Die Zukunft der Arbeitsplätze liegt bei den Erneuerbaren
dokumentiert
Eine neue Studie vom April 2017, die Greenpeace in Auftrag gegeben hat, spannt den Bogen weiter als die Ver.di-Studie.
Sehr akribisch werden dort für das Lausitzer und das Rheinische Braunkohlerevier der Zuwachs an Wertschöpfung und an Beschäftigung aufgeführt, wenn der Braunkohlebergbau bis 2030 aufgegeben und stattdessen in erneuerbare Energien investiert wird.
Auch die Greenpeace-Studie geht vom Klimaplan der Bundesregierung aus, wonach die Emissionen durch den Kohlebergbau bis 2030 halbiert werden müssen. Sie rechnet vor, dass in der Lausitz von knapp 8200 Arbeitsplätzen in der Braunkohle (Tagebau und Verstromung) im Jahr 2010 bis zum Jahr 2030 noch 4100 Arbeitsplätze übrig bleiben. Im Rheinischen Revier würde die Zahl von 9410 im Jahr 2015 auf 4700 sinken (2700 in drei Tagebauen und 2000 in der Verstromung). Das sind also die Zahlen, um die es geht, wenn davon die Rede ist: Was wird aus den Kumpels?
Zunächst rechnet die Studie vor, dass in der Lausitz 819 Arbeitsplätze im Aufbau und im Betrieb/Wartung von Windkraftanlagen und Fotovoltaikanlagen geschaffen werden können, im Rheinland 822. Unter der Voraussetzung, dass regionalen Betrieben dabei der Vorzug gegeben wird, hätten die Kommunen dadurch Mehreinnahmen von 6,7 Mio. Euro in der Lausitz und 13,5 Mio. Euro im Rheinischen Revier (jeweils die direkt an den Tagebau angrenzenden Kommunen bzw. Landkreise). Das setzt einen entsprechenden Ausbau von Windkraft und Fotovoltaik voraus und bedeutet u.a., dass die politischen Widerstände, die etwa in NRW dem Ausbau der Windkraft entgegenstehen, überwunden werden.
Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf den Bereich Stromerzeugung durch Windkraft und Fotovoltaik. Bezieht man andere erneuerbare Energiequellen mit ein, berücksichtigt man zudem den Ausbau der Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien und schließlich auch den beschäftigungsintensiven Anlagenbau, sehen die Zahlen ganz anders aus. Hier errechnet die Studie für Brandenburg und Sachsen (den beiden Bundesländern, in denen das Lausitzer Revier liegt) ein Beschäftigungsplus von 3900, für NRW von knapp 8000 – also jeweils fast doppelt so viel, wie an Arbeitsplätzen durch den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030 verloren geht.
Last but not least wird noch eine dritte Rechnung aufgemacht, sie bezieht die Altersstruktur der derzeit in der Braunkohlewirtschaft Beschäftigten mit ein.
Ende 2013 waren bereits 50 Prozent der Belegschaft in der Braunkohlewirtschaft älter als 50 Jahre – gehen wir von einer Rente mit 67 aus, muss die Hälfte der Beschäftigten, die 2030 in diesem Sektor noch übrig sind, gar nicht mehr ersetzt werden, da sie zu dem Zeitpunkt eh aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Zwei Drittel sind sogar über 45 Jahre alt, für die müssten maximal fünf Jahre überbrückt werden (die würden sich auf einen Renteneintritt mit 63 freuen).
Ein Drittel der Beschäftigten war jünger als 45 Jahre, um die 10000 Beschäftigte für beide Reviere zusammen. Die Studie zeigt, dass für diese mehr als ausreichend Ersatz geschaffen werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der Ausbau der Erneuerbaren in der betroffenen Region erfolgt und dass die Arbeitskräfte frühzeitig durch Umschulungen für die neuen Tätigkeiten qualifiziert werden. Eine vorausschauende Gewerkschaftspolitik, die wirklich «gestalten» will, wie sie sagt, würde ihren Schwerpunkt darauf legen.
Quelle: www.ioew.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/Vortraege/2017/Vortrag-Hirschl_PK_20170509.pdf
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