrenner-Aus wieder zu kippen.
Derweil werden unter der Nordsee und in Bayern neue Erdgasvorkommen erschlossen, ein CCS-Gesetz verabschiedet, das uns demnächst CO2-Pipelines sowie Trinkwasser gefährdende CO2-Verpressung bescheren könnte, und im Bundeskabinett ein Gasplan verabschiedet. Zehn oder mehr Gasgroßkraftwerke mit einer Leistung von zusammen 8 GW sollen gebaut werden.
Da diese nur als Lückenbüßer zum Einsatz kommen, wenn Solar- und Windenergie zu wenig liefert, werden sie kaum wirtschaftlich zu betreiben sein. Soll heißen, man wird sie auf die eine oder andere Art subventionieren, so wie man auch Dienstwagen im besonderen und dem Autoverkehr im allgemeinen, der Fliegerei und allerlei anderen klimaschädlichen Einrichtungen mit steuerlichen Vorteilen oder direkten staatlichen Zuwendungen unter die Arme greift – auch noch im Jahre 34 nach der Unterzeichnung der UN-Klimaschutzkonvention.
Was sagt uns das? Klimaschutz bleibt Handarbeit. Ohne Druck von unten – und zwar großen Druck, denn es geht gegen mächtige Kapitalinteressen – bewegt sich gar nichts.
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