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Palästina Blog 30. Juli 2025

Bericht von Francesca Albanese

Francesca Albanese ist Sonderberichterstatterin der UNO für die Lage der Menschenrechte in den seit Juni 1967 besetzten palästinensischen Gebieten. Ihr Bericht wurde im Juni 2025 veröffentlicht. Der Bericht hat ihr weltweit einen Shitstorm eingetragen, natürlich wurde sie als Antisemitin beschimpft. Die US-Regierung hat sie mit Sanktionen belegt, Grundlage dafür ist ein Dekret von US-Präsident Donald Trump vom Februar 2025, das Sanktionen gegen Angehörige des IStGH erlaubt. Es ermöglicht unter anderem das Einfrieren von Vermögenswerten in den USA sowie Einreiseverbote für betroffene Personen und deren Familien. (d. Red.)

In Deutschland erhielt Albanese bereits Anfang des Jahres Redeverbot von der LMU in München und der FU in Berlin; ihr improvisierter Auftritt in einem Veranstaltungsraum in Berlin-Kreuzberg wurde von einem halben Dutzend Polizeibeamten im Publikum überwacht, ebenso ihr Auftritt bei der jungen Welt tags zuvor. Auch die Universität in Bern erteilte der engagierten Anwältin, die von Amnesty International eingeladen worden war, Redeverbot. Eine Ausweichveranstaltung fand in Zürich statt.

Albanese wurde nicht vom UN-Generalsekretär ernannt und spricht nicht im Namen der Vereinten Nationen. Die UN äußerten sich bislang nicht zu den US-Sanktionen. Stephane Dujarric, Sprecher von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, bezeichnete es als „gefährlichen Präzedenzfall“, Sanktionen gegen eine/n Sonderberichterstatter/in (des UN-Menschenrechtsrates) zu verhängen. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Turk, forderte die US-Administration auf, die Sanktionen gegen Albanese „sofort“ aufzuheben.

Die Abschnitte I–III legen Umstände und Methode der Zusammenstellung des Berichts dar und wurden deshalb ausgespart.

Übersetzung ins Deutsche durch DeepL, Redaktion: Angela Klein

Der englische Originaltext findet sich auf: https://www.ohchr.org/en/documents/country-reports/ahrc5923-economy-occupation-economy-genocide-report-special-rapporteur

IV. Von der Ökonomie der siedlungskolonialen Besatzung zur Ökonomie des Völkermordes

22. Siedlerkolonialismus beinhaltet Ausbeutung und Profit aus und die Kolonisierung von Land durch die Vertreibung seiner Besitzer. In Palästina haben Unternehmen in der Vergangenheit den Prozess der Vertreibung und Verdrängung der arabischen Bevölkerung ermöglicht und vorangetrieben, was in der Logik der siedlungskolonialen Auslöschung ein grundlegendes Moment ist. Der 1901 gegründete Jüdische Nationalfonds, ein Unternehmen, das Land kauft, trug mit zur Planung und Durchführung der schrittweisen Vertreibung der arabischen Palästinenser:innen bei, die sich mit der Nakba verschärfte und seither anhält.

23. Mit zunehmender Unterstützung von Unternehmen hat Israel die Enteignung und Vertreibung der Palästinenser:innen vorangetrieben, insbesondere nach 1967. Der Unternehmenssektor hat wesentlich zu diesem Vorhaben beigetragen, indem er Israel mit den Waffen und Maschinen belieferte, die für die Zerstörung von Häusern, Schulen, Krankenhäusern, Freizeit- und Kultstätten, von Lebensgrundlagen und produktiven Vermögenswerten wie Olivenhaine und Obstplantagen, für die Segregation und Kontrolle von Gemeinschaften und für die Einschränkung des Zugangs zu natürlichen Ressourcen erforderlich sind. Indem der Unternehmenssektor dazu beitrug, die illegale israelische Präsenz in den besetzten palästinensischen Gebieten zu militarisieren und zu fördern, hat er die Voraussetzungen für die ethnische Säuberung der Palästinenser:innen geschaffen.

24. Unternehmen haben eine Schlüsselrolle bei der Unterdrückung der palästinensischen Wirtschaft gespielt, indem sie die israelische Expansion im besetzten Land unterstützten und die Verdrängung der Palästinenser:innen erleichterten. Drakonische Einschränkungen – für Handel und Investitionen, Baumpflanzungen, Fischerei und Wasser für Siedlungen – haben Landwirtschaft und Industrie geschwächt und das besetzte palästinensische Gebiet in einen Markt in Gefangenschaft verwandelt. Unternehmen haben mit der Ausbeutung palästinensischer Arbeitskräfte und Ressourcen, dem Abbau und der Abzweigung natürlicher Ressourcen, dem Bau und der Energieversorgung von Siedlungen sowie dem Verkauf und der Vermarktung solcherart erstandener Waren und Dienstleistungen in Israel, dem besetzten palästinensischen Gebiet und weltweit Profit gemacht. Das israelisch-palästinensische Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen (Oslo-II-Abkommen) hat diese Ausbeutung gefestigt und de facto das Monopol Israels über 61 Prozent des ressourcenreichen Westjordanlands (Gebiet C) institutionalisiert. Israel profitiert von dieser Ausbeutung, während diese die palästinensische Wirtschaft mindestens 35 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts kostet.

25. Finanzielle und akademische Institutionen haben ebenfalls die Bedingungen für die Vertreibung und den Ersatz der Palästinenser:innen geschaffen. Banken, Vermögensverwaltungsfirmen, Pensionsfonds und Versicherungen haben Finanzmittel in die illegale Besatzung gelenkt. Universitäten – Zentren intellektueller Entwicklung und intellektueller Macht – haben die politische Ideologie unterstützt, die der Kolonisierung palästinensischen Landes zugrunde liegt; sie haben Waffen entwickelt und systemische Gewalt nicht beachtet oder sogar gebilligt, während globale Forschungskooperationen die Auslöschung der Palästinenser:innen hinter einem Schleier akademischer Neutralität verborgen haben.

26. Nach dem Oktober 2023 verwandelten sich seit langem bestehende Systeme der Kontrolle, Ausbeutung und Enteignung in wirtschaftliche, technologische und politische Infrastrukturen, die mobilisiert wurden, um Massengewalt und immense Zerstörung anzurichten. Einrichtungen, die zuvor die Beseitigung und Auslöschung der Palästinenser:innen im Rahmen der Besatzungswirtschaft ermöglicht und davon profitiert hatten, sind nun in die Ökonomie des Genozids involviert; anstatt sich davon zu distanzieren sind sie an der Ökonomie des Völkermords beteiligt.

27. Die folgenden Abschnitte veranschaulichen, wie sich acht Schlüsselsektoren, die getrennt voneinander und in gegenseitiger Abhängigkeit in allen Kernsektoren der siedlungskolonialen Ökonomie der Vertreibung und des Bevölkerungsaustauschs operieren, an die völkermörderischen Praktiken angepasst haben.

A. Vertreibung

28. Nach dem Oktober 2023 wurden Waffen und Militärtechnologien, die zuvor zur Förderung der palästinensischen Vertreibung eingesetzt worden waren, zu Werkzeugen für Massentötung und Zerstörung, die den Gazastreifen und Teile des Westjordanlandes unbewohnbar gemacht haben. Überwachungs- und Inhaftierungstechnologien, die normalerweise zur Durchsetzung der Rassentrennung/Apartheid eingesetzt werden, haben sich in Werkzeugen für die wahllose Inhaftierung der palästinensischen Bevölkerung verwandelt. Schweres Gerät, das zuvor für den Abriss von Häusern, die Zerstörung der Infrastruktur und die Beschlagnahmung von Ressourcen im Westjordanland eingesetzt wurde, wird nun zur Zerstörung des Stadtbilds von Gaza verwendet, um die Vertriebenen an der Rückkehr und am Wiederaufbau einer Gemeinschaft zu hindern.

Der militärische Sektor: das Geschäft der Vernichtung

29. Militarisierte Gewalt hat den Staat Israel geschaffen und bleibt der Motor seines Siedler- und Kolonialprojekts. Israelische und internationale Waffenhersteller haben immer effektivere Systeme entwickelt, um die Palästinenser:innen von ihrem Land zu vertreiben. Durch Zusammenarbeit und Konkurrenz haben sie die Technologien verfeinert, die es Israel ermöglichen, Unterdrückung, Repression und Zerstörung zu intensivieren.

