Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

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zusammengestellt von Norbert Kollenda

Jetzt haben die rechten Nationalisten diesseits und jenseits der Oder ihr Ziel erreicht. Ob nun Tusk, Merz oder Dobrindt – sie alle beugen sich ihrem Druck und übernehmen deren Agenda. Entlang der Oder wird ein gemeinsames Grenzregime errichtet – zwei EU-Staaten, die sich plötzlich gegenseitig misstrauen.
In Polen wird weiterhin heftig über den Ausgang der Wahlen diskutiert und gestritten. Zum Ende des Schuljahres fragen sich viele Lehrkräfte, wie es weitergeht – schließlich folgt der Lehrplan stets der politischen Richtung, und nicht immer stehen dem Bildungsministerium kompetente Leute vor. Und auch die mächtige katholische Kirche bleibt ein Dauerthema – an ihr kommt kein Kommentar vorbei. Oder etwa doch?
Selbst der neue Nationalpark Unteres Odertal gerät in die Kritik der PiS, die darin einen weiteren „Dienst an Deutschland“ durch Tusk wittert. (Norbert Kollenda)

Nun auch Probleme an der deutsch-polnischen Grenze?

OKO.press, 28. Juni 2025

Pawel Jedral (OKO.press): Haben wir es an der Grenze zu Deutschland mit einer Flüchtlings- oder Migrationskrise zu tun?

Filip Rakoczy, Rechtsanwalt und Berater für Hilfsorganisationen:

Ich würde die aktuelle Lage nicht als Krise bezeichnen – zumindest derzeit noch nicht. Das Ausmaß der Situation ist momentan begrenzt, und viele ihrer Auswirkungen werden durch das Engagement lokaler NGOs und Aktivist:innen abgefedert. Aber die Lage könnte durchaus eskalieren, wenn die Zahl der Menschen, die versuchen, die Grenze zu überqueren, weiter steigt. Gründe dafür könnten unter anderem Mängel im polnischen Asylrecht, Personalmangel beim Grenzschutz und der Ausländerbehörde sowie fehlende Plätze in den bewachten Ausländerzentren sein.

Jedral: Warum wird in den Medien kaum darüber berichtet?

Rakoczy:

Zum einen, weil die Situation an der deutsch-polnischen Grenze nicht mit der an der Grenze zu Belarus vergleichbar ist. Dort stecken Menschen oft tagelang im Wald oder Sumpf fest und werden in Länder zurückgeschoben, in denen Gewalt gegen Migrant:innen ausgeübt wird – unter Zwang, die Grenze erneut zu überqueren.
Zum anderen passt dieses Thema derzeit politisch nicht ins Kalkül der Regierung. Berichte über Geflüchtete, die aus Deutschland nach Polen zurückgeschickt werden, würden in der Öffentlichkeit als Zeichen der Schwäche des polnischen Staates gewertet.
Trotzdem ist das Thema heikel. Angesichts der Aussetzung des Asylrechts an der belarussischen Grenze und der Verschärfungen in der deutschen Politik könnte es bald an Brisanz gewinnen. Bislang fehlen nur die spektakulären Bilder und dramatischen Geschichten wie aus den Wäldern von Podlasie.

Tusk führt Grenzkontrollen ein

OKO.press, 1. Juli 2025

Die Regierung reagiert auf Berichte über Grenzübertritte von Migranten. Laut Premierminister Donald Tusk schickt Deutschland inzwischen Personen aus Nicht-EU-Staaten nach Polen zurück. Er spricht von „unkontrollierten Migrationsströmen“. Zugleich kündigt er an, den regulären Grenzverkehr – auch den Gütertransport – so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Tusk wirft Deutschland vor, „seine Praxis geändert“ zu haben und nun gezielt Migranten nach Polen zurückzuführen.

Der polnische Premier erklärt:

Ich habe die deutsche Seite bereits im März gewarnt. In mehreren Gesprächen mit dem neuen Bundeskanzler habe ich klar gemacht, dass Polens geduldige Haltung angesichts der einseitigen deutschen Grenzkontrollen, insbesondere seit der Änderung des Vorgangs, an ihre Grenzen stößt. Diese Änderungen führen dazu, dass es ohne eigene Kontrollen auf polnischer Seite kaum möglich ist, zu überprüfen, ob die Personen, die zurückgeführt oder abgeschoben werden sollen, tatsächlich von einer Abschiebung betroffen sein sollten.

