An den Rand notiert
von Rolf Euler
Es gibt Zeiträume, die wir uns angesichts der Kürze des Lebens schlicht nicht richtig vorstellen können, und die schon mal »ewig« genannt werden.
Dabei hat die Ewigkeit eine ziemlich negative Entwicklung durchgemacht – früher galt der Begriff für »schon immer und ewig« oder »von Ewigkeit zu Ewigkeit«, ohne Zeiteinschränkung, und für manchen religiös gestimmten Menschen gilt das wohl immer noch.
Nun wissen wir: Schon immer gilt gar nichts – die Erde mit dem Sonnensystem ist rund 4,5 Milliarden Jahre alt. Steinkohle bildete sich aus Pflanzen, die vor über 300 Millionen Jahren die Vegetation auf den heutigen Kontinenten ausmachten. Menschen gibt es seit rund 2 Millionen Jahren. Schrift und Wissenschaft existieren wenige tausend Jahre – mündliche Überlieferungen reichen nur unwesentlich weiter zurück.
Ewigkeit kehrt hinterrücks aber wieder zurück. Im Ruhrgebiet muss die RAG-Stiftung die »Ewigkeitslasten« der Steinkohlenförderung bedienen, übertägige Pumpen müssen dafür sorgen, dass die nach dem Bergbau abgesunkenen Gelände- und Stadtteile nicht von den zuströmenden Oberflächenwässern der Bäche und der Emscher geflutet werden. Und untertägige Pumpen müssen dafür sorgen, dass die weiterhin zufließenden Grubenwasser nicht zu hoch ansteigen und das Grundwasser verderben, sondern im Rhein verschwingen. Auf immer und ewig! Manche sagen: Solange das Geld der Stiftung reicht. Oder das Ruhrgebiet bewohnt ist…
Noch eine weitere Art von »Ewigkeit« ist ins Gerede gekommen. Da gibt es diese Bundeseinrichtung, die die Endlagerung des strahlenden Atommülls planen, vorbereiten und wohl irgendwie auch durchführen soll: BGE gleich »Bundesanstalt für die Endlagersuche«, sie betreibt diesen Prozess seit vielen Jahren.
Hochradioaktiver Atommüll fällt bei der Stromproduktion in den Kernkraftwerken an. Der gefährlichste radioaktive Inhalt der abgebrannten Brennstäbe ist Plutonium, das für Nuklearwaffen Verwendung finden kann. Es hat eine Halbwertszeit von 24000 Jahren – nach dieser Zeit ist also statistisch gesehen die Hälfte der Radioaktivität noch vorhanden, nach 48000 Jahren ein Viertel usw.
Es gibt aber Bestandteile in den Brennelementen, deren Halbwertszeit eine Million Jahre beträgt. Und wenn dann angesichts dieser Zeiträume bei der »End«-Lagerung des Atommülls von »Ewigkeiten« gesprochen wird, so meint das: Mindestens eine Million Jahre soll die Lagerung sicher sein. Große Erleichterung: das ist dann ja viel weniger »ewig«. (Trotzdem klingt es so.)
Die Bundesanstalt hat nun vor kurzem einen Bericht veröffentlicht, der besagt, dass diese Zukunft ein wenig ewiger dauert, erst 2075 statt 2045 soll in Deutschland ein Endlager gefunden sein.
Hallo Fridays for Future, eure Generation ist mal wieder gefragt, ihr seid dann so um die 70 Jahre alt, also besser jetzt schon mitentscheiden, wie die strahlende Zukunft »in Ewigkeit« aussieht. Die Suche nach dem Endlager ist offen.
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