USA 2009
Regie: Jason Reitman
Mit George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick
von Angela Huemer
«Up in the air», der Filmtitel, wird nicht übersetzt. Wörtlich heißt das: «hoch oben in der Luft», auf englisch ist «up in the air» eine Metapher für «alles ist offen», eine Art Limbo, Zwischenzustand, ein nicht hier und noch nicht dort sein.
Hoch oben in der Luft beginnt der Film, zur wunderbar verfremdeten Version von Woodie Guthries «This Land is Your Land» sehen wir amerikanische Landschaften aus der Vogelperspektive. Dann sehen wir Menschen, die eben gefeuert wurden, es sind keine Schauspieler. Sie sind verstört, enttäuscht, der Boden wurde ihnen unter den Füßen weggezogen. Up In the Air.
Wir bleiben «up in the air», auf einem der unverbindlichen Durchgangsorte der modernen Welt, den Flughäfen. Ryan Bingham (George Clooney in einer seiner besten Rollen) absolviert mit perfekt gepacktem kleinem Rollkoffer und mit Hilfe einer Reihe von Plastikkarten bravourös die Reiseroutine. Er ist zufrieden, obwohl es sein täglich Brot ist, Leuten den Boden unter den Füßen wegzuziehen und ihnen erste Ratschläge - gewöhnlich nicht mehr als ein standardisierte Broschüre - zu geben. Eine Firma mit Basis in Omaha im Bundesstaat Nebraska «verleiht» ihn. Nebenbei hält er Vorträge über «leere Rucksäcke», er gibt Ratschläge, wie man überflüssige Dinge los wird und menschliche Beziehungen in gut verwaltbare Vernetzungen verwandelt.
Das Komische ist, dass Ryan Bingham trotzdem sympathisch ist, man versteht sein Vergnügen am ständigen Unterwegssein, die Gelassenheit oben in den Wolken, wo er zudem unerreichbar ist. Abends in der Hotelbar beginnt er eine Romanze mit einer ähnlich viel reisenden Frau, der Kontakt entsteht, als sie Erfahrungen über Autovermieter austauschen. Später zeigen sie sich stolz ihre vielen Plastikkarten, «es ist schön loyal zu sein», meint Bingham. Statt einem normalen Zuhause stets dieselbe Hotelkette und die ewig gleiche Fluglinie. Binghams großes Ziel ist nämlich, der siebte Mensch zu werden, der 10 Millionen Flugmeilen auf dem Buckel hat.
Auch die neue, blutjunge Kollegin Natalie, frisch von der Universität, bringt Bewegung in Binghams Leben. Aus Effizienzgründen hat sie ein System entworfen, in dem Beschäftigte per Videokonferenz entlassen werden können. Um vorher in die «traditionelle» Weise eingeschult zu werden, begleitet sie Bingham. Sie ruhen kurz in Zimmern voller nicht mehr gebrauchter Bürostühle aus, entlassen in Großraumbüros, in denen ungenutzte Telefonkabel am Boden liegen und fast keine Schreibtische mehr stehen. Natalie wird mit der Realität konfrontiert. Fast scheint es, sie hätte das Videoentlassungssschema entworfen, weil sie die harte Realität sonst nicht aushalten würde. Bingham ist fürsorglich, und als er sich aufrafft, die Hochzeit einer seiner Schwestern zu besuchen, merkt man, dass auch er mal irgendwo zu Hause war, großgeworden ist.
Up In The Air basiert auf dem gleichnamigen Roman von Walter Kirn, der ihn inspiriert von einer Begegnung in einem Flugzeug schrieb. Dort traf er einen «Business-Traveller», der nicht einmal eine Wohnung hatte, nur einen Lagerraum, und die Flugbegleiter als seine Familie betrachtete. Der Autor ist zufrieden mit der Verfilmung, auch weil sein Roman aus dem Jahr 2001 sich nach anfänglichem Erfolg nach dem 11.September schlagartig nicht mehr verkaufte - auf dem Buchtitel waren brennende, zu Boden stürzende Geschäftsreisende zu sehen.
Mehr sei nicht verraten, es bleibt die unbedingte Filmempfehlung - wenn möglich im Original mit Untertiteln - und der Rat, auch den ganzen Nachspann anzuschauen!
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