Gefährliches Spektakel an der deutsch-polnischen Grenze

OKO.press, 2. Juli 2025

Die Gruppe Granica, die sich für Geflüchtete einsetzt, hat eine Erklärung zur aktuellen Lage an der polnisch-deutschen Grenze veröffentlicht. Nach Ansicht der Aktivist:innen ist die Grenze „zum Schauplatz eines gefährlichen politischen Spektakels geworden“. In der Folge würden Menschen leiden, Gesetze gebrochen und ein wachsendes Bedrohungsgefühl geschürt.

Sie schreiben:

Seit Wochen erleben wir eine koordinierte Kampagne der extremen Rechten und eines Teils der politischen Klasse, die unter dem Vorwand der ‚Grenzverteidigung‘ mit Panikmache, Desinformation und Gewalt politisches Kapital schlägt. Selbsternannte ‚Bürgerpatrouillen‘ blockieren ohne jegliche Befugnis Grenzübergänge, halten Autos an, skandieren rassistische Parolen und führen Pseudokontrollen durch. Daran beteiligt sind unter anderem Mitglieder der Nationalen Bewegung, des Unabhängigkeitsmarsches, der Grenzschutzbewegung von Robert Bakiewicz sowie Stadion-Hooligans.

Die Aktivist:innen kritisieren auch, dass führende Politiker wie Präsident Andrzej Duda oder der designierte Präsident Karol Nawrocki diese Kampagne unterstützen. Duda erklärte am Montag, dem 30. Juni, während eines Besuchs in Spanien, es sei „bedauerlich“, dass die polnische Regierung nicht auf das „Eindrängen“ von Migranten aus Deutschland reagiere, und lobte die sogenannten Bürgerpatrouillen. Auch Nawrocki äußerte in der Sendung „Gosc Wydarzen“ am selben Tag Verständnis für die Patrouillen und sprach von einer „dramatischen Situation“ an der Grenze sowie von Untätigkeit der Regierung.

Die Gruppe Granica widerspricht vehement: Bei den „Patrouillen“ handle es sich nicht um Bürgerinitiativen, sondern um Milizen aus Nationalisten und Fußball-Hooligans. Die von Politikern verwendete „Sprache der Bedrohung“ legitimiere soziale Spannungen und schüre Misstrauen gegenüber Ausländer:innen:

Hier geht es nicht um eine reale Bedrohung – es gibt keine ‚Invasion‘, keine massenhafte Rückführung von Migranten durch Deutschland, keine Ausnahmesituation. Es handelt sich um ein brutales politisches Spiel.

Polen im Chaos

Przeglad, 30. Juni 2025

Fälschungen, Pannen bei der Stimmauszählung, dubiose Wahlhelfer in den Kommissionen – das hat uns Jaroslaw Kaczynski eingebrockt. (Norbert Kollenda)

So etwas hat es in der Geschichte Polens noch nie gegeben: Über 50.000 Wahlbeschwerden sind beim Obersten Gerichtshof eingegangen, es häufen sich Berichte über „Wunder an der Urne“ – und ausgerechnet PiS-Politiker, die selbst Mitglieder der umstrittenen, von der PiS kontrollierten Kammer für außerordentliche Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten des Obersten Gerichtshofs sind, entscheiden jetzt über die Gültigkeit der Präsidentschaftswahl.

Monatelang hatte die PiS unter Jaroslaw Kaczynski ihre Anhänger vor angeblich massiven Wahlfälschungen gewarnt – absurd, denn sie selbst hatte in ihren acht Regierungsjahren das Wahlrecht massiv umgebaut und dies mit angeblicher Sorge um den Rechtsstaat begründet. In Wahrheit sollte mit den Änderungen ein Wahlsieg von Karol Nawrocki verhindert werden.

Aktivisten der PiS-nahen Organisationen „Bewegung zur Wahlkontrolle“ und „Bewegung zum Wahlschutz“ meldeten zahlreiche „Unregelmäßigkeiten“ – etwa die Nutzung der fehleranfälligen App mObywatel zur Identitätsprüfung, angebliche Massenfälschungen von Wahlscheinen zur Stimmabgabe außerhalb des Wohnortes, „unsorgfältige“ Stimmauszählung, das absichtliche Ungültigmachen von Stimmzetteln oder das „versehentliche“ Vertauschen von Stimmen.

