Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 01/2025

Kopfüber aus der Zwangsjacke
von Kai Böhne

Seine Mutter Cecilia konnte den besten Apfelkuchen der Welt backen, das vollendete Backwerk habe sie dann in einem Schrank verschlossen, erzählte der Magier und Entfesselungskünstler Harry Houdini gern seinen Bewunderern. Um an seine Leibspeise zu gelangen, habe er bereits in frühester Kindheit begonnen zu lernen, wie sich ein Schloss kunstvoll öffnen und wieder verschließen lässt. So erklärte er die Anfänge seiner Karriere, sich aus Handschellen, Fesselungen, Ketten, Zwangsjacken und zugenagelten Holzkisten zu befreien.

Schon den Jugendlichen Erik Weisz – Kind ungarischer Einwanderer, die in die Vereinigten Staaten emigrierten, als er vier Jahre alt war – zog es zum Zirkus. Dort trat er zunächst als Trapezkünstler auf. Daneben erlernte er Zauberkunststücke und gab sich den ausgefallener klingenden Künstlernamen Harry Houdini. Mit 19 Jahren heiratete er die Varietétänzerin Bess Rahner. Gemeinsam tourten sie als Houdinis auf Zirkus- und Jahrmarktveranstaltungen durch die Vereinigten Staaten. Größere Bekanntheit erlangte Houdini mit einem Trick, bei dem er sich aus verschlossenen Handschellen befreite. Dieses Kunststück führte er auch gern pressewirksam in kleinstädtischen Polizeistationen vor.

Elefant statt Kaninchen
Um seine Entfesselungs- und Befreiungsvorführungen spektakulärer erscheinen zu lassen, führte der Magier sie unter Lebensgefahr auch in Flüssen und unter Wasser aus. Houdini befreite sich kopfüber, mit den gefesselten Füßen an einem Kran hängend, aus einer verschnürten Zwangsjacke. Er begnügte sich nicht damit, weiße Kaninchen in einem Zylinder verschwinden zulassen, sondern ließ auf dem New Yorker Times Square gleich einen ausgewachsenen Elefanten verschwinden.
Zum Phänomen gehört, dass Houdini stets die Medien, Presse und Film, einbezog. Er war auch ein Pionier der Filmindustrie, der dafür sorgte, dass seine atemberaubenden Darbietungen in bewegten Bildern festgehalten wurden.
Bis heute einzigartig bleibt Houdinis Talent als genialer Vermarkter in eigener Sache: Er war der Inbegriff eines modernen Entertainers in einer Übergangsphase zwischen der Blütezeit des Varieté-Theaters und dem steigenden Verlangen nach Unterhaltungsfilmen in großstädtischen Lichtspielhäusern.
Anlässlich des 150.Geburtstags des gewandten Künstlers und Illusionisten offeriert die Ungarische Post Magyar Posta seit dem 29.November 2024 einen außergewöhnlichen Briefmarkenblock mit zwei versteckten Überraschungen an ihren Verkaufstresen. Die Auflage beträgt 20000 Exemplare.

Überraschung bei UV-Licht
Die Rahmenzeichnung des Blocks zeigt, wie Houdini von drei Personen gefesselt, in Ketten gelegt und fixiert wird. Auf dem Briefmarkenbild wird ein Vorhängeschloss abgebildet. Eine Besonderheit des Briefmarkenblocks ist, dass das Briefmarkenbild geöffnet werden kann und nach dem Aufklappen ein Brustbild von Harry Houdini auf dem Briefmarkenfeld unterhalb des Briefmarkenbilds erscheint. Eine weitere Besonderheit des Briefmarkenblocks ist, dass unter UV-Licht das Houdini-Brustbild im Vorhängeschloss erscheint und nach dem Öffnen das Vorhängeschloss im Halbporträt von Harry Houdini erscheint.
Auf der linken Hälfte des Sonderbriefumschlags mit Ersttagsstempel wird Houdini mit dem Kopf nach unten in einem vergitterten, mehrfach durch zahlreiche Schlösser gesicherten Glasbehälter gezeigt. Der Sonderstempel auf dem Ersttagsbrief enthält neben dem Halbporträt auch die Unterschrift des unvergessenen Magiers.
Houdini starb mit 52 Jahren unter unnötigen Umständen. Der durchtrainierte Magier verglich sich gern mit Fakiren und deren außerordentliche Körperbeherrschung. In diesem Zusammenhang behauptete er, er könne jeden von einem Mann ausgeführten Schlag in den Unterleib durch Anspannung seiner Bauchmuskulatur unversehrt überstehen. Vor einem Auftritt besuchten ihn Studenten in seiner Garderobe und wollten sich davon überzeugen. Houdini hatte nicht genügend Zeit sich darauf vorzubereiten und litt bereits unter Magenbeschwerden. Die Hiebe verschlechterten seinen Zustand. Wenige Tage später starb er nach zwei Operationen an einem Blinddarmdurchbruch.
Bestattet wurde Houdini auf dem Machpelah-Friedhof im New Yorker Stadtteil Queens. Bis heute pilgern Verehrer zu der pompösen Gedenkstätte, auf die Grabplatte von ihm und seiner Frau legen sie Steine und kleine Erinnerungen.

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