von Manuel Kellner
Im Jahr 1956 verkündete der damalige westdeutsche Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen sei beschlossene Sache. Dagegen stand 1957 und 1958 eine neue soziale Bewegung auf: «Kampf dem Atomtod», sie gilt als Vorläuferin der Ostermarschbewegung und der Studierendenbewegung der 60er Jahre. Die Bundeswehr wurde nicht mit Atomwaffen ausgerüstet, die Bundesrepublik Deutschland gestattet aber bis heute die Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden. Heute ist höchste Zeit für eine neue Bewegung gegen den Atomtod.
Im Kalten Krieg gab es 70000 atomare Sprengköpfe. Inzwischen sollen es «nur noch» 15000 sein. Das ist immer noch ein Vielfaches von dem was man braucht, um alles menschliche Leben restlos von der Erde zu tilgen. Wenn Regierungschefs und Mächtige mit dem atomaren «Säbel» rasseln, bleiben uns nur müßige Spekulationen über den Grad ihrer Unzurechnungsfähigkeit. Damit muss Schluss sein!
Ab dem 20.September liegt der internationale Vertrag zum Verbot von Atomwaffen bei der UNO zur Unterzeichnung vor. Mit den Unterschriften von mindestens 50 Mitgliedstaaten tritt er in Kraft. 122 von 193 der UNO-Mitgliedstaaten haben dafür gestimmt, darunter alle 54 Staaten Afrikas, alle 33 Staaten Lateinamerikas und der Karibik, 10 Staaten Südostasiens und viele Staaten der pazifischen Inseln, aber auch Österreich.
Vor dem Forum der UNO hat Nikki Haley als Sprecherin von Donald Trump auf charakteristischem Stammtischniveau erklärt: «Es kann nicht sein, dass die Bösen Atomwaffen haben dürfen und die Guten darauf verzichten.» Von den offiziellen Atommächten haben die USA, Russland, Frankreich und Großbritannien dagegen gestimmt, nur China hat sich bei einer der Abstimmungen enthalten und befürwortet zumindest Verhandlungen über ein solches Verbot. Pakistan und Indien haben als «inoffizielle» Atommächte dagegen gestimmt. Israel und Nordkorea unterstützen das Vorhaben natürlich auch nicht. Japan und Australien haben dagegen gestimmt sowie fast alle NATO-Staaten, auch Deutschland.
Der internationale Vertrag verbietet auch die Stationierung fremder Atomwaffen auf dem eigenen Territorium sowie die Drohung mit Atomwaffen. Die Bundesregierung will nicht auf die US-Atomwaffen auf deutschem Boden verzichten. Wie der nordkoreanische Partei- und Staatschef Kim Jong Un gegenüber den USA, setzt auch der Außenminister der Bundesregierung Sigmar Gabriel auf nukleare Abschreckung und hat sich Mitte Juni für eine «gleichgewichtige nukleare Abschreckung gegenüber Russland» ausgesprochen.
Nach der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You-Gov sind in Deutschland 71 Prozent der Bevölkerung für das Verbot von Atomwaffen. Diese Mehrheit gilt es in Bewegung zu setzen. Mit UNO-Beschlüssen und mit Verhandlungen auf Regierungsebene allein wird sich nichts grundlegend ändern. Nur eine weltweite und massenhafte Mobilisierung vieler Millionen Menschen kann das Verbot und die Ächtung von Atomwaffen durchsetzen.
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