Wie diese angebliche „Wahlüberwachung“ in Wirklichkeit abläuft, schilderte der frühere PiS-Aktivist Marek Zagrobelny, der selbst an der „Bewegung zum Wahlschutz“ beteiligt war, in einem Beitrag auf Facebook:

Diese Organisation hat mit ‚Schutz‘ rein gar nichts zu tun. Sie dient vor allem dazu, PiS-Anhänger vor den Wahlen aggressiv zu mobilisieren – und zweitens: zur Fälschung! Die ‚Schulungen‘ laufen in einer Atmosphäre ab, in der Mitglieder und Sympathisanten der PiS systematisch gedrängt werden, die Kontrolle über die Wahlkommissionen zu übernehmen. Sie sollen möglichst Vorsitzende oder Stellvertreter der Wahllokalkommissionen werden und am Wahltag als verlängerter Arm der örtlichen PiS-Strukturen fungieren.
Das Ganze basiert auf den in der PiS weitverbreiteten Verschwörungstheorien. Man sucht gezielt nach Personen, die bereit sind zu fälschen, und bringt ihnen die Techniken und Methoden bei – natürlich inoffiziell, zwischen den Zeilen, oft in Vier-Augen-Gesprächen oder in Pausen während der vermeintlichen ‚Schulungen‘. Der offizielle Teil dieser Treffen dient nur dazu, Seriosität zu suggerieren und die Wahlvorschriften zu erläutern.
Angesichts des Ausmaßes der jetzigen Wahlfälschungen kann ich mir gut vorstellen, dass Fälschungsanweisungen diesmal ganz offen erteilt wurden – direkt während der Treffen.

Eindrücke nach den Wahlen

Studioopinii.pl, 12. Juni 2025

Tadeusz Zatorski (geb. 1960) – Germanist, Übersetzer, Autor des Blogs www.brulionbezlinii.net („Notizbuch ohne Linien“).

Wer sich über die Entscheidungen des „Volkes“ beklagt, begibt sich auf gefährliches Terrain – schnell macht er sich zum Gespött. Seit Brecht in seinem berühmten Gedicht solchen Nörglern vorschlug, „das Volk aufzulösen“ und sich „ein neues“ zu suchen, geistert dieses Zitat als geflügeltes Wort durch Essays und Kommentare, um allen den Mund zu stopfen, die nicht „für“, sondern „gegen“ das Volk wettern wollen:

Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, dass das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?

Oder, wie Schiller seinen „Demetrius“ im polnischen Sejm sagen lässt:

Ihr sagt mir die Mehrheit!
Was ist denn die Mehrheit? Die Mehrheit ist Dummheit.
Die Vernunft war schon immer in der Minderheit – und wer
nichts hat, kümmert sich nicht um das Allgemeinwohl.
Weiß ein Bettler denn, was Freiheit oder Wahlfreiheit ist?
Er muss doch den Mächtigen für ein paar Almosen,
für Brot und Schuhe seine Stimme verkaufen!
Aber Stimmen müssen gewichtet werden – nicht gezählt.
Ein Staat, in dem Mehrheit und Dummheit regieren,
muss früher oder später untergehen.

Nach der Amtsübernahme am 6. August wird die Hölle losbrechen. Begriffe wie „Zuhälter“ werden in allen grammatischen Formen durch die Straßen hallen, Kabarettisten werden sich mit bissigen Pointen hervortun. Wird die Staatsanwaltschaft angesichts der Flut an Beleidigungen gegen das Staatsoberhaupt überhaupt nachkommen? Nicht zwingend.

Ich befürchte ein schlimmeres Szenario: Die „Verteidigung“ des neuen Präsidenten könnte von „patriotischen Fans“ übernommen werden – schließlich wird „einer von ihnen“ das höchste Amt bekleiden. Wir haben bereits einen Vorgeschmack bekommen, als der PiS-Chef zur „Verteidigung der Kirchen“ aufrief: Ich erinnere mich gut an die Reihe kahlgeschorener junger Männer, die damals den Erzbischofspalast in Krakau bewachten. Wäre nicht eine Polizeikette dazwischen gewesen, hätten sie vermutlich gerne selbst Hand angelegt, um uns zum „einzig wahren Glauben“ zu „bekehren“.

Und wenn dann plötzlich ein Journalist X aus dem Fluss gefischt wird oder Redakteur Y mit ausgeschlagenen Zähnen aufgefunden wird, während die Polizei nur die Hände hebt und von „unbekannten Tätern“ spricht? Dann werden sich viele Medienschaffende fragen, ob es sich noch lohnt, den Mund aufzumachen.

Ich fürchte, in der polnischen Politik bricht eine neue „Qualität“ an: regelmäßige Prügeltrupps – und wenn’s zu wild wird, wird der Präsident dann gnädig sein.

Bildung nach dem politischen Kalender

OKO.press, 27. Juni 2027

Agnieszka Ciesielska, Polnischlehrerin:

Wer solide und verantwortungsvoll arbeitet, hat nicht nur eine wohlverdiente Erholung verdient, sondern auch ein angemessenes Gehalt. Ein Gehalt, bei dem mir kein Schüler mehr mitleidig sagt, es täte ihm leid, dass ich Lehrerin geworden bin.

Ich habe mir den Urlaub verdient … und ein angemessenes Gehalt.

Ja, wir sollten es laut aussprechen: Lehrerinnen und Lehrer haben ein Recht auf Urlaub. Junge Menschen beim Lernen, in ihrer Entwicklung, bei ihren Hobbys oder Klassenfahrten zu begleiten, ihre Probleme zu lösen, Kontakt zu den Eltern zu halten, den Lehrplan umzusetzen – auch wenn er gekürzt wurde, aber trotzdem nicht mehr zu den Herausforderungen der heutigen Welt und den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen passt – das alles ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Seit mir bewusst wurde, wie viele Aufgaben wir Lehrkräfte eigentlich gleichzeitig erfüllen, habe ich kein Problem mehr damit, offen zu sagen: Für diese anstrengende Arbeit und die große Flexibilität während der zehn Monate des Schuljahres habe ich mir eine Pause verdient.

Viele junge Lehrkräfte sehen das inzwischen anders – deshalb arbeiten auch immer weniger von ihnen in den Schulen. Das überrascht kaum: Für sie lohnt sich dieser Beruf einfach nicht.

Der Beruf hat sein Ansehen verloren.

Das Thema Gehälter hat das Schuljahr 2024/25 klar geprägt. Nach den Parlamentswahlen am 15. Oktober 2023 wehte ein frischer Wind im Bildungsministerium, und schon bald folgten die lange erhofften Gehaltserhöhungen. Doch haben dieser Optimismus und die Freude über mehr Geld tatsächlich das Denken über die Schule dominiert?

Man sollte sich an den Bürgergesetzentwurf des polnischen Lehrerverbandes ZNP erinnern, der schon vor Jahren in den Sejm eingebracht wurde. Er trägt den Titel ‚Angemessene Löhne und hohes Ansehen für Lehrer‘ und sieht vor, das Grundgehalt der Lehrkräfte an den landesweiten Durchschnittslohn zu koppeln. Das würde Gehaltserhöhungen entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung garantieren – und wäre ein wichtiger Schritt, um Schulen wieder als attraktive Arbeitsplätze erscheinen zu lassen.

Die Heuchelei der polnischen Bischöfe

studioopinii.pl, 20. Juni 2025

Stanislaw Obirek, Theologe, Historiker, Kulturanthropologe und Professor für Geisteswissenschaften an der Universität Warschau:

Als ehemaliger Jesuit und ehemaliger Katholik sollte ich mich eigentlich nicht in die internen Angelegenheiten der polnischen Bischöfe einmischen. Doch als externer, aber dennoch kompetenter Beobachter kann ich nicht schweigen zu dem, was in den letzten Tagen in Bezug auf die Haltung der Bischöfe gegenüber den Opfern sexualisierter Gewalt durch Priester geschehen ist.

Konkret geht es darum, dass die geplante Einsetzung einer Kommission, die die Rolle der Bischöfe bei der Vertuschung solcher Verbrechen untersuchen sollte, vereitelt wurde. Viel wurde darüber bereits geschrieben – besonders eindrücklich fand ich das Gespräch von Szymon Piegza mit Professor Micha? Królikowski, einem Mitglied der sogenannten Primas-Kommission. Dort spürt man die echte Enttäuschung eines engagierten Katholiken, der eine Aufarbeitung in der Kirche fordert.

Ganz anders das Gespräch mit dem neuen Leiter der gerade gegründeten Kommission, Erzbischof Slawomir Oder: Hier zeigt sich ein abgebrühter Kirchenmann, der glaubt, die Kirche stehe außerhalb jeder Kontrolle. Zwar triumphiert Oder aktuell, doch ich bin überzeugt, dass er scheitern wird.

Der einzige Bischof, der bisher für eine einigermaßen glaubwürdige Aufarbeitung stand, war Primas Wojciech Polak. Doch genau dieser wurde nun als Vorsitzender der Kommission für Opferangelegenheiten abgesetzt. An seiner Stelle wählten die Bischöfe den berüchtigten Karrieristen Erzbischof Oder – ausgerechnet jenen, der schon den Selig- und Heiligsprechungsprozess von Johannes Paul II. nicht gewissenhaft geführt hat.

Damals umschiffte Oder gezielt jene heiklen Fragen, die das Verfahren hätten scheitern lassen können – insbesondere in Bezug auf die Rolle von Karol Wojtyla im Umgang mit Missbrauchsfällen. Man kann sich ausmalen, mit welcher ‚Sorgfalt‘ er nun auch die Aufarbeitung im Episkopat handhaben wird. Wahrscheinlich war gerade das der Grund, weshalb er Primas Polak ablöste.

Lügen der PiS rund um den Nationalpark Unteres Odertal

OKO.press, 27. Juni 2025

In Ausgabe 233 der polnischen Presseschau, vom 3. Juni, wurde über die Genehmigung des Nationalparks Unteres Odertal seitens der kommunalen Behörden Polens berichtet. (Norbert Kollenda)

Nun behauptete der PiS-Abgeordnete Artur Szalabawka :

Wenn das Projekt umgesetzt wird, blockiert es die Entwicklung der Binnenschifffahrt auf der Oder – das dient nur deutschen Interessen.

Tatsächlich liegt der Entwurf zur Festlegung der Parkgrenzen bereits der Regierung vor, der Sejm wird sich bald mit dem Gesetz zur Gründung des 24. polnischen Nationalparks befassen.

Bereits als das Projekt konkreter wurde, starteten Abgeordnete der PiS und von Suwerenna Polska eine gezielte Kampagne der Lügen, Manipulation und Angstschürerei. Ihr Mantra: Der Park schade der Schifffahrt und sei „im Interesse Berlins“.

Besonders aktiv: Michal Wos von Suwerenna Polska, früher Umwelt- und stellvertretender Justizminister in der PiS-Regierung. Anfang Juni schrieb er:

Im Wahlkampfgetümmel ging es unter: Die PO-Ratsmitglieder in Westpommern haben den Nationalpark Dolina Dolnej Odry (Unteres Odertal) abgesegnet. Die Folge? Eine Blockade der Häfen Stettin-Swinemünde. Die Befehle kamen von oben – und in Berlin knallten schon die Sektkorken.

Dabei war Wos früher selbst kein Gegner neuer Nationalparks – im Gegenteil: Als Regierungsmitglied schlug er vor, das Naturschutzgebiet Lezczok bei Racibórz zu einem Nationalpark zu machen, was auch von den staatlichen Forsten unterstützt wurde, die damals unter Führung von Suwerenna Polska standen.

Was steckt also wirklich hinter dem Parkprojekt? Der geplante Park umfasst das Gebiet Miedzyodrze („Zwischen der Oder“), wo bisher ein Landschaftspark bestand. Es handelt sich um ein einmaliges Gebiet aus Kanälen, alten Schleusen, Wiesen und Mooren zwischen den beiden Oder-Armen. Der Park wird rund 6.000 Hektar groß sein und sich von Widuchowa bis zum Stadtrand von Stettin erstrecken. Die Gemeinde Gryfino, die sich gegen den Park aussprach, liegt außerhalb der geplanten Parkgrenzen.

Bereits im Sommer 2023 betonte Prof. Szlauer-Lukaszewska, Mitglied der Initiativgruppe für den Park, dass der Naturschutz keinerlei Auswirkungen auf die Schifffahrt haben werde. Auch Karten des Ministeriums für Umwelt und Infrastruktur zeigen klar: Die Parkgrenzen enden am Oderufer. Das Ministerium erklärt: „Die Schifffahrt auf beiden Oder-Armen bleibt unverändert. Selbst wenn diese Gebiete in den Park integriert würden, müsste die Schiffbarkeit nicht enden. Gemäß Naturschutzgesetz bleiben wirtschaftlich genutzte Flächen im Park landschaftsgeschützt und dürfen weiterhin wie bisher genutzt werden.“

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