Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Buch 1. April 2025

Eine Auseinandersetzung mit dem Krieg
von Marina Hoffmann

Ole Nymoen: Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde. Gegen die Kriegstüchtigkeit. Hamburg: Rowohlt, 2025. 141 S., 16 Euro

Nach beschlossener Änderung des Grundgesetzes kann die Regierung nun unbegrenzt Schulden für Rüstung aufnehmen. Dabei bleibt fraglich, mit wem Deutschland Krieg führen möchte. Vor allem aber, mit wem Deutschland Krieg führen möchte.

Die junge Generation ist historisch klein. Sie wird gebraucht. Im Handwerk, in der kritischen Infrastruktur, in den Schulen und so weiter. 2024 blieben 35 Prozent aller Ausbildungsplätze unbesetzt. Forderungen nach einer Wehrpflicht gehen also völlig an der Realität vorbei.
Doch abgesehen von den technischen Erwägungen sollte jeder und jede sich entscheiden können, für das eigene Land zu kämpfen. Argumente und Analysen für Gespräche und politische Debatten in schwierigen, kriegerischen Zeiten, bietet Ole Nymoens neues Buch: Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde. Gegen die Kriegstüchtigkeit.
Am 25. Juli 2024 erscheint der Artikel »Ich für Deutschland kämpfen? Never!« des Autors in der Zeit. Die Antworten in Leser:innenbriefen und Kommentaren sind vernichtend, dystopisch. Nymoen wird Egoismus vorgeworfen, Arroganz. Sein Artikel sei bezeichnend für »eine Generation, die in falschem Antifaschismus die Entschuldigung zu finden glaubt für totale Bequemlichkeit und Resignation«.
Verständnislosigkeit auf beiden Seiten. Als Antwort: Das Buch.
Krieg ist sinnlos, und doch wird er geführt. Als »letztes Mittel« verzweifelter Staaten, die entweder ihre Interessen oder ihre Grenzen schützen, sich durch Angriff oder Gegenwehr »verteidigen« – die »gezwungen« werden.
Im ersten Teil des Buches beschreibt Nymoen das Beispiel des klassischen Krieges ganz abstrakt anhand eines Staates X (Angreifer) und eines Staates Y (Verteidiger). Dabei geht es nicht um mutwillige Zerstörung. Der Tod der eigenen wie der gegnerischen Soldat:innen ist ein notwendiges Übel und ein zu bedauernder Verlust. Staatsführer:innen lassen kämpfen. Für den eigenen Machtausbau oder -erhalt.
Krieg ist keine private Auseinandersetzung, bei denen Gefühle eine Rolle spielen. »Krieg beginnt dann, wenn er befohlen wird, und er unterbleibt, wenn er nicht befohlen wird.« Dabei sind Soldat:innen Mittel zum Zweck, entmenschlichte Werkzeuge, die so lange benutzt werden, bis sie kaputt gehen.

Der soziale Hintergrund
Bei einer Wehrpflicht und der Verteidigung des eigenen Landes gibt es den großen Widerspruch, dass diejenigen, die seit Jahrzehnten immer ärmer werden, für die kämpfen sollen, die sich selbst mit Geld aus der Rechnung nehmen können. Das Argument: Wir sind ein Land und haben deshalb die gleichen Ziele.
Dabei will das Volk vor allem (gut) leben. Die Machthaber:innen wollen vor allem an der Macht bleiben. Im Krieg wird das Volk gezwungen, ihre Interessen hintanzustellen, um die Macht der Regierung zu schützen. Eine wichtige Ausnahme ist der Vernichtungskrieg. Dient der Kampf der Soldat:innen tatsächlich zum Schutz der Zivilbevölkerung, weil sie als Gruppe Ziel eines Angriffs ist, überschneiden sich Staats- und Volksinteressen.
Erwähnt sei, dass das Buch keinen Anspruch auf eine Lösung des Problems »Krieg« erhebt. Denn solange es Staaten gibt, wird es Kriege geben.
In seinem neuen Buch analysiert Ole Nymoen treffend und bietet Denkangebote für Jung und Alt. Die Sätze sind stellenweise nur bei konzentriertem Lesen in Gänze zu erfassen, dennoch empfehle ich, dieses Buch zu lesen und zu verschenken, da es dem kriegerischen Zeitgeist etwas entgegenzusetzen weiß. Warum sollten wir erst im Tod gleich sein und nicht etwa schon davor?

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