Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Staat/Parteien 1. November 2025

Einstürzende Mauern
von Gerhard Klas

Dafür muss man nicht links sein: Es ist schon einiges an Hirnakrobatik nötig, um die offiziellen Verlautbarungen der CDU noch nachvollziehen zu können.

Es fängt an bei der Analyse: Die AfD würde kontinuierlich Stimmenanteile gewinnen, weil die Brandmauer zu hoch sei. Absurd. Viele halten sie schon jetzt für zu niedrig, vor allem was die Positionen zur Migration, die Pauschalverdächtigungen von Grundsicherungsempfänger:innen und den Hass auf andere Lebensformen und Linke angeht – man denke nur an die Rede von Friedrich Merz während des Bundestagswahlkampfs Anfang des Jahres im Münchner Hofbräuhaus, wo er in Trumpscher Manier gegen »linke und grüne Spinner« hetzte. Oder seine jüngsten Äußerungen zum »Stadtbild« in Deutschland, mit dem er die Notwendigkeit von noch mehr »Rückführungen« begründete.
Die CDU gibt sich eben nicht geläutert und sagt nicht: Die AfD wird immer stärker, weil wir mit in den Chor von Rassismus und Sozialabbau einstimmen. Sie sagt nicht: Lasst uns die Geflüchteten, die den beschwerlichen Weg nach Europa hinter sich gebracht haben, als Menschen behandeln. Die Politik der CDU/CSU wirkt schon viele Jahre wie ein Brandbeschleuniger. Sie ist kein Hindernis, sondern eine Wegbereiterin der AfD. Wer die Distanzierungen, die Merz als Kanzler immer wieder postuliert, für glaubwürdig hält, ist mehr als naiv. Spätestens nach den Landtagswahlen im kommenden Jahr wird dieser Widerspruch offenbar werden.
Es steht zu befürchten, dass nicht nur der wertkonservative Flügel und skrupellose Machtpolitiker: in der CDU einknicken werden – auch Merkel-Schützlinge wie der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber warnen schon jetzt, im Umgang mit der AfD sei die »Nazikeule« nicht zielführend, man müsse »über neue rote Linien nachdenken«.
Dass die AfD sogar vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextrem« eingestuft wird, ignoriert dabei nicht nur er geflissentlich. Auch wenn Geschichte sich nicht wiederholt – der Blick zurück bereitet hier Sorgen: Das Ermächtigungsgesetz wurde im März 1933 mit den Stimmen der konservativen Zentrumspartei verabschiedet und Hitler konnte mit seiner NSDAP die Macht ergreifen. Auch die Zentrumspartei hatte die Linke verteufelt und die Nazis verharmlost. Das Gesetz war der letzte Baustein, der der NSDAP fehlte, um ihre Hass-Agenda umzusetzen. CDU-Politiker:innen haben aus der Geschichte offensichtlich nichts gelernt.

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