von Manuel Kellner
Nachdem mehrere Wellen beeindruckender Massenstreiks und Demonstrationen die bittere Lage von vielen Millionen Griechen nicht haben wenden können, richten sich die Hoffnungen der griechischen Bevölkerung nun auf die neue SYRIZA-Regierung. Der erste Schritt, die Ablösung der den Kapitalinteressen hörigen Samaras-Regierung ist geschafft.
Das hat in der Linken europaweit begeisterte Reaktionen und eine Aufbruchstimmung hervorgerufen, während die bürgerlichen Kräfte säuerlich von einem Linksruck in Griechenland sprechen und nichts davon wissen wollen, auf die Forderungen von SYRIZA einzugehen. Die neue linke Partei Podemos in Spanien, die in Wahlumfragen derzeit Konservative und Sozialdemokraten überflügelt, bejubelt den Wahlsieg von SYRIZA und fühlt sich ermutigt, ihrerseits gegen Ende des Jahres die Parlamentswahlen gewinnen zu können.
Über die Nachhaltigkeit des linken Erfolgs entscheidet indes die Mobilisierung der abhängig Beschäftigten, Ausgegrenzten und Unterdrückten. Wenn auch SYRIZA im Wahlkampf einiges Wasser in den Wein ihres widerständigen Programms gegossen hat: Die Massenbewegung bleibt ihr einziges Faustpfand, um die Kräfteverhältnisse nachhaltig zu ändern. Wenn die neue Regierung nicht tatsächlich mit der Sparpolitik bricht und nicht einschneidende Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Massen verwirklicht, wird sie alsbald in der Luft hängen – einschließlich der Gefahr einer rechtsextremen Radikalisierung. Auf die Neuentfachung der Bewegung von unten kommt es an. Unsere Aufgabe in Deutschland und in den anderen EU-Ländern besteht darin, eine möglichst breite Solidaritätsbewegung aufzubauen und unsererseits eine andere Politik der Krisenbewältigung einzufordern.
Leider hat sich die SYRIZA-Führung um Alexis Tsipras, weil die absolute Mehrheit im Parlament verfehlt wurde, dazu gezwungen gesehen, mit der ANEL eine nationalistische Partei als Koalitionspartner zu nehmen. Das ist ein bitterer Wermutstropfen im Kelch des linken Wahlerfolgs.
Die ANEL ist die einzige Partei, die wie SYRIZA den von der Troika aus EU, EZB und IWF aufgedrängten Kurs des Kaputtsparens strikt ablehnt und zugleich bereit gewesen ist, mit SYRIZA zusammen zu regieren. Die KKE, die sich in ihrer Geschichte nicht zu schade dafür war, bürgerlichen Regierungen als linkes Feigenblatt zu dienen, hat sich geweigert, der Linken eine regierungsfähige Mehrheit zu verschaffen. Damit trägt sie ihr gerüttelt Maß an Mitverantwortung dafür, dass SYRIZA zusammen mit Nationalisten regiert.
Wie hoch der Preis dafür wird, hängt vor allem von der Politik der neuen Regierung gegenüber Flüchtlingen und Migranten ab. Doch die linken Kräfte und emanzipationsorientierten Bewegungen in ganz Europa können Einfluss darauf nehmen: Je stärker die internationale Solidarität das allgemeine gesellschaftliche Klima prägt, je mehr Menschen zu länderübergreifenden Aktionen, Demonstrationen und Streiks zusammenfinden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die nationalistischen Kräfte in der neuen Regierung und in Griechenland insgesamt zurückgedrängt werden.
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