Erdogan, die Katastrophe und die Bauindustrie
›Der Staat stürzt ein und unter den Trümmern bleibt die Opposition‹
von Serdar Kazak
Das war der letzte Satz in einem sehr alten SoZ-Artikel von mir. Am 6.Februar 2023 um 4.17 Uhr wurde diese Prophezeiung leider wortwörtlich wahr. Wenigstens teilweise. Bei dem Erdbeben sind nicht nur Städte, es ist auch der türkische Staat eingestürzt. Unter den Trümmern sind aber Menschen geblieben. Die benachteiligten ärmeren Klassen sind die größte Opfer dieser Katastrophe.
Nach Norden
Anuk Arudpragasam: Nach Norden. Aus dem Englischen von Hannes Meyer. Berlin: Hanser, 2022. 320 S., 25 Euro
von Gerhard Klas
Wie schon in seinem Debutroman Die Geschichte einer kurzen Ehe beschäftigt sich Anuk Arudpragasam auch in seinem neuen Buch wieder mit dem Krieg. Diesmal stehen die Nachwirkungen und Traumata des Bürgerkriegs im Norden Sri Lankas gegen die Unabhängigkeitsbewegung der Tamil Tigers von 1983 bis 2009 im Mittelpunkt.
Frauen in Russland: ›Für die meisten ist Politik tabu‹
Feministinnen aber fordern von der Regierung ein Gesetz gegen häusliche Gewalt
Gespräch mit Walerija Kowalischina
Walerija Kowalischina ist 40 Jahre alt und stammt aus Donezk. Sie zog in den 2000er Jahren nach Russland, weil in der Ukraine keine Arbeit zu bekommen war. Sie lebte dann 20 Jahre in Russland, bevor sie in diesem Herbst mit einem humanitären Visum nach Deutschland kam.
Sie ist ein führendes Mitglied der Russischen Sozialistischen Bewegung (RSD).
China
Bewegung gegen Kapitalismus und Autoritarismus
von Promise Li
Sozialist:innen müssen den aufstrebenden Widerstand in China unterstützen
Die chinesische Bevölkerung wehrt sich gegen die autoritäre Herrschaft, die kapitalistische Ausbeutung und die tödliche Lockdown-Politik der Regierung. Jetzt gilt es Solidarität zu zeigen.
Israelische Waffen und der Krieg in der Ukraine
Was gegen Palästinenser taugt, taugt nicht gegen russisches Militär
von Shir Hever
Die Position Israels zum Krieg in der Ukraine ist überraschend, denn als größter Empfänger von US-Militärgeldern in der Welt und als ein Staat, der während des Kalten Krieges behauptete, die letzte Bastion der Verteidigung gegen die Ausbreitung des »Kommunismus« im Nahen Osten zu sein, sollte Israel ein enger Verbündeter der NATO sein. Der ukrainische Präsident Wolodomir Selenskyj ist Jude, während Russland gute Beziehungen zu Syrien und zum Iran unterhält.
Dennoch hat Israel in diesem Krieg eine möglichst neutrale Position eingenommen und die Geduld der US-Regierung auf die Probe gestellt. Der frühere Ministerpräsident Bennet versuchte sich sogar erfolglos als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine.
Mehr Verwirrung und Scham als Stolz
Reaktionen der russischen Bevölkerung auf die ›Sonderoperation‹ in der Ukraine
dokumentiert
Lewada ist das einzige russische Meinungsforschungsinstitut, das als unabhängig bezeichnet werden kann. Die Behörden stufen es als »ausländischen Agenten« ein. Lewada führte im Oktober eine Umfrage durch, die die Haltung der Befragten zur »Sonderoperation« in der Ukraine zu erkunden versuchte.
Der Krieg in der Ukraine ist ein Klassenkrieg
Dabei geht es um das Überleben der russischen herrschenden Klasse und ihres Modells des politischen Kapitalismus
von Wolodymyr Ischtschenko
Wolodymyr Ischtschenko (Jg. 1982) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Osteuropastudien der FU Berlin. Er hat in Soziologie an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind Proteste und soziale Bewegungen, Revolutionen, Radikalisierung, rechte und linke Politik, Nationalismus und Zivilgesellschaft. Er hat zahlreiche Artikel und Interviews über die zeitgenössische ukrainische Politik, die Euromaidan-Revolution und den darauf folgenden Krieg 2013/14 verfasst. Er ist Mitgründer der ukrainischen Zeitschrift Commons und veröffentlicht in verschiedenen Zeitschriften wie Jacobin, New Left Review.
Arbeitsmigrant:innen in Katar organisieren sich
›Wir wollen etwas dagegen tun‹
Interview mit dem Aktivisten Chandra
Ein Großteil der 2,4 Millionen migrantischen Arbeiter:innen in Katar kommt aus Nepal und Indien. Dort herrschen Armut und hohe Arbeitslosigkeit, die sie zwingt, im Ausland Arbeit zu suchen. Aktuell arbeiten knapp 400000 Nepales:innen in Katar, die meisten im Bausektor, aber auch viele in Hotels, Restaurants und Privathaushalten. Ihre Rücküberweisungen machen fast ein Drittel von Nepals Bruttoinlandsprodukt aus.
Iran: ›Frauen, Leben, Freiheit!‹
Der Schleier ist das Symbol für Unterdrückung überhaupt
dokumentiert*
Mahsa Amini, eine 22jährige Iranerin aus Iranisch-Kurdistan, war mit ihrer Familie auf Verwandtenbesuch nach Teheran, als sie von der Sittenpolizei aufgegriffen wurde. Sie trug den vorgeschriebenen Hijab (Schleier, Kopftuch) nicht, wie das Gesetz es verlangt. Sie wurde verhaftet und geschlagen, Tage später starb sie in einem Krankenhaus in Teheran an ihren Verletzungen. Ihr Tod hat eine enorme Protestwelle ausgelöst, die durch alle sozialen Schichten, alle Ethnien geht und alle Regionen des Landes erfasst.
Wie man Frieden sät…
Sabotageakte und Repression in Belarus, der Ukraine und Russland
von Anne Engelhardt
Seit Beginn des Ukrainekriegs sind weltweit innerhalb und zwischen linken Strukturen und Gewerkschaften Diskussionen entbrannt, die sich um zwei Fragen drehen: 1. Ist der Krieg in der Ukraine ein regionaler Semikolonialkrieg oder ein imperialistischer Stellvertreterkrieg? 2. Lässt sich der Konflikt durch Selbstverteidigung und Waffenlieferungen oder durch Diplomatie beenden?
Taiwan – Die Ahnungslosigkeit deutscher Außenpolitik
Taiwan gehört zu China
von Rolf Geffken
Von hiesigen Medien und Politikern heißt es, Taiwan sei eine »gefestigte Demokratie«, der man gegen den potenziellen chinesischen »Aggressor« solidarisch beistehen müsse. Dabei handelt es sich um eine extrem vereinfachende und so nicht haltbare Einschätzung. Politik und Medien hier im Land ignorieren zudem komplett, wie stark Taiwan kulturell, sprachlich und politisch gespalten ist.
Indien: Ein Progandawerk im Riefenstahl-Stil
Der Blockbuster The Kashmir Files ist Teil der Agenda des von der BJP-Regierung vertretenen Hindunationalismus
von Dominik Müller
Der im Frühjahr veröffentlichte indische Blockbuster The Kashmir Files, der sich mit dem Exodus der Kaschmiri-Pandits in den 90er Jahren beschäftigt, ist wegen seiner einseitigen Darstellungen, negativen Stereotypen und historischen Ungenauigkeiten höchst umstritten.