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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 12/2014
Resignation und Kriegsgeschrei

von Angela Klein

Die Parlamentswahlen in der Ukraine vom 26.Oktober 2014 haben die «Kriegsparteien» nach vorn gebracht und zugleich die Macht der Oligarchen gefestigt. Die Wahlbeteiligung variierte von 32% im Ostteil des Landes (dort, wo es möglich war zu wählen) bis zu über 65% im Westteil; im Landesdurchschnitt soll sie bei 52% gelegen haben (2012: 58%). Zum Vergleich: Bei Kongresswahlen in den USA liegt sie bei etwa 40%.Der Anteil der Bevölkerung, der sich von der «politischen Kaste» und den mit ihr verbandelten Oligarchen nicht vertreten fühlt, hat demzufolge trotz «Maidan» weiter zugenommen. Die politische Legitimität des neuen Parlaments bewegt sich auf äußerst dünnem Eis. Und im Ostteil des Landes hat die Regierung in Kiew nicht einmal eine nennenswerte passive Unterstützung.

Erklärtermaßen rechtsextreme Parteien wie Swoboda oder gar der Rechte Sektor, aber auch die Radikale Partei sind deutlich unter den Umfragewerten des Frühjahrs und Frühherbstes geblieben. Dafür haben Neonazis und Kämpfer in den diversen «Privatarmeen» auf verschiedenen Listen eine Heimat gefunden: etwa auf den Listen der «Volksfront» des Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk (22,1%), der Radikalen Partei von Oleg Ljaschko (7,4%), aber auch der frisch aus dem Boden gestampften, als gemäßigt-liberal bezeichneten Partei des Medienunternehmers und Bürgermeisters von Lwiw, «Samopomitsch» (11%).

Noch keine Informationen gibt es im übrigen über die Ergebnisse rechtsextremer Wahlkreiskandidaten – einige von ihnen können durchaus auf dem ersten Platz gelandet sein. So kandidierte der Führer des Rechten Sektors, Dmitro Jarosch, im Bezirk Dnepropetrowsk und gewann ein Direktmandat.

Am alarmierendsten ist jedoch die Tatsache, dass der nationalistische Scharfmacher und antirussische Kriegstreiber Jazenjuk die Listenwahl gewonnen hat (wenn auch nicht die Mehrzahl der Abgeordnetenmandate). Er repräsentiert einen außerordentlich unappetitlichen Mix aus revanchistischem Nationalismus, Ultraliberalismus und einer offenen Flanke nach rechtsaußen. Das lässt einen Kurs erwarten, der Krieg nach außen, einen sozialen Krieg nach innen und Jagd auf demokratische Freiheiten führt.

Am Gängelband der Oligarchen

Die Oligarchen haben überall ihre Finger drin: Jazenjuks «Volksfront» etwa, erst im Sommer 2014 von einem Dutzend Abtrünningen der Vaterlandspartei gegründet, ist eng mit Igor Kolomoiski verbunden, dem Gouverneur von Dnepropetrowsk, dessen Privatarmee auch Leute des Rechten Sektors aufgenommen hat.

Kolomoiski hatte im Sommer noch die Radikale Partei Ljaschkos favorisiert, diese aber fallenlassen, was wahrscheinlich erklärt, warum sie vergleichsweise schlecht abgeschnitten hat. Ljaschko zieht seitdem lautstark über die Oligarchen her, wird aber dem Vernehmen selbst von einem finanziert, nämlich von Sergej Lewoschkin, ehemals Stabschef von Janukowitsch.

Eine neue Partei ist auch der Oppositionsblock von Juri Bojko (9,4%). Er hat einige Reste der Partei der Regionen aufgesammelt und ist eng mit Rinat Achmetow und Dmitro Firtasch, dem Erdgasmagnaten und Mitbesitzer des Gaszwischenhändlers RosUkrEnergo, verbunden, der im März in Wien vorübergehend wegen «Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung» festgenommen wurde. Die Partei vertritt im Westen sozusagen die Interessen der Oligarchen, die eher wirtschaftliche Beziehungen zu Russland haben. Sie hat im Donbass bis zu 30% erreicht, in Charkow 26% und in Odessa 16% (landesweit 9,4%).

Die Linke

Eine unabhängige Linke, die sich auf die sozialen Fragen konzentriert und sich von den alten Bindungen an den Staatsapparat freigemacht hat, ist noch im Entstehen. Von Organisationsnamen darf man sich dabei nicht irreführen lassen: Die «Kommunistische» Partei (KPU) hat sich in der Janukowitsch-Zeit gern an den Privatisierungsraubzügen beteiligt und im vergangenen Januar für die Verschärfung des Demonstrationsrechts gestimmt. Und bei den jetzigen Wahlen ist ein «Block der linken ukrainischen Kräfte» aufgetreten, der sich vom Großkapitalisten Nikolai Rudkowski finanzieren lässt und in die Fußstapfen der Sozialistischen Partei der Ukraine treten möchte – eines der Spaltprodukte der KPU in der Nach-Wende-Zeit, die zu Anfang der 2000er Jahre einmal 70000 Mitglieder hatte und zwischenzeitlich fast verschwunden ist. Gewerkschafter sucht man in der Führung des «Blocks» vergeblich.

Die Kräfte, die sich um die neu gegründete Organisation «Sozialistische Ukraine» scharen (siehe SoZ 10/2014), haben ihre Anhänger dazu aufgerufen, den Parlamentswahlen vom 26.Oktober fernzubleiben. Sie fordern einen entschiedenen demokratischen Kampf für mehr Teilhabe am politischen Leben und gegen elitäre Demokratiekonzepte.

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