Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Parteien/Organisationen 1. September 2025

„Oops – we did it again…“

von Thies Gleiss

Nur wenig von der kritischen Öffentlichkeit beachtet, hat die Linke mit ihren Regierungsvertreter:innen aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat eine Entscheidung mitgetragen, die nicht unkommentiert bleiben darf.

Der Bundesrat hat am 11. Juli einstimmig (!) dem neuen „Wachstumsgesetz“ und „Investitionsbooster“ zugestimmt. Es handelt sich dabei um die Absegnung des ersten Geschenkpakets der Merz-Klingbeil-Regierung an die Konzerne und Reichen: Erleichterte Abschreibungsmöglichkeiten bei Neuinvestitionen, Senkung der Körperschaftssteuer auf Unternehmensgewinne, mehr Geld für direkt den Unternehmen dienende Forschung und eine Zusatzförderung für Firmenautos mit Elektroantrieb. Natürlich nur die dicken Schlitten und SUVs, keine Lastenfahrräder.

Geschenke an die 1 Prozent der Reichen, aber saftige Einnahmeverluste in den Kommunen und damit verbundene Abstriche im Sozialen für die große Mehrheit – das sind die Folgen. Der gleichzeitig vereinbarte „Ausgleich“ der kommunalen Verluste reicht nicht und ist zeitlich befristet. Die Investitionsanreize sind zudem Kampfansagen an alle klimapolitischen Projekte und Versprechen der Regierung.

Eine Zustimmung der Landesregierungen mit Linke-Beteiligung wäre für die Annahme des Gesetzespakets nicht notwendig gewesen. Sie ist also eine gewollte Unterwerfungsgeste der Linken-Vertreter:innen. Das steht im Gegensatz zum gerade gefassten Parteitagsbeschluss, dass solch lautlose und unkritische Unterordnung unter SPD und Grüne nicht zur Praxis der Linken werden darf.

Die Unterstützung der Sonderfinanzierung von Aufrüstung und Kriegsvorbereitung im Bundesrat am 21. März dieses Jahres hatte so gut wie die gesamte Partei gegen die „Genoss:innen“ in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern aufgebracht und zum Beschluss des Parteitags in Chemnitz geführt.

Es zeigt sich immer mehr: Völlig unabhängig von den Inhalten einzelner Regierungsvorhaben ist der erste große Flurschaden dieser Art linker Regierungsbeteiligung, dass die involvierten Genoss:innen und Landesverbände als erstes die Fähigkeit verlernen, Nein zu sagen.

Die linke Partei versinkt in Demut und Unsichtbarkeit. Das sind Folgen, die großen Schaden an der politischen Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Gesamtpartei anrichten – er wirkt viel länger, als ein einzelnes Gesetzvorhaben oder eine ganze Legislaturperiode.

Es ist Zeit, die Regierungsbeteiligung in den Bundesländern grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und zu kritisieren. Ihre Fortsetzung unter diesen Bedingungen und mit diesen Folgen ist nicht sinnvoll.

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