Koloniale Nostalgie
dokumentiert
Am 30.Oktober gelang es dem Rassemblement National, einer rassistischen Partei, die von ehemaligen Mitgliedern der OAS und der Waffen-SS gegründet wurde, mit Hilfe der konservativen Partei Les Républicains erstmalig, einen eigenen Antrag im Parlament durchzubringen.
Die OAS war eine französische Terrorgruppe, die in der Endphase des Algerienkriegs Anfang der 60er Jahre die Unabhängigkeit des Landes zu verhindern versuchte. Der Antrag des RN forderte die Kündigung des französisch-algerischen Abkommens von 1968, das das Aufenthaltsrecht von Algeriern in Frankreich regelt. Wir veröffentlichen eine Erklärung der NPA (Nouveau Parti Anticapitaliste).
Erklärung der NPA
Diese Abstimmung ist rein symbolisch. Eine solche Resolution hat keinerlei bindende Wirkung, die Kündigung solcher Abkommen liegt allein in der Zuständigkeit der Exekutive. Der verabschiedete Text wird keine unmittelbaren praktischen Auswirkungen haben, da jede Änderung einer Vereinbarung mit der algerischen Regierung unterliegt.
Aber was für ein Symbol! Zum erstenmal gelingt es dem RN, einen seiner Anträge in der Nationalversammlung durchzubringen. Das ist ein sehr schwerwiegender Präzedenzfall. Die Verabschiedung erfolgte mit einer Stimme Mehrheit dank der Stimmen der Partei Horizons von Édouard Philippe und der LR von Bruno Retailleau sowie aufgrund der Abwesenheit vieler anderer Abgeordneter, insbesondere der Macronisten. Diese Abstimmung ist ein entscheidender Schritt in Richtung Normalisierung des RN und einer Vereinigung der Rechten. Wie Marine Le Pen sagt: »Das ist kein Wendepunkt, sondern ein Schritt.«
Das Abkommen von 1968 wurde nach der Unabhängigkeit als Wiedergutmachung für mehr als 130 Jahre kolonialer Gewalt ausgehandelt. Die Rücknahme dieses Abkommens zielt darauf ab, diejenigen zufrieden zu stellen, die den Sieg des algerischen Volkes über Frankreich nie verdaut haben. Der Antrag des RN fügt sich in das Narrativ eines von Algerien »gedemütigten« Frankreichs und in die koloniale Nostalgie eines Teils des politischen Spektrums. Selbst der amtierende Premierminister Lecornu und sein Vorgänger, François Bayrou, hatten erklärt, das Abkommen müsse »neu verhandelt« werden, da es »aus einer anderen Zeit stammt«.
Die NPA verurteilt die Festsetzung rassistischer und kolonialistischer Positionen auf allen Ebenen des politischen Lebens. Wir rufen die linken Organisationen (Vereine, Gewerkschaften, politische Organisationen…) dazu auf, sich gemeinsam gegen die Normalisierung des RN zu wehren und sich gegen die Gefahren zu organisieren, die von dieser Partei und der fortschreitenden Faschisierung ausgehen. Lasst uns schnell gemeinsam eine einheitliche und populäre, antirassistische, antifaschistische und antikoloniale Gegenwehr organisieren!
31.Oktober 2025
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