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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 03/2025

Studis gegen Rechts ist mittlerweile eine bundesweite Bewegung
von Ayse Tekin

Studis gegen Rechts ist eine studentische Initiative, die sich gegen den Rechtsruck und menschenfeindliche Positionen engagiert. Sie wollen alle Studierenden unabhängig von ihrer politischen Vorerfahrung ansprechen.

Die Initiative hat sich im letzten Sommersemester an verschiedenen Universitäten in Deutschland gegründet. »Studis gegen Rechts« ist mittlerweile eine bundesweite Bewegung und hat 35 Ortsgruppen, eine davon in Köln. Wenn sie ihre Kommiliton:innen aufrufen, kommen Hunderte zusammen: 900 in Freiburg, 1300 in Köln oder 1500 in Berlin sind Größenordnungen, die es seit den Anfängen der Bewegung »Fridays for Future« nicht mehr gegeben hat.
Katharina Waurick aus der Kölner Gruppe erzählt, wie schnell die Bewegung gewachsen ist:
»In Köln wurde die Ortsgruppe erst im April/Mai letzten Jahres gegründet. Vorher gab es schon eine große Ortsgruppe in Berlin. Es ging damals vor allem darum, nach Essen zu mobilisieren, um den AfD-Parteitag zu behindern. Anschließend hat im Mai das erste offene Treffen in Köln stattgefunden.
Da kamen 30 Menschen, also noch gar nicht so viele. Über den Sommer hinweg gab es ein paar Events und Aktionen. Zu Beginn des Wintersemesters waren wir nur ein Kern von 10 bis 15 Leuten. Wir haben dann an der Uni viele Flyer verteilt, plakatiert und Leute zu den offenen Treffen eingeladen.
Im Oktober hat unser erstes offenes Treffen im neuen Semester stattgefunden. Da waren auf einmal 130 Menschen da. Die haben eine große Anzahl weiterer Leute erreicht, die aufgrund der politischen Ereignisse aktiv werden wollen. Wir haben mittlerweile wöchentlich aktive Treffen mit 80 Personen. Anfang Dezember hatten wir eine riesige Stadtversammlung. Da kamen 1300 Menschen, viele von der Technischen Hochschule, von der Katholischen Hochschule.
Wir haben am Anfang den Schwerpunkt auf die Universitäten gelegt, um die Studierenden zu erreichen. Allerdings sind mittlerweile auch viele dabei, die gar nicht studieren, sondern in anderen Bereichen arbeiten oder eine Ausbildung machen.«
Das Bedürfnis, sich auszutauschen und gegen rechts zu organisieren, ist groß. Bisher gab es zwei starke Mobilisierungen gegen AfD-Kongresse in Essen und Riesa, beide Male waren es Großaktionen.
Doch Katharina Waurick sagt, ihre Ziele sind weiter gesteckt: »Vor allem wollen wir an den Unis und in Köln und natürlich auch bundesweit Orte schaffen, in denen Diversität gefördert wird und Rassismus keinen Platz hat. Das ist viel grundlegender, als einen Parteitag zu verhindern. Wir wollen einen niedrigschwelligen politischen Rahmen anbieten, damit die Interessierten keine Barrieren empfinden.« Das unterscheidet sie von anderen Hochschulgruppen. Sie wollen einen für alle offenen Raum anbieten, weshalb sie eine Institutionalisierung und die dazu gehörenden Auflagen zunächst vermeiden wollen.
Da sie mit ihren Themen viele in Köln studierende Menschen mit migrantischem Hintergrund ansprechen, würde man erwarten, dass die auch in den Versammlungen mitmachen. Katharina Waurick sagt aber, dass sie »größtenteils eine weiß gelesene Gruppe sind, auch wenn einige ­BIPOC-People mitmachen«. Dass sich noch nicht viele Menschen mit migrantischem Hintergrund den Studis gegen rechts angeschlossen haben, könnte ihrer Meinung nach daran liegen, dass sie sich von der Politik alleingelassen fühlen. Die Studis gegen rechts sind aber bemüht, auch diese Kommiliton:innen zu überzeugen.
Ein erstes bundesweites Austauschtreffen hat im November in Berlin stattgefunden, das nächste folgt in Kürze.
Praktische politische Hilfe gibt es durch Tools für verschiedene Aktionsmodelle, oder Videos, worauf man bei Demonstrationen achten muss. Es gibt viele Telegram-Kanäle und verschiedene Social-Media-Gruppen. Eine andere Aktion war die Wahlunterstützung für den Kandidaten der Linken in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, Ferhat Kocak. Wahlaufrufe wurden keine gemacht, aber Einzelpersonen sind in den Wahlkampf eingestiegen.
Trotz des politischen Anspruchs soll der Spaß nicht zu kurz kommen: »Wir haben Bildungs-AGs: Jede Woche bekommen wir im Plenum einen Bildungsinput zu verschiedenen Themen: Was bedeutet streiken, was ist die Brandmauer? Eine andere Arbeitsgruppe, die Vernetzungs-AG, arbeitet daran, Verbindungen zu den Angehörigen der Hochschulen und den Mitarbeitenden an den Unis zu schaffen. Es gibt auch Socializing-Events, wo Film- oder Quizabende gestaltet werden«, erklärt Katharina Waurick.
»Studis gegen Rechts« solidarisieren sich im Moment mit Ver.di, denn im öffentlichen Dienst sind die ersten Warnstreiks wegen der Tarifverhandlungen angelaufen. Das erinnert an die Solidaritätsaktionen der Gruppe Fridays For Future. Waurick sagt, es kommen viele aus der Klimabewegung und »natürlich gibt es bundesweite Strukturen und Verbindungen«. Zum Tarifkampf im öffentlichen Dienst planen sie gerade regionale Aktionen in Essen, Aachen und Bonn.

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