Das Landesumweltamt in Brandenburg ändert Genehmigungsbescheid für Tesla
von Heidemarie Schroeder
Die Gigafactory Teslas, in der seit März 2022 mit behördlicher Genehmigung Elektrofahrzeuge produziert werden, liegt zu einem großen Teil in einem Trinkwasserschutzgebiet. Die Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk Erkner (für die Wasserfassungen Neu Zittauer und Hohenbinder Straße) wurde erst ein halbes Jahr vor der Standortwahl Teslas für Grünheide nochmals formuliert (GVBl.II/19, Nr. 24 vom 21. März 2019). Der Grund für die Klassifizierung des Areals als Wasserschutzgebiete Zone III A und III B ist, dass wenige Meter unter der Erdoberfläche Bodenschichten Grundwasser leiten, das in geringer Entfernung vom Teslagelände Trinkwasserbrunnen des lokalen Wasserverbandes speist. Über diesen „Grundwasserleitern“ gibt es keine Bodenschichten, die das Wasser gegen eventuelle Schadstoffe abschirmen könnten. Käme es bei Tesla, wo in nahezu allen Produktionsbereichen Öle, Schmierstoffe, Lacke, Lösungsmittel und ähnliche wassergefährdende Stoffe zum Einsatz kommen, zu einem Störfall, wären die Folgen für das Trinkwasser der Region groß und dauerhaft.
Laut der zitierten Wasserschutzverordnung ist in ihrem Gültigkeitsbereich „das Errichten oder Erweitern von Industrieanlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in großem Umfang“ verboten.
Da die Landesbehörden sich entschieden haben, dem Antrag Teslas zur Errichtung und zum Betrieb eines E-Autowerks stattzugeben, war zu erwarten, dass die Genehmigung mit extrem strengen Auflagen zum Trinkwasserschutz versehen würde. Dieses entspräche dem Vorsorgeprinzip, welches das Umweltbundesamt formuliert hat und gemäß dem Gefährdungen für die Ressource Trinkwasser von vornherein vermieden werden sollen (https://www.umweltbundesamt.de/vorsorgeprinzip). Sachverständige forderten während der Erörterungen im Genehmigungsverfahren den Einsatz bester verfügbarer Techniken, um dem Vorsorgeprinzip des Umweltbundesamtes gerecht zu werden. Tatsächlich aber wurden selbst die dünnen sandigen Bodenschichten über den Grundwasserleitern tausendfach durchlöchert, um Pfahlgründungen für die Fundamente der Werkshallen zu setzen. Bohrungen, welche die gering leitende Deckschicht über oder unter dem genutzten Grundwasserleiter verletzen könnten, sind jedoch lt. der oben angeführten Wasserschutzverordnung verboten.
Anders als von Umweltschützern und Naturschutzverbänden erhofft, wurde also das Errichten und der Betrieb einer E-Autofabrik und später auch einer Batteriefabrik in einem Trinkwasserschutzgebiet von der Brandenburger Umweltbehörde genehmigt. Und es wurde – ebenfalls anders als erhofft und auch erwartet – nicht der Einsatz der jeweils „besten verfügbaren Technik“ zum Schutz des Grundwassers zur Bedingung der erteilten Genehmigung gemacht. Stattdessen wurde und wird Tesla vertraut, dass Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergriffen werden, die „über den technischen Standard“ hinausreichen, wie es in den Antragsunterlagen oft heißt.
Aus diesen Widersprüchen sollte man schlussfolgern, dass von den Behörden zumindest eine engmaschige Kontrolle des Zustandes des Grundwassers unter der Teslafabrik angeordnet worden wäre. Für solche Kontrollen wird das Grundwasser im Grundwasseranstrom und im Grundwasserabstrom der Anlagen, in denen mit relevant gefährlichen Stoffen umgegangen wird, beprobt. Die Proben werden dann auf Indikatorparameter zum Nachweis relevanter gefährlicher Stoffe untersucht. So lautet auch die Bestimmung des Genehmigungsbescheides des Landesumweltamtes. Eine solche Beprobung muss laut dieser Bestimmung jedoch erst im Jahre 2027 begonnen werden und dann erst nach jeweils weiteren fünf Jahren wiederholt werden. Sollten innerhalb der jeweils fünf Betriebsjahre Schadstoffe ins Grundwasser gelangen, geschähe dies unbemerkt.
Am 17.01.2023 titelte Stern Exclusiv: „Stell dir vor, Tesla verseucht das Wasser – und niemand bekommt es mit." Laut Genehmigungsbescheid des Landesumweltamtes für den Betrieb der Gigafactory soll der Wasserverband Strausberg-Erkner in „alle grundwasserelevanten Fragestellungen“ rund um Tesla einbezogen werden. Im November 2022 wurde der entsprechende Passus vom Umweltamt jedoch gestrichen, und zwar auf „ausdrücklichen Wunsch Teslas“, wie im Stern-Artikel ausgeführt wird. Der Wasserverband, der die Versorgung von 170.000 Menschen mit sauberem Trinkwasser zu gewährleisten hat, wurde von dieser Streichung nicht in Kenntnis gesetzt. Um seiner Aufgabe gerecht zu werden, will er Klage gegen die Umweltbehörde erheben.
Die Fraktionen der LINKEN und der Freien Wähler haben eine Sondersitzung des Brandenburger Landtages einberufen, auf der sie von der Landesregierung eine Erklärung fordern, wie es zu der Streichung der Passage im Genehmigungstext kam. Doch die Forderungen für die Berliner und Brandenburger, um deren Trinkwasser es geht, müssen lauten:
1. Eine Untersuchung des Grundwassers auf trinkwasserrelevante Verunreinigungen muss regelmäßig und engmaschig erfolgen.
2. Es muss eine Firma mit dem Monitoring beauftragt werden, die von Tesla unabhängig ist. Sie darf nicht unter finanziellem oder sonstigem Druck stehen, falsch negative Ergebnisse zu befunden.
3. Die erhobenen Befunde müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Ein solches Vorgehen entspräche zum einen dem Vorsorgeprinzip, da mögliche Gefährdungen des Trinkwassers schnell erkannt und damit behoben werden könnten. Zum anderen entspräche die geforderte Transparenz bei der Erhebung von Umweltdaten dem Umweltinformationsgesetz Deutschlands sowie der EU-Richtlinie zur Umweltinformation. Die Durchsetzung des gesetzlichen Grundwasserschutzes zugunsten der Bürger*innen muss wieder Vorrang bekommen vor der Gewinnmaximierung und der Geheimniskrämerei des internationalen Konzerns! Gemäß dem Vorsorgeprinzip muss den alarmierenden Umweltrisiken durch den Bau der Teslafabrik auf dem Grundwasserleiter durch engmaschige Kontrollen und volle Datentransparenz entgegengewirkt werden.
- Die Überschrift ist einem Artikel im Stern entlehnt.
Heidemarie Schroeder lebt in Grünheide und ist Mitglied mehrerer Bürgerinitiativen (Wassertafel Berlin-Brandenburg, BI Grünheide) und Naturschutzverbände (Grüne Liga, Verband für Landschaft und Natur in Brandenburg e.V.).