Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

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Nur Online PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 04/2024

von Matthias Schindler

Am 25. April 2024 fand in Lissabon, Portugal, die zweitgrößte
Demonstration in der Geschichte des Landes statt. Die größte gab es am
1. Mail 1974 - eine Woche nach dem Sturz der Diktatur - als praktisch
das ganze Volk auf die Straßen strömte, um die neu gewonnene Freiheit zu
feiern. Weitere große Demonstrationen fanden gestern auch in Porto und
in Coimbra statt.

Ich habe weder den Anfang der Demo gesehen, noch das Ende, ich habe
keine Rede gehört, nur die Parolen und Lieder um mich herum. Als der
Platz Rossio, auf dem die Abschlusskundgebung stattfand, bereits
brechend voll war, waren die letzten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
Demo am Platz Marquês de Pombal noch nicht einmal losmarschiert. Mehrere
Hunderttausend alter und vor allem auch junger Menschen zogen in drei
Säulen nebeneinander die Avenida da Liberdade hinunter, das Geschiebe
war teilweise nur noch schwer auszuhalten, aber es herrschte eine tiefe
Solidarität unter allen, die daran teilgenommen haben. Auch die
Parallelstraßen zur Avenida waren noch voller Menschen, die gesamte
Innenstadt war eine einzige Menschenmenge, die immer wieder das Lied der
Solidarität der Armen "Grandola Vila Morena" anstimmte und Parolen rief
"25. April immer - Faschismus niemals mehr!"

Diese Demo war eine Antwort der Straße auf den Wahlerfolg der
Rechten vor einigen Wochen und besonders auch ein Protest gegen die
Rechtsradikalen, die 18 Prozent der Stimmen gewinnen konnten. Der
Wahlerfolg der Rechten ist in erster Linie das Ergebnis einer
katastrophalen Regierungspolitik der Sozialistischen Partei (PS), die
durch Korruption und Vetternwirtschaft jegliche Glaubwürdigkeit verloren
und dadurch der gesamten Linken enormen Schaden zugefügt hat. Der
Wohnraum ist hier nicht mehr zu bezahlen, das Gesundheitswesen kommt
immer weniger Menschen zugute, die öffentlichen Gehälter verlieren
immer mehr an Kaufkraft, die neoliberalen Privatisierungen zerstören das
Land. (Der traurige Treppenwitz ist dabei, dass die ausgeschiedene
"sozialistische" Regierung den Rechten jetzt eine prall gefüllte
Staatskasse hinterlässt, ein Zustand, den bisher noch keine rechte oder
linke Vorgängerregierung geschafft hat!)

Hier einige Eindrücke von der historischen Demonstration, die vielleicht
den Beginn des Zurückdrängens der Rechten in Europa und in der Welt
bedeuten kann:

https://www.publico.pt/2024/04/25/video/mil-sairam-rua-50-anos-25-abril-20240426-025139

https://www.esquerda.net/fotogalerias/bloco-no-desfile-do-25-de-abril-em-lisboa/90684#expanded

Es lebe der 25. April!
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