Strategiekonferenz zur Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften
von Violetta Bock
Rund 140 Basisgewerkschafterinnen und -gewerkschafter drängten am 25./26.1. ins Haus der Jugend in Frankfurt. Aus dem gesamten Bundesgebiet waren sie angereist, viele aus der Automobilindustrie, die allermeisten politisch organisiert.
Ursprünglich initiiert von dem Netzwerk der Gewerkschaftslinken, sollte die Strategiekonferenz ein Neuanfang sein zur Vernetzung kämpferischer KollegInnen, um dem Kurs gegen Sozialpartnerschaft und Co-Management in den Gewerkschaften etwas entgegenzusetzen. Im Eingangsstatement betonte Matthias Fritz, das Ziel sei nicht nur Austausch, sondern der Aufbau einer handlungsfähigen Gewerkschaftsopposition.
Die gute Beteiligung zeigte durchaus, dass es über Organisationsgrenzen hinweg einen Bedarf an dieser Perspektive gibt. In Arbeitsgruppen zur Prekarisierung, zu Demokratie in Arbeitskämpfen und Gewerkschaften, zum Umgang mit Rassisten im Betrieb, zu Branchentreffen usw. wurde über zentrale Fragestellungen der Gewerkschaftsbewegung gestritten. Die Diskussionen zeigten, dass radikale Programmatik nicht reichen wird und es mit der einfachen Dichotomie böser Apparat – gute Basis nicht getan ist.
Im Workshop Klima und Gewerkschaften berichtete eine Vertreterin von Fridays for Future Köln, wie es dort gelungen ist, unter den SchülerInnen sehr früh die Klassenfrage mit der Klimafrage zu verknüpfen, nicht zuletzt ausgehend von der Diskussion über die Parole «Es gibt kein Recht auf Kohlebaggerfahren». Im Ergebnis war die Ortsgruppe Köln der FfF früh im Gespräch mit Beschäftigten von RWE, sie gründete ein Klimabündnis, indem zumindest GEW und Ver.di fest vertreten sind, und unter vielen ist das Bewusstsein groß, dass die Klimafrage nicht gegen die Interessen der Arbeiterklasse zu lösen ist.
Aus anderen Orten wurde aber auch erzählt, wie groß die Distanz zwischen Gewerkschaften und Klimabewegung noch ist. Dieser Themenbereich war auch eine benannte Schwäche der Konferenz – eine Teilnahme der «GewerkschafterInnen für Klimaschutz», die zeitgleich in Köln tagten, hätte der Konferenz gut getan.
Die Diskussion drehte sich dann um verbindende Forderungen – von Arbeitszeitverkürzung und Konversion bis zur Ökologisierung der Tarifpolitik, dem Kampf um den politischen Streik aber auch ganz konkret um den nächsten Aktionstag von FfF am 24.April, den 1.Mai und die anstehenden Tarifverhandlungen im Nahverkehr.
So schön die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung klingt, so deutlich wurde im entsprechenden Workshop aber auch, wie weit weg sie von der Realität in vielen Branchen ist, in denen selbst geltende Arbeitszeitregeln nicht eingehalten werden.
In vielen Workshops gab es differenzierte Diskussionen und konkreten Austausch. Außer einigen Mailverteilern ist das konkreteste Ergebnis wohl im Branchentreffen der MetallerInnen entstanden. So soll in die anstehende Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie interveniert werden. Denn große Kritik wurde an dem von der IG Metall angekündigten «Moratorium für einen fairen Wandel» laut, wonach etwa auf konkrete Entgeltforderungen verzichtet werden soll.
Das Abschlussplenum bediente zu guter letzt dann leider doch das Klischee einer Konferenz, die von revolutionären Splittergruppen getragen wird. Denn natürlich durfte eine vorbereitete Abschlusserklärung nicht fehlen und so verfiel man schnell in übliche Routinen.
Den größten Applaus gab es, als ein Kollege der IG BCE den Sinn solcher Erklärungen in Frage stellte. Zweidrittel beteiligten sich schließlich an ihrer Verabschiedung, wie viele in den kommenden Monaten dabeibleiben werden, wird sich zeigen. Am Ende war die Konferenz also doch vor allem für eines gut: zur Vernetzung und zum Austausch.
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