30. Die lange Besatzung und die wiederholten militärischen Kampagnen haben die Erprobung modernster militärischer Fähigkeiten ermöglicht: Luftverteidigungsplattformen, Drohnen, mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Zielgeräte – sogar das von den Vereinigten Staaten von Amerika geführte F-35-Programm. Diese Technologien werden dann als „kampferprobt“ vermarktet.

31. Der militärisch-industrielle Komplex ist zum wirtschaftlichen Rückgrat des Staates geworden. Zwischen 2020 und 2024 wurde Israel zum achtgrößten Waffenexporteur weltweit. Die beiden bekanntesten israelischen Rüstungsunternehmen: Elbit Systems, das als öffentlich-private Partnerschaft gegründet und später privatisiert wurde, und das staatliche Unternehmen Israel Aerospace Industries – gehören zu den 50 größten Waffenherstellern der Welt. Seit 2023 ist Elbit Systems eng an israelischen Militäroperationen beteiligt und entsendet wichtige Mitarbeitende in das Verteidigungsministerium. 2024 wurde das Unternehmen mit dem israelischen Verteidigungspreis ausgezeichnet. Elbit Systems und Israel Aerospace Industries stellen eine wichtige inländische Versorgung mit Waffen sicher und stärken israelische Militärbündnisse durch Waffenexporte und die gemeinsame Entwicklung von Militärtechnologie.

32. Internationale Partnerschaften, die Waffen und technische Unterstützung bereitstellen, haben die Fähigkeit Israels gestärkt, die Apartheid zu verstetigen und in jüngster Zeit ein Dauerfeuer auf den Gazastreifen zu richten. Israel profitiert vom größten militärischen Beschaffungsprogramm aller Zeiten – das für den Kampfjet F-35, der von dem US-Unternehmen Lockheed Martin zusammen mit mindestens 1.650 anderen Unternehmen gebaut wird, darunter der italienische Hersteller Leonardo S.p.A. und acht Staaten. Weltweit hergestellte Komponenten und Teile tragen zur israelischen F-35-Flotte bei, die Israel in Zusammenarbeit mit Lockheed Martin und einheimischen Unternehmen ständig anpasst und instand hält. Israel war das erste Land, das die F-35 im Jahr 2018 im Kampfeinsatz und im Jahr 2025 im „Biest-Modus“ [mit voller externen Bewaffnung, d.Red.] verwandt hat. Die Kampfjets F-35 und F-16 von Lockheed Martin, die für die israelische Luftwaffe von zentraler Bedeutung sind, verfügen über eine beträchtliche Trage- und Feuerkapazität, einschließlich der GBU-31 Joint Direct Attack Munition (JDAM) und ungelenkter MK-84s 2000-Pfund-Bomben; eine F-35 kann über 18.000 Pfund Bomben tragen. Nach dem Oktober 2023 haben die F-35 und F-16 wesentlich dazu beigetragen, Israel mit der beispiellosen Luftmacht auszustatten, die es ihm ermöglichte, schätzungsweise 85.000 Tonnen Bomben abzuwerfen, von denen ein Großteil ungelenkt war, um mehr als 179.411 Palästinenser:innen zu töten und zu verletzen und den Gazastreifen zu zerstören.

33. Drohnen, Hexacopter und Quadcopter waren ebenfalls allgegenwärtige Tötungsmaschinen am Himmel über Gaza. Drohnen, die größtenteils von Elbit Systems und Israel Aerospace Industries entwickelt und geliefert wurden, fliegen seit langem an der Seite von Kampfjets, um Palästinenser:innen zu überwachen und Zielinformationen zu liefern. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die von Israel eingesetzten Drohnen mit Unterstützung dieser Unternehmen und in Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem Massachusetts Institute of Technology automatisierte Waffensysteme und die Fähigkeit erworben, in Schwarmformation zu fliegen.

34. Zur Belieferung Israels mit diesen Waffen und zur Erleichterung von Waffenexport- und -importgeschäften sind die Hersteller auf ein Netz von Zwischenhändlern angewiesen, darunter Rechts-, Prüfungs- und Beratungsfirmen sowie Waffenhändler, Agenten und Makler. Zulieferer wie die japanische FANUC Corporation liefern Robotermaschinen für Waffenproduktionslinien, unter anderem für Israel Aerospace Industries, Elbit Systems und Lockheed Martin. Schifffahrtsunternehmen wie die dänische A.P. Moller-Maersk A/S transportieren Komponenten, Teile, Waffen und Rohstoffe und sorgen dafür, dass bis Oktober 2023 ein stetiger Lieferstrom von US-militärischer Ausrüstung gewährleistet war.

35. Für israelische Unternehmen wie Elbit Systems und Israel Aerospace Industries war der laufende Völkermord ein profitables Unterfangen. Der 65-prozentige Anstieg der israelischen Militärausgaben von 2023 bis 2024 – sie belaufen sich auf 46,5 Milliarden Dollar, eine der höchsten Pro-Kopf-Ausgaben weltweit – führte zu einer starken Zunahme ihrer jährlichen Gewinne. Auch ausländische Rüstungsunternehmen, insbesondere Munitions- und Kampfmittelhersteller profitieren davon.

Überwachung und Gefängnis: die dunkle Seite der „Start-up-Nation“

36. Die Unterdrückung der Palästinenser:innen ist zunehmend automatisiert worden, wobei Technologieunternehmen dafür eine Infrastruktur mit doppeltem Verwendungszweck für die massenhafte Datenerfassung und Überwachung bereitstellen. Gleichzeitig profitieren sie von dem einzigartigen Testgelände für Militärtechnologie, das die besetzten palästinensischen Gebiete bieten. Angetrieben durch die Gründung von Tochtergesellschaften und von Forschungs- und Entwicklungszentren US-amerikanischer Technologiekonzerne in Israel hat Israel unter Berufung auf Sicherheitsbedürfnisse beispiellose Entwicklungen im Bereich der Strafvollzugs- und Überwachungsdienste angestoßen – von CCTV-Netzwerken (Closed Circuit Television), biometrischer Überwachung, hochentwickelten technischen Kontrollpunktnetzwerken, „intelligenten Mauern“ und Drohnenüberwachung bis hin zu Cloud Computing, künstlicher Intelligenz und Datenanalyse zur Unterstützung des Militärpersonals vor Ort.

37. Israelische Technologieunternehmen entwickeln sich oft aus der militärischen Infrastruktur und Strategie, wie die NSO Group, die von ehemaligen Mitgliedern der Einheit 8200 gegründet wurde. Ihre Spionagesoftware Pegasus, die für die verdeckte Überwachung von Smartphones entwickelt wurde, wurde gegen palästinensische Aktivisten eingesetzt und weltweit lizenziert, um führende Persönlichkeiten, Journalist:innen und Menschenrechtsverteidiger:innen ins Visier zu nehmen. Die unter dem Rüstungsexportkontrollgesetz exportierte Überwachungstechnologie der NSO Group ermöglicht eine „Spionagediplomatie“ und stärkt gleichzeitig die Straffreiheit des Staates.

38. IBM ist seit 1972 in Israel tätig und bildet Militär- und Geheimdienstpersonal – insbesondere der Einheit 8200 – für den Technologiesektor und die Start-up-Szene aus. Seit 2019 betreibt und verbessert IBM Israel die zentrale Datenbank der Bevölkerungs- und Einwanderungsbehörde, die die Erfassung, Speicherung und staatliche Nutzung biometrischer Daten von Palästinenser:innen ermöglicht und das diskriminierende Genehmigungssystem Israels unterstützt. Vor IBM betrieb Hewlett Packard Enterprises (HPE) die Datenbank, seine israelische Tochtergesellschaft stellt weiterhin Server zur Verfügung. Hewlett Packard (HP) unterstützt seit langem die Apartheidsysteme Israels und liefert Technologie an die Koordinierungsstelle der Regierungsaktivitäten in den Gebieten (COGAT), an den Gefängnisdienst und die Polizei. Seit der Aufspaltung des Unternehmens in Hewlett Packard Enterprises und HP Inc. im Jahr 2015 verschleiern undurchsichtige Geschäftsstrukturen die Rolle der sieben verbleibenden israelischen Tochtergesellschaften.

39. Microsoft ist seit 1991 in Israel tätig und hat dort sein größtes Zentrum außerhalb der Vereinigten Staaten aufgebaut. Seine Technologien sind im Strafvollzug, bei der Polizei, an Universitäten und Schulen – auch in Kolonien – im Einsatz. Seit 2003 integriert Microsoft seine Systeme und die zivilen Technologien in das israelische Militär und erwirbt gleichzeitig israelische Start-up-Unternehmen für Cybersicherheit und Überwachung.

40. Da die israelischen Apartheid-, Militär- und Bevölkerungskontrollsysteme immer größere Datenmengen erzeugen, ist das Land zunehmend auf Cloud-Speicher und -Rechner angewiesen. Im Jahr 2021 erteilte Israel Alphabet Inc. (Google) und Amazon.com Inc. einen 1,2-Milliarden-Dollar-Auftrag (Projekt Nimbus), der größtenteils aus den Ausgaben des Verteidigungsministeriums finanziert wurde, um eine zentrale technische Infrastruktur bereitzustellen.

41. Microsoft, Alphabet und Amazon gewähren Israel praktisch einen regierungsweiten Zugang zu ihren Cloud- und Künstliche-Intelligenz-Technologien, um die Datenverarbeitung, Entscheidungsfindung sowie Überwachungs- und Analysekapazitäten zu verbessern. Im Oktober 2023, als die interne israelische Militär-Cloud überlastet war, sprangen Microsoft mit seiner Azure-Plattform und das Project Nimbus-Konsortium mit einer wichtigen Cloud- und Künstliche-Intelligenz-Infrastruktur ein. Ihre in Israel angesiedelten Server gewährleisten die Datenhoheit und einen Schutz vor der Rechenschaftspflicht im Rahmen günstiger Verträge, die nur minimale Einschränkungen oder Kontrollen vorsehen. Im Juli 2024 bezeichnete ein israelischer Oberst unter Berufung auf diese Unternehmen die Cloud-Technologie als eine Waffe im wahrsten Sinne des Wortes.

42. Das israelische Militär hat Systeme der künstlichen Intelligenz wie „Lavender“, „Gospel“ und „Where’s Daddy?“ entwickelt, um Daten zu verarbeiten und Ziellisten zu erstellen, die die moderne Kriegsführung neu gestalten und den doppelten Verwendungszweck der künstlichen Intelligenz veranschaulichen. Palantir Technologies Inc. arbeitete schon lange vor Oktober 2023 mit Israel zusammen und hat seine Unterstützung für das israelische Militär nach Oktober 2023 ausgeweitet. Es besteht Grund zur Annahme, dass Palantir automatische prognostische Polizeitechnologie, zentrale Verteidigungsinfrastruktur für schnelle und anpassungsfähige Entwicklung und den Einsatz von Militärsoftware bereitgestellt hat, ebenso seine Plattform für künstliche Intelligenz, die die Integration von Gefechtsfelddaten in Echtzeit für die automatische Entscheidungsfindung ermöglicht. Im Januar 2024 kündigte Palantir eine neue strategische Partnerschaft mit Israel an und hielt „aus Solidarität“ eine Vorstandssitzung in Tel Aviv ab; im April 2025 reagierte der Vorstandsvorsitzende von Palantir auf Anschuldigungen, Palantir habe Palästinenser:innen in Gaza getötet, mit den Worten: „Meistens Terroristen, das stimmt.“ Beide Vorfälle deuten auf das Wissen und die Absicht der Führungsebene in Bezug auf die rechtswidrige Gewaltanwendung durch Israel hin und auf das Versäumnis, solche Handlungen zu verhindern oder die Beteiligung daran aufzugeben.

43. Israel als „Start-up-Nation“, gefördert durch den globalen Sicherheitsboom nach 9/11, hat durch den Völkermord einen erheblichen Aufschwung erfahren. Es steht weltweit an erster Stelle bei der Zahl der Start-ups pro Kopf, mit einem 143prozentigen Wachstum bei den militärischen Tech-Start-ups im Jahr 2024 und mit einem Technologieanteil von 64 Prozent an den israelischen Exporten während des Völkermordes.

Ziviles Gewand: Schwere Maschinen im Dienste der siedlungskolonialen Zerstörung

44. Zivile Technologien dienen seit langem als Dual-Use-Werkzeuge der siedlungskolonialen Besatzung. Israelische Militäroperationen stützen sich in hohem Maße auf die Ausrüstung führender globaler Hersteller, um Palästinenser:innen ihr Land „zu enteignen“ und Häuser, öffentliche Gebäude, Ackerland, Straßen und andere lebenswichtige Infrastruktur zu zerstören. Seit Oktober 2023 waren diese Maschinen an der Beschädigung und Zerstörung von 70 Prozent der Gebäude und 81 Prozent der Anbauflächen in Gaza beteiligt.

45. Jahrzehntelang hat Caterpillar Inc. Israel mit Ausrüstung beliefert, die für den Abriss palästinensischer Häuser und Infrastruktur verwendet wird, und zwar sowohl im Rahmen des US-Programms für ausländische Militärfinanzierung als auch als exklusiver Lizenznehmer, der nach israelischem Recht vom Militär angefordert wird. In Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Israel Aerospace Industries, Elbit Systems und RADA Electronic Industries, einem Unternehmen von Leonardo DRS Inc., hat Israel den D9-Bulldozer von Caterpillar zu einer automatisierten, ferngesteuerten Kernwaffe des Militärs entwickelt, die seit 2000 bei fast jeder militärischen Aktivität eingesetzt wird, um Einfallslinien zu räumen, das Gebiet zu „neutralisieren“ und Palästinenser:innen zu töten. Seit Oktober 2023 ist dokumentiert, dass Caterpillar-Maschinen für Massenzerstörungen eingesetzt werden – auch von Häusern, Moscheen und lebenswichtiger Infrastruktur –, etwa Krankenhäuser überfallen und verwundete Palästinenser:innen lebendig begraben. Im Jahr 2025 sicherte sich Caterpillar einen weiteren millionenschweren Vertrag mit Israel.

46. Der koreanische HD Hyundai und seine teilweise im Besitz von Doosan befindliche Tochtergesellschaft sowie die schwedische Volvo-Gruppe und andere große Schwermaschinenhersteller werden seit langem mit der Zerstörung palästinensischen Eigentums in Verbindung gebracht, wobei sie jeweils über exklusiv lizenzierte israelische Händler Maschinen liefern. Der Lizenznehmer von Volvo ist ein in der OHCHR-Datenbank aufgeführtes Unternehmen, gemeinsam besitzen sie die Merkavim Transportation Technologies Ltd, die gepanzerte Busse herstellt, die an Siedlungen verkauft werden. Mindestens seit 2007 werden Volvo-Maschinen zur Zerstörung palästinensischer Gebiete eingesetzt, unter anderem in Ost-Jerusalem und Masafer Yatta.

Seit über einem Jahrzehnt werden HD-Hyundai-Maschinen eingesetzt, um palästinensische Häuser zu zerstören und Ackerland, einschließlich Olivenhainen, zu vernichten. Nach Oktober 2023 setzte Israel die Maschinen dieser Unternehmen verstärkt bei der Zerstörung der Städte im Gazastreifen ein, unter anderem bei der Planierung von Rafah und Jabalia, woraufhin das Militär die Logos dieser Unternehmen unkenntlich machte.

47. Diese Unternehmen beliefern den israelischen Markt weiterhin, obwohl es zahlreiche Beweise für ihren kriminellen Einsatz durch Israel gibt und Menschenrechtsgruppen wiederholt dazu aufgerufen haben, die Beziehungen zu beenden. Passive Lieferanten werden zu bewussten Mitwirkenden an einem System der Vertreibung.

B. Ersatz

48. So wie die Unternehmen zur Zerstörung des palästinensischen Lebens in den besetzten palästinensischen Gebieten beitragen, unterstützen sie auch den Aufbau dessen, was an die Stelle treten soll: den Bau von Siedlungen und ihrer Infrastruktur, die Gewinnung von und den Handel mit Rohstoffen, Energie und landwirtschaftlichen Erzeugnissen und die Förderung von Tourismus in die Siedlungen, als handelte es sich um normale Urlaubsziele.

Nach dem Oktober 2023 haben diese Aktivitäten zu einem beispiellosen Aufschwung des Siedlungstätigkeit geführt, wobei die Unternehmen weiterhin Macht ausüben und von der Schaffung von Lebensbedingungen profitieren, die auf die Zerstörung der palästinensischen Bevölkerung abzielen – u.a. durch die fast vollständige Abschaltung von Wasser, Strom und Brennstoff.

Bau: Haus auf gestohlenem Land

49. Mehr als 371 Siedlungen und illegale Außenposten wurden von Unternehmen gebaut, mit Strom versorgt und veräußert, die die Verdrängung der einheimischen Bevölkerung in den besetzten palästinensischen Gebieten durch Israel erleichtern. Im Jahr 2024 verschärfte sich dies, nachdem die Verwaltung der Siedlungen von der Militär- auf die Zivilregierung überging und das Budget des Ministeriums für Bau- und Wohnungswesen verdoppelt wurde; dabei wurden 200 Millionen Dollar für den Bau von Siedlungen bereitgestellt wurden. Von November 2023 bis Oktober 2024 errichtete Israel 57 neue Siedlungen und Außenposten, israelische und internationale Unternehmen lieferten Maschinen, Rohstoffe und logistische Unterstützung.

50. Bagger und schweres Gerät von Caterpillar, HD Hyundai und Volvo werden seit mindestens zehn Jahren für den Bau illegaler Siedlungen eingesetzt. Die deutsche Heidelberg Materials AG hat über ihre Tochtergesellschaft Hanson Israel zur Plünderung von Millionen Tonnen Dolomitgestein aus dem Steinbruch Nahal Raba beigetragen – auf Land, das aus palästinensischen Dörfern im Westjordanland beschlagnahmt wurde. Im Jahr 2018 gewann Hanson Israel eine öffentliche Ausschreibung für die Lieferung von Material aus diesem Steinbruch für den Bau von Siedlungen und hat den Steinbruch seither nahezu erschöpft, was zu laufenden Erweiterungsanträgen führte.

51. Verschiedene Unternehmen trugen zum Ausbau der Straßen und der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur bei, die für die Errichtung und den Ausbau der Siedlungen und deren Anbindung an Israel von entscheidender Bedeutung sind, während Palästinenser:innen ausgeschlossen und ausgegrenzt werden. Das spanisch-baskische Unternehmen Construcciones Auxiliar de Ferrocarriles trat einem Konsortium mit einem in der OHCHR-Datenbank aufgeführten Unternehmen bei, um die Rote Linie der Jerusalemer Stadtbahn instand zu halten und auszubauen und die neue Grüne Linie zu bauen, als sich andere Unternehmen aufgrund des internationalen Drucks zurückgezogen hatten. Diese Linien umfassen 27 Kilometer neue Gleise und 50 neue Bahnhöfe im Westjordanland, sie verbinden die Siedlungen mit Westjerusalem. Doosan- und Volvo-Bagger und -Maschinen kamen zum Einsatz, die Tochtergesellschaft von Heidelberg lieferte Material für eine Stadtbahnbrücke.

52. Immobilienunternehmen verkaufen Grundstücke in den Siedlungen an israelische und internationale Käufer. Der globale Immobilienkonzern Keller Williams Realty LLC hat über seinen israelischen Franchisenehmer KW Israel dort Niederlassungen. Im März 2024 führte Keller Williams über einen anderen Franchisenehmer, Home in Israel, eine Immobilien-Roadshow in Kanada und den Vereinigten Staaten durch; sie wurde gemeinsam mit mehreren Unternehmen gesponsert, die Tausende von Wohnungen in den Siedlungen entwickeln und vermarkten.

Der Zugriff auf die natürlichen Ressourcen: die Brutstätte von Lebensbedingungen, die auf Zerstörung ausgelegt sind

53. Seit 1967 hat Israel systematisch die Kontrolle über die natürlichen Ressourcen der Palästinenser:innen ausgeübt und eine Infrastruktur aufgebaut, die die Siedlungen in das israelische System integriert und die Abhängigkeit der Palästinenser:innen von ihnen verfestigt.

54. Als der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant am 9. Oktober 2023 eine „vollständige Belagerung“ des Gazastreifens anordnete und damit die Versorgung mit Wasser, Strom und Treibstoff unterbrach, wurde diese künstlich geschaffene Abhängigkeit – mit dem Ziel, Leben zu verdrängen und zu kontrollieren – für einen Völkermord operationalisiert. Die Versorgung wurde nie vollständig wiederhergestellt, was zur bewussten Schaffung von Lebensbedingungen beitrug, die auf die Zerstörung der Palästinenser:innen als Gruppe abzielen. Dies ist auch der Grund, warum der Zugriff auf die Ressourcen im Westjordanland – der nach Oktober 2023 verschärft wurde – nicht losgelöst von der Zerstörung in Gaza betrachtet werden kann.

Wasser

55. Israel zwingt die Palästinenser:innen, Wasser aus zwei großen Grundwasserleitern auf ihrem eigenen Gebiet zu kaufen, und zwar zu überhöhten Preisen und mit unregelmäßiger Versorgung. Die israelische staatliche Wassergesellschaft Mekorot hat ein Wassermonopol in den besetzten palästinensischen Gebieten. Im Gazastreifen entsprechen mehr als 97 Prozent des Wassers aus dem küstennahen Aquifer nicht den Wasserqualitätsstandards der Weltgesundheitsorganisation, so dass die Bewohner:innen für den größten Teil ihres Trinkwassers von den Mekorot-Leitungen abhängig sind. Mindestens in den ersten sechs Monaten nach dem Oktober 2023 hat Mekorot seine Pipelines im Gazastreifen nur zu 22 Prozent ausgelastet, so dass Gebiete wie Gaza-Stadt 95 Prozent der Zeit ohne Wasser waren, was die Umwandlung von Wasser in ein Instrument des Völkermords aktiv unterstützt.

Elektrizität, Gas und Treibstoff

56. Internationale Energieunternehmen haben den energieintensiven israelischen Völkermord angeheizt.

Israel ist von Brennstoff- und Kohleimporten abhängig und unterhält eine integrierte Energieinfrastruktur, die sowohl Israel als auch die besetzten palästinensischen Gebiete versorgt, illegale Siedler mit Strom versorgt und gleichzeitig den palästinensischen Zugang kontrolliert und behindert. Das Kraftwerk des Gazastreifens deckt nur 10 bis 20 Prozent des dortigen Strombedarfs, so dass dieser in hohem Maße von Treibstoff für Generatoren und zehn israelischen Versorgungsleitungen abhängig ist. Seit Oktober 2023 hat Israel den größten Teil des Gazastreifens von der Energiezufuhr abgeschnitten.

Ohne Strom und Treibstoff sind die meisten Wasserpumpen, Krankenhäuser und Verkehrsmittel an den Rand des Zusammenbruchs geraten; zusammengebrochene Abwassersysteme haben zu einem Wiederaufleben der Kinderlähmung beigetragen, lebenswichtige Entsalzungsanlagen mussten abgeschaltet werden.

57. Die Kohle für die Stromversorgung Israels stammt in erster Linie aus Kolumbien ([von dort kamen] 60 Prozent der israelischen Kohleimporte im Zeitraum 2023-24); die in den USA ansässige Drummond Company, Inc. und die in der Schweiz ansässige Glencore PLC sind die Hauptlieferanten. Ihren jeweiligen Tochtergesellschaften gehören die Bergwerke und die drei Häfen, die an der Lieferung von 15 Kohletransporten nach Israel seit Oktober 2023 beteiligt waren, darunter sechs Transporte, nachdem Kolumbien die Kohleexporte nach Israel im August 2024 eingestellt hatte. Glencore war auch an Lieferungen aus Südafrika beteiligt; diese Lieferungen machten 15 Prozent der israelischen Kohleimporte in den Jahren 2023 und 2024 aus.

58. Die US-amerikanische Chevron Corporation fördert im Konsortium mit der israelischen NewMed Energy (einer Tochtergesellschaft der in der OHCHR-Datenbank verzeichneten Delek-Gruppe) Erdgas aus den Leviathan- und Tamar-Feldern; sie zahlte der israelischen Regierung im Jahr 2023 453 Millionen US-Dollar an Lizenzgebühren und Steuern. Das Konsortium von Chevron deckt mehr als 70 Prozent des israelischen Energieverbrauchs. Chevron profitiert auch von seinem Miteigentum an der East Mediterranean Gas Pipeline, die durch palästinensisches Seegebiet führt, und von Gasexporten nach Ägypten und Jordanien.

Die Seeblockade des Gazastreifens hängt mit der israelischen Sicherung der Tamar-Gasversorgung und der Gaspipeline durch das östliche Mittelmeer zusammen. In einer Zeit zunehmender Brutalität weitet das britische Unternehmen BP PLC seine Beteiligung an der israelischen Wirtschaft aus. Im März 2025 wurden Explorationslizenzen bestätigt, die es BP ermöglichen, palästinensische Meeresgebiete zu erkunden, die von Israel illegal ausgebeutet werden.

59. BP und Chevron leisten auch den größten Beitrag zu den israelischen Rohölimporten, da sie die Haupteigentümer der strategischen aserbaidschanischen Baku-Tbilisi-Ceyhan-Pipeline bzw. des kasachischen Kaspischen Pipeline-Konsortiums und der damit verbundenen Ölfelder sind. Jedes Konglomerat lieferte zwischen Oktober 2023 und Juli 2024 effektiv acht Prozent des israelischen Rohöls, ergänzt durch Rohöllieferungen aus brasilianischen Ölfeldern, an denen Petrobras die größten Anteile hält, und durch militärisches Flugbenzin. Diese Unternehmen beliefern zwei Raffinerien in Israel mit Öl. Von der Raffinerie in Haifa aus beliefern zwei in der OHCHR-Datenbank verzeichnete Unternehmen im Rahmen von Regierungsverträgen ihre Tankstellen in ganz Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich der Siedlungen, sowie das Militär. Von der Raffinerie in Ashdod aus beliefert eine Tochtergesellschaft des in der OHCHR-Datenbank verzeichneten Unternehmens Paz Retail and Energy Ltd. die im Gazastreifen operierende israelische Luftwaffe mit Treibstoff.

60. Indem sie Israel mit Kohle, Gas, Öl und Treibstoff beliefern, tragen die Unternehmen zu einer zivilen Infrastruktur bei, die Israel benutzt, um die permanente Annexion zu festigen, und die es jetzt als Waffe bei der Zerstörung des palästinensischen Lebens in Gaza einsetzt. Dieselbe Infrastruktur, die von diesen Unternehmen mit Ressourcen versorgt wird, dient dem israelischen Militär zu seiner energieintensiven, technologiegetriebenen Auslöschung des Gazastreifens. Die vorgeblich zivile Natur einer solchen Infrastruktur entbindet ein Unternehmen nicht von seiner Verantwortung.

Handel mit den Früchten der Illegalität

Agrobusiness

61. Das Agrobusiness ist durch den von Israel angeführten Extraktivismus und die Landnahme groß geworden. Es produziert Waren und Technologien, die den israelischen Siedlerinteressen dienen, die Marktdominanz ausweiten und globale Investitionen anziehen – während es die palästinensischen Nahrungsmittelketten durchbricht und die Vertreibung beschleunigt.

62. Tnuva, das größte Lebensmittelkonglomerat in Israel, das sich jetzt mehrheitlich im Besitz der chinesischen Bright Food (Group) Co., Ltd. befindet, hat die Enteignung von Land angeheizt und davon profitiert. Der Vorstandsvorsitzende von Tnuva erkannte an, dass „die Landwirtschaft … im allgemeinen und die Milchwirtschaft im besonderen eine strategische Ressource und eine wichtige Säule des Siedlungsunternehmens sind“.

Israel hat Kibbuzim und landwirtschaftliche Außenposten genutzt, um palästinensisches Land zu beschlagnahmen und die palästinensische Bevölkerung zu ersetzen. Unternehmen wie Tnuva helfen dabei, indem sie Produkte aus diesen Siedlungen beziehen und auf dem palästinensischen Markt eine Marktdominanz aufbauen.

Die Abhängigkeit der Palästinenser:innen von der israelischen Milchindustrie hat sich in den zehn Jahren nach der Zerstörung der Milchindustrie im Gazastreifen durch Israel im Jahr 2014 um 160 Prozent erhöht, was zu Verlusten in Höhe von schätzungsweise 43 Millionen US-Dollar führte. Tnuva hat den Verlust des Gazamarktes verkraftet und es versäumt, seinen beträchtlichen Einfluss zu nutzen, um die Situation zu beeinflussen.

63. Netafim, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Tropfbewässerungstechnologie, das heute zu 80 Prozent dem mexikanischen Unternehmen Orbia Advance Corporation gehört, hat seine Agrartechnologie im Einklang mit dem Expansionsdruck Israels entwickelt. Das Unternehmen gibt sich global nachhaltig. Seine Technologie ermöglicht jedoch eine intensive Ausbeutung von Wasser und Land im Westjordanland, wodurch die natürlichen Ressourcen der Palästinenser:innen weiter ausgebeutet werden; gleichzeitig verfeinert es seine Zusammenarbeit mit israelischen Firmen der Militärtechnologie. Im Jordantal haben die von Netafim unterstützten Bewässerungssysteme die Ausweitung der israelischen Anbauflächen erleichtert, während palästinensische Landwirte, denen Wasser verweigert wird und deren Land zu 93 Prozent unbewässert ist, verdrängt werden, da sie mit der israelischen Produktion nicht konkurrieren können. Darüberhinaus drohen solche Bewässerungstechniken den Jordan und das Tote Meer zu erschöpfen.

64. Unternehmen wie Tnuva und Netafim produzieren weiterhin Nahrungsmittelsicherheit für Israelis und zugleich Ernährungsunsicherheit und sogar Hungersnot für Palästinenser:innen. Netafim gibt sich als nachhaltig innovativ, perfektioniert jedoch gleichzeitig uralte Techniken der kolonialen Ausbeutung.

Globaler Einzelhandel

65. Große Einzelhändler überschwemmen die globalen Märkte mit israelischen Produkten, einschließlich solcher aus den Siedlungen – oft ohne jede Kontrolle. Um den zunehmenden Gegenreaktionen zu entgehen, verschleiern sie die Herkunft der Produkte durch irreführende Etiketten, Strichcodes und eine Vertuschung der Lieferketten.

66. Globale Logistikriesen wie A.P. Moller-Maersk A/S sind integraler Bestandteil dieses Systems; seit Jahren liefern sie Waren aus den Siedlungen und von Unternehmen, die in der OHCHR-Datenbank aufgeführt sind, direkt in die Vereinigten Staaten und andere Märkte.

67. In vielen Ländern wird kein Unterschied zwischen Produkten aus Israel und denen aus seinen Siedlungen gemacht. Selbst in der Europäischen Union, wo eine Kennzeichnung vorgeschrieben ist, dürfen diese Waren aus den Siedlungen weiter auf den Markt gebracht werden, die Verantwortung wird den uninformierten Verbraucher:innen aufgebürdet. Angesichts der völkerrechtlichen Illegalität der Siedlungen sollten diese Produkte überhaupt nicht gehandelt werden.

68. Supermarktketten, von denen viele in der OHCHR-Datenbank aufgeführt sind, und E-Commerce-Plattformen wie Amazon.com operieren direkt in den Siedlungen, unterstützen deren Wirtschaft, ermöglichen ihre Expansion und beteiligen sich durch diskriminierende Dienstleistungen an der Apartheid.

Besatzungs-Tourismus

69. Große Online-Reiseplattformen, die von Millionen von Menschen zur Buchung von Unterkünften genutzt werden, profitieren von der Besatzung, indem sie Tourismus verkaufen, der die Siedlungen aufrechterhält, Palästinenser:innen ausgrenzt, die Narrative von Siedlern fördert und die Annexion legitimiert.

70. Booking Holdings Inc. und Airbnb Inc. listen Immobilien und Hotelzimmer in israelischen Siedlungen. Booking.com hat seine Angebote im Westjordanland mehr als verdoppelt – von 26 im Jahr 2018 auf 70 im Mai 2023 – und seine Angebote in Ostjerusalem auf 39 im Jahr nach dem Oktober 2023 verdreifacht. Auch Airbnb hat seine koloniale Geschäftemacherei ausgeweitet und sein Angebot von 139 im Jahr 2016 auf 350 im Jahr 2025 erhöht, wobei es bis zu 23 Prozent Provision kassiert. Diese Angebote sind mit der Einschränkung des Zugangs der Palästinenser:innen zu Land und der Gefährdung der umliegenden Dörfer verbunden. In Tekoa ermöglicht Airbnb den Siedlern Werbung für eine „warme und liebevolle Gemeinschaft“ und beschönigt die Gewalt der Siedler gegen das benachbarte palästinensische Dorf Tuqu‘.

71. Booking.com und Airbnb stehen seit 2020 in der OHCHR-Datenbank. Booking.com kennzeichnet zwar Immobilien als „palästinensisches Gebiet, israelische Siedlung“, profitiert aber weiterhin von den Siedlungen und sieht sich im Königreich der Niederlande einer Strafanzeige wegen Geldwäsche gegenüber. Airbnb strich 2018 kurzzeitig illegale Siedlerimmobilien von der Liste, änderte aber unter Druck seinen Kurs und wäscht seine kolonialen Geschäften nun mit Spenden für „humanitäre Zwecke“ rein.

C. Ermöglicher

72. Förderer wie Finanz-, Forschungs-, Rechts-, Beratungs-, Medien- und Werbefirmen, die seit langem an der Aufrechterhaltung der siedlungskolonialen Besatzung durch Wissen, Narrative, Fähigkeiten und Investitionen beteiligt sind, unterstützen eine Wirtschaft, die im Modus des Völkermordes arbeitet, profitieren von ihr und normalisieren sie. Der vorliegende Abschnitt konzentriert sich auf nur zwei Schlüsselakteure: den Finanzsektor und den akademischen Sektor.

Finanzierung der Gewalttaten

73. Der Finanzsektor stellt wichtige Finanzmittel für staatliche und unternehmerische Akteure bereit, die hinter der israelischen Besatzung und Apartheid stehen, obwohl sich viele Unternehmen in diesem Sektor zu den Grundsätzen für verantwortungsbewusstes Investment und dem Global Compact der Vereinten Nationen verpflichtet haben.

74. Als Hauptfinanzierungsquelle für den israelischen Staatshaushalt spielen Staatsanleihen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung des laufenden Angriffs auf Gaza. Von 2022 bis 2024 wuchs der israelische Militärhaushalt von 4,2 Prozent auf 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und trieb den öffentlichen Haushalt in ein Defizit von 6,8 Prozent. Israel finanziert diesen ausufernden Haushalt durch die Ausgabe von Anleihen, darunter 8 Milliarden Dollar im März 2024 und 5 Milliarden Dollar im Februar 2025; auf dem inländischen Markt gibt es Anleihen für neue Schekel aus. Einige der größten Banken der Welt, darunter BNP Paribas und Barclays, haben das Vertrauen in diesen Markt gestärkt, indem sie internationale und inländische Staatsanleihen zeichneten und Israel dadurch ermöglichten, trotz einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit den Zinsaufschlag in Grenzen zu halten. Mindestens 400 Anleger aus 36 Ländern haben solche Anleihen gekauft, darunter Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Blackrock (68 Mio. USD), Vanguard (546 Mio. USD) und die Allianz-Tochter PIMCO (960 Mio. USD).

In der Zwischenzeit bietet die Development Corporation for Israel (d.h. Israel Bonds für die israelische Regierung) einen Anleihesammeldienst für Privatpersonen und andere Investoren aus dem Ausland an. Die Development Corporation for Israel hat ihre jährlichen Anleiheverkäufe verdreifacht, so dass seit Oktober 2023 fast 5 Milliarden Dollar nach Israel geflossen sind, wobei den Anlegern die Möglichkeit geboten wird, die Erträge aus ihren Investitionen an wohltätige Organisationen zu schicken, die das israelische Militär und die Siedler unterstützen.

75. Diese Finanzunternehmen leiten Milliarden Dollar in Staatsanleihen und Unternehmen, die direkt an der israelischen Besatzung und am Völkermord beteiligt sind. Blackrock (und seine Tochtergesellschaft iShares) und Vanguard gehören in vielen Unternehmen zu den größten institutionellen Anlegern und halten deren Aktien, um sie auf ihre Indizes von Investmentfonds und elektronisch gehandelten Fonds (ETFs) zu verteilen. Blackrock ist der zweitgrößte institutionelle Investor bei Palantir (8,6 Prozent), Microsoft (7,8 Prozent), Amazon.com (6,6 Prozent), Alphabet (6,6 Prozent) und IBM (8,6 Prozent); der drittgrößte bei Lockheed Martin (7,2 Prozent) und Caterpillar (7 Prozent). Vanguard ist der größte institutionelle Investor bei Caterpillar (9,8 Prozent), Chevron (8,9 Prozent) und Palantir (9,1 Prozent) und der zweitgrößte bei Lockheed Martin (9,2 Prozent) und Elbit Systems (2,0 Prozent). Ihre Vermögensverwaltung umfasst auch Universitäten, Pensionsfonds und normale Bürger:innen, die ihre Ersparnisse in ihren Fonds anlegen. Ihre Anlageentscheidungen stützen diese Unternehmen häufig auf Benchmark-Indizes wie den FTSE All-World ex-US, den J.P. Morgan $ EM Corp Bond UCITS und den MSCI ACWI UCITS, die von Finanzdienstleistungsunternehmen entwickelt werden.

76. Globale Versicherungsunternehmen, darunter Allianz und AXA, investieren ebenfalls große Summen in Aktien und Anleihen, die in die Besatzung und den Völkermord verwickelt sind. Zum Teil handelt es sich dabei um Kapitalreserven zur Deckung der Ansprüche von Versicherungsnehmern und aufsichtsrechtlicher Anforderungen, in erster Linie jedoch, um Renditen zu erzielen. Die Allianz hält mindestens 7,3 Mrd. USD, und die AXA investiert trotz einiger Desinvestitionsentscheidungen immer noch mindestens 4,09 Mrd. USD in Unternehmen, die in diesem Bericht erwähnt werden. Ihre Policen versichern auch Risiken, die Unternehmen zwangsläufig eingehen, wenn sie in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind, und ermöglichen damit die Begehung von Menschenrechtsverletzungen.

77. Staatsfonds und Pensionsfonds sind ebenfalls wichtige Geldgeber. Der größte Staatsfonds der Welt, der Norwegian Government Pension Fund, behauptet, er verfüge über die weltweit umfassendsten ethischen Richtlinien. Nach Oktober 2023 erhöhte der Fonds seine Investitionen in israelische Unternehmen um 32 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar. Ende 2024 hatte er 121,5 Milliarden Dollar – 6,9 Prozent seines Gesamtwerts – allein in die im vorliegenden Bericht genannten Unternehmen investiert. Die Caisse de dépôt et placement du Québec, die Pensionsfonds für sechs Millionen Kanadier:innen in Höhe von 473,3 Mrd. kanadische Dollar (328,9 Mrd. USD) verwaltet, hat trotz ihrer nachhaltigen Investitionspolitik und ihrer Menschenrechtspolitik fast 9,6 Mrd. kanadische Dollar (6,67 Mrd. USD) in Unternehmen investiert, die in diesem Bericht genannt werden. Von 2023 bis 2024 hat sie ihre Investitionen in Lockheed Martin fast verdreifacht, die Investitionen in Caterpillar vervierfacht und die Investitionen in HD Hyundai verzehnfacht.

78. Der Finanzsektor ermöglicht den Unternehmen auch den Zugang zu Finanzmitteln durch Darlehen und die Übernahme von Schuldverschreibungen, damit sie diese auf dem privaten Anleihemarkt verkaufen können. Von 2021 bis 2023 war BNP Paribas einer der wichtigsten europäischen Finanziers der israelischen Rüstungsindustrie; die Bank gewährte u. a. Leonardo 410 Millionen Dollar an Krediten sowie 5,2 Milliarden Dollar an Krediten und Bürgschaften für in der OHCHR-Datenbank verzeichnete Unternehmen. In ähnlicher Weise stellte Barclays im Jahr 2024 2 Milliarden Dollar an Krediten und Bürgschaften für in der OHCHR-Datenbank verzeichnete Unternehmen bereit, 862 Millionen Dollar für Lockheed Martin und 228 Millionen Dollar für Leonardo.

79. Diese Direktinvestitionen werden durch die Entscheidung von Finanzberatungsunternehmen und Verbänden für verantwortungsbewusstes Investieren gestützt, bei der Bewertung von Investitionen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) Menschenrechtsverletzungen in den besetzten palästinensischen Gebieten nicht zu berücksichtigen. Auf diese Weise können sich ethische Investmentfonds trotz Investitionen in israelische Staatsanleihen und in Aktien von Unternehmen, die in Menschenrechtsverletzungen in den besetzten palästinensischen Gebieten verwickelt sind, weiter als umwelt-, sozial- und governance-konform geben.

80. Dieses gesamte Umfeld hat dazu beigetragen, dass die Aktienkurse der an der Tel Aviver Börse notierten Unternehmen seit Beginn des Angriffs auf den Gazastreifen um 179 Prozent gestiegen sind, was einem Wertzuwachs von 157,9 Milliarden Dollar entspricht.

81. Auch religiöse Wohltätigkeitsorganisationen haben sich zu wichtigen finanziellen Förderern illegaler Projekte entwickelt, unter anderem in den besetzten palästinensischen Gebieten. Trotz strenger Vorschriften für Wohltätigkeitsorganisationen erhalten sie häufig Steuerabzüge im Ausland. Der Jüdische Nationalfonds (KKL-JNF) und seine mehr als 20 Tochtergesellschaften finanzieren die Expansion von Siedlern und mit dem Militär verbundene Projekte. Seit Oktober 2023 ermöglichen Plattformen wie Israel Gives in 32 Ländern steuerlich absetzbares Crowdfunding für israelische Militäreinheiten und Siedler. Die in den USA ansässigen „Christian Friends of Israeli Communities, die niederländischen „Christians for Israel“ und ihre weltweit angeschlossenen Organisationen haben im Jahr 2023 über 12,25 Millionen Dollar an verschiedene Projekte zur Unterstützung von Siedlungen überwiesen, darunter auch einige, die extremistische Siedler ausbilden.

Wissensproduktion und Legitimierung von Übergriffen

82. In Israel tragen die Universitäten – insbesondere die juristischen Fakultäten und die Fachbereiche für Archäologie und Nahoststudien – zum ideologischen Gerüst der Apartheid bei, indem sie staatstreue Narrative pflegen, die palästinensische Geschichte auslöschen und die Besatzungspraxis rechtfertigen.

Wissenschaftliche und technologische Fakultäten dienen als Forschungs- und Entwicklungszentren für die Zusammenarbeit zwischen israelischen Militär und Rüstungsunternehmen wie Elbit Systems, Israel Aerospace Industries und IBM und Lockheed Martin und tragen so zur Herstellung von Werkzeugen für die Überwachung und Kontrolle von Menschenansammlungen, die Kriegführung in Städten, die Gesichtserkennung und die gezielte Tötung bei – diese Werkzeuge werden effektiv an Palästinenser:innen getestet.

83. Führende Universitäten arbeiten mit israelischen Einrichtungen in Bereichen zusammen, die den Palästinenser:innen direkt schaden. Am Massachusetts Institute of Technology wird in den Labors Waffen- und Überwachungsforschung betrieben, die vom israelischen Verteidigungsministerium finanziert wird – das einzige ausländische Militär, das Forschung am Institut finanziert. Zu den bemerkenswerten Projekten des israelischen Verteidigungsministeriums gehören die Kontrolle von Drohnenschwärmen – ein wesentliches Merkmal der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen seit Oktober 2023 –, Verfolgungsalgorithmen und Unterwasserüberwachung. Von 2019 bis 2024 verwaltete das Institut einen Lockheed-Martin-Startkapitalfonds, der Studierende mit Teams in Israel verbindet. Von 2017 bis 2025 zahlte Elbit Systems für die Mitgliedschaft im Industrial Liaison Program des Instituts und verschaffte sich so Zugang zu Forschung und Talenten.

84. Das Programm Horizon Europe der Europäischen Kommission fördert aktiv die Zusammenarbeit mit israelischen Einrichtungen, einschließlich solcher, die an Apartheid und Völkermord beteiligt sind.

Seit 2014 hat die Europäische Kommission über 2,12 Milliarden Euro (2,4 Milliarden Dollar) an israelische Einrichtungen, einschließlich des Verteidigungsministeriums, vergeben; europäische akademische Einrichtungen profitieren von dieser Verflechtung und verstärken sie. Die Technische Universität München erhält 198,5 Mio. Euro (218 Mio. US$) an EG-Horizon-Mitteln, darunter 11,47 Mio. Euro (12,6 Mio. US$) für 22 Kooperationen mit israelischen Partnern, Militär- und Technologieunternehmen. Die Universität und Israel Aerospace Industries erhalten 792.795,75 Euro (868.416 US$), um gemeinsam mit anderen Teilnehmern eine Technologie zur Betankung mit grünem Wasserstoff zu entwickeln, die für die im Gazastreifen eingesetzten Militärdrohnen von Israel Aerospace Industries relevant ist. Die Universität arbeitet zusammen mit IBM Israel – das Unternehmen betreibt das diskriminierende israelische Bevölkerungsregister – an Cloud- und Künstliche-Intelligenz-Systemen; IBM Israel erhält dafür im Rahmen von Horizon 7,75 Millionen Euro (8,52 Millionen US$). Die Technische Universität arbeitet auch an einem 10,76 Mio. Euro (11,71 Mio. $) -Projekt über „nahtlose, gemeinsam genutzte städtische Mobilität“, an dem auch die Stadtverwaltung von Jerusalem beteiligt ist, eine Stadt, die die Annexion ihres Ostteils durch die Ausgestaltung des städtischen Verkehr vorantreibt. Es ist unmöglich, das Fachwissen, das die israelischen Partner in diese Partnerschaften einbringen, von dem zu trennen, das sie bei den Verstößen, an denen sie beteiligt sind, erworben und genutzt haben.

85. Viele Universitäten haben ihre Beziehungen zu Israel trotz der Eskalation nach dem Oktober 2023 aufrechterhalten. Eines von vielen britischen Beispielen ist die Universität Edinburgh: Sie ist mit fast 25,5 Millionen £ (31,72 Millionen US$, das sind 2,5 Prozent ihres Stiftungskapitals) an vier Tech-Giganten beteiligt – Alphabet, Amazon, Microsoft und IBM –, die für den israelischen Überwachungsapparat und die anhaltende Zerstörung des Gazastreifens eine zentrale Rolle spielen. Mit ihren direkten und indexierten Investitionen gehört die Universität zu den finanziell am stärksten involvierten Institutionen im Vereinigten Königreich. Die Universität arbeitet auch mit Unternehmen zusammen, die israelische Militäroperationen unterstützen, darunter Leonardo S.p.A. und die Ben-Gurion-Universität, die über das AI and Data Science Lab der Universität Forschungsergebnisse austauschen, die sie direkt mit Angriffen auf Palästinenser:innen in Verbindung bringen.

86. Die Analyse in diesem Bericht kratzt nur an der Oberfläche der Informationen, die die Sonderberichterstatterin erhalten hat; er anerkennt die wichtige Arbeit der Studierenden und Mitarbeitenden, die die Universitäten zur Rechenschaft ziehen. Diese Arbeit wirft ein neues Licht auf das weltweite Vorgehen gegen Protestierende auf dem Campus: Israel abzuschirmen und die finanziellen Interessen der Institutionen zu schützen scheint ein wahrscheinlicheres Motiv dafür zu sein als der Kampf gegen angeblichen Antisemitismus.

V. Schlussfolgerungen

87. Während das Leben im Gazastreifen ausgelöscht wird und die Angriffe auf das Westjordanland eskalieren, zeigt der vorliegende Bericht, warum der von Israel verübte Völkermord weitergeht: weil er für viele lukrativ ist. Der Bericht beleuchtet die politische Ökonomie einer Besatzung, die zum Völkermord geworden ist, und enthüllt, wie die ewige Besatzung zum idealen Testgelände für Waffenhersteller und Big Tech geworden ist – mit grenzenlosem Angebot und grenzenloser Nachfrage, wenig Aufsicht und null Rechenschaftspflicht – und Investoren sowie private und öffentliche Institutionen ungehindert davon profitieren. Zu viele einflussreiche Unternehmen bleiben finanziell untrennbar mit der israelischen Apartheid und dem Militarismus verbunden.

88. Nach dem Oktober 2023, als sich der israelische Verteidigungshaushalt verdoppelte, die Nachfrage, Produktion und das Verbrauchervertrauen aber sanken, hat ein internationales Netzwerk von Unternehmen die israelische Wirtschaft gestützt. Blackrock und Vanguard gehören zu den größten Investoren in Rüstungsunternehmen, die für das völkermörderische Arsenal Israels entscheidend sind.

Große internationale Banken haben israelische Staatsanleihen gezeichnet, die die Verwüstung finanziert haben; die größten Staatsfonds und Pensionsfonds haben öffentliche und private Ersparnisse in die völkermörderische Wirtschaft investiert, während sie gleichzeitig behaupten, ethische Richtlinien zu respektieren.

89. Rüstungsunternehmen haben mit der Ausrüstung Israels mit modernsten Waffen, die enorme Verwüstungen unter einer praktisch wehrlosen Zivilbevölkerung anrichten, nahezu Rekordgewinne erzielt.

Die Maschinen globaler Baumaschinengiganten haben dazu beigetragen, den Gazastreifen dem Erdboden gleichzumachen und die Rückkehr und den Wiederaufbau palästinensischen Lebens zu verhindern.

Energie- und Bergbaukonglomerate, die zivile Energiequellen bereitstellen, haben die militärische und energetische Infrastruktur Israels mit Energie versorgt – beides dient der Schaffung von Lebensbedingungen, die auf die Zerstörung des palästinensischen Volkes ausgerichtet sind.

90. Und während der Völkermord weiter wütet, geht der unaufhaltsame Prozess der gewaltsamen Annexion des Westjordanlandes, einschließlich Ost-Jerusalems, weiter. Die Agrarindustrie unterstützt nach wie vor die Expansion des Siedlerwesens. Die größten Online-Tourismusplattformen normalisieren weiterhin die Illegalität der israelischen Siedlungen. Globale Supermärkte führen weiterhin israelische Siedlungsprodukte. Und Universitäten auf der ganzen Welt profitieren unter dem Deckmantel der Forschungsneutralität weiterhin von einer Wirtschaft, die jetzt im Modus des Völkermordes arbeitet. Tatsächlich sind sie strukturell von der Zusammenarbeit mit Siedlern und deren Finanzierung abhängig.

91. Die Geschäfte gehen weiter wie bisher, aber nichts an diesem System, in das die Unternehmen eingebunden sind, ist neutral. Der anhaltende ideologische, politische und wirtschaftliche Motor des Rassenkapitalismus hat die israelische Vertreibungswirtschaft der Besatzung in eine Wirtschaft des Völkermords verwandelt. Es handelt sich um ein „gemeinsames kriminelles Unternehmen“, bei dem die Handlungen von Einzelnen letztlich zu einer ganzen Wirtschaft beitragen, die diesen Völkermord antreibt, versorgt und ermöglicht.

92. Die in diesem Bericht genannten Unternehmen stellen nur einen Bruchteil einer viel tiefer gehenden Struktur der Beteiligung von Unternehmen dar, die von Verstößen und Verbrechen in den besetzten palästinensischen Gebieten profitieren und diese ermöglichen. Hätten sie die gebotene Sorgfalt walten lassen, hätten die Unternehmen ihre Beteiligung an Israel schon vor langer Zeit eingestellt. Heute ist die Forderung nach Rechenschaftspflicht umso dringlicher: Jede Investition stützt ein System schwerer internationaler Verbrechen.

93. Die Verpflichtungen der Unternehmen für die Menschenrechte können nicht von dem illegalen israelischen kolonialen Siedlerunternehmen in den besetzten palästinensischen Gebieten getrennt werden, das heute wie eine Völkermordmaschine funktioniert, obwohl der Internationale Gerichtshof seine vollständige und bedingungslose Demontage angeordnet hat. Die Beziehungen zwischen Unternehmen und Israel müssen eingestellt werden, bis die Besatzung und die Apartheid beendet sind und Wiedergutmachung geleistet wird. Der Unternehmenssektor, einschließlich seiner Führungskräfte, muss zur Rechenschaft gezogen werden – ein notwendiger Schritt zur Beendigung des Völkermordes und zur Demontage des globalen Systems des rassifizierten Kapitalismus, das ihm zugrunde liegt.

VI. Empfehlungen

94. Die Sonderberichterstatterin fordert die Mitgliedstaaten auf:

(a) Sanktionen und ein vollständiges Waffenembargo gegen Israel zu verhängen, einschließlich der Berücksichtigung aller bestehenden Abkommen und Güter mit doppeltem Verwendungszweck wie Technologie und zivile schwere Maschinen;

(b) alle Handelsabkommen und Investitionsbeziehungen auszusetzen oder zu verhindern und Sanktionen zu verhängen gegen Unternehmen und Einzelpersonen, die an Aktivitäten beteiligt sind, die die Palästinenser:innen gefährden könnten – einschließlich des Einfrierens von Vermögenswerten;

(c) Rechenschaftspflicht durchzusetzen indem sichergestellt wird, dass Unternehmen für ihre Beteiligung an schwerwiegenden Verstößen gegen das Völkerrecht rechtliche Konsequenzen tragen müssen.

95. Die Sonderberichterstatterin fordert die Unternehmen auf:

(a) Alle Geschäftsaktivitäten unverzüglich einzustellen und Beziehungen zu beenden, die direkt mit Menschenrechtsverletzungen und internationalen Verbrechen gegen das palästinensische Volk verbunden sind, zu ihnen beitragen oder sie verursachen – in Übereinstimmung mit der internationalen Verantwortung von Unternehmen und dem Selbstbestimmungsrecht;

(b) Wiedergutmachung an das palästinensische Volk zu zahlen, auch in Form einer Vermögensteuer nach dem Vorbild des südafrikanischen Apartheidsystems.

96. Die Sonderberichterstatterin fordert den Internationalen Strafgerichtshof und die nationalen Gerichte nachdrücklich auf, gegen leitende Angestellte von Unternehmen und/oder Unternehmenseinheiten wegen ihrer Beteiligung an der Begehung internationaler Verbrechen und der Verdunkelung der Erträge aus diesen Verbrechen zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen.

97. Die Sonderberichterstatterin fordert die Vereinten Nationen nachdrücklich auf:

(a) sich an das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs von 2024 zu halten;

(b) alle an der unrechtmäßigen israelischen Besatzung beteiligten Einrichtungen in die OHCHR-Datenbank aufzunehmen (sie sollte auf der OHCHR-Website ordnungsgemäß zugänglich sein).

98. Die Sonderberichterstatterin fordert Gewerkschaften, Anwält:innen, die Zivilgesellschaft und normale Bürger:innen auf, auf Boykotte, Desinvestitionen, Sanktionen, Gerechtigkeit für Palästina und Rechenschaftspflicht auf internationaler und nationaler Ebene zu drängen; gemeinsam können die Menschen in der Welt diesen unsäglichen Verbrechen ein Ende setzen.

99. Der vorliegende Bericht wird an der Schwelle zu einem tiefgreifenden und stürmischen Wandel verfasst. Die weltweit bezeugten Gräueltaten erfordern dringend Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit, sie erfordern diplomatische, wirtschaftliche und rechtliche Maßnahmen gegen diejenigen, die eine Wirtschaft der Besatzung aufrechterhalten und von ihr profitieren, die zum Völkermord geworden ist. Was als nächstes kommt, hängt von allen ab.

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