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PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 10/2014

Aspekte und Entwicklungen der europäischen Repressionsstruktur. (Hrsg. Redaktionskollektiv Hamburger Roten Hilfe.) Hamburg: Laika, 2014. 132 S., 17 Euro

von Florian Osuch

Der Sammelband skizzierte aktuelle Trends der Innen-, Außen- und Sicherheitspolitik in der Europäischen Union. Die Hamburger Ortsgruppe der linken Solidaritätsorganisation Rote Hilfe hat dazu elf Beiträge zusammengestellt.

Drei Autoren haben sich näher mit den Entwicklungen von Repression in Europa befasst. Bernhard Schmid schreibt zu Frankreich und wie dort die verarmten Vorstädte – die sog. Banlieues – zum «innerstaatlichen Experimentierfeld» geworden sind. Ähnliches beschreibt ein Autor aus Großbritannien. Im Nordirlandkonflikt hätten Armee und Polizei «umfassende Konzepte zur Überwachung und Einschüchterung» der irischen Bevölkerungsminderheit entwickelt. Reporter des BBC enthüllten vor einigen Monaten, dass die britische Armee in den 70er Jahren in Nordirland eigene Mordkommandos unterhielt und durch extralegale Exekutionen Angst und Schrecken verbreitete. Die Rote Hilfe steuert einen Text zur politischen Repression in der BRD bei. Schwerpunkt ist die Analyse der „juristischen Mehrzweckwaffe» gegen oppositionelle Bewegungen in Deutschland: der «Antiterrorparagraf» 129a des Strafgesetzbuches.

Weitere Beiträge befassen sich mit dem europäischen Thinktank «EUISS», dem European Union Institut for Security Studies, und mit der Agentur Eurojust, dem Vorläuferprogramm für eine europäische Staatsanwaltschaft. Ausführlich wird die «Terrorliste» der Europäischen Union behandelt und wie hierzulande die politische Arbeit von Migranten verfolgt wird.

Der Rechtsanwalt Nils Rotermund befasst sich mit der politischen und administrativen Grundstruktur der EU: darunter Regierung, Verfahren zur Gesetzgebung, Rolle des Europäischen Gerichtshofs und anderen Aspekten. Der Aufbau der EU sei «extrem kompliziert» und Entscheidungsprozesse teilweise gar nicht öffentlich. Genau deshalb seien deren Strukturen auch so effektiv. Da nur wenige die Vorgänge richtig durchschauen, gäbe es auch weniger Proteste dagegen, so der Hamburger Jurist. Beste Voraussetzungen für den Abbau von Demokratie und Bürgerrechten und den Ausbau des Überwachungsstaats.

Die Rote Hilfe ist überzeugt: Wissen über die Funktionsweise der EU ist bedeutsam, weil «wesentliche Entscheidungen und Weichen für die Sicherheitspolitik und die zukünftigen Repressionsmaßnahmen» nicht von Landesparlamenten oder den nationalen Regierungen gefällt werden, sondern «auf europäischer und internationaler Ebene».

Es geht im Buch Eurovisionen nicht darum, die EU-Sicherheitsarchitektur umfassend darzustellen, das wäre auf 132 Seiten auch schwer vorstellbar. Vielmehr wollen die Herausgeber Anstöße zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema geben und für eine linke Perspektive in dieser Frage werben